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       # taz.de -- Naturschützer klagen gegen wildes Bauen: Allzu findige Planer
       
       > Hamburgs Botanischer Verein hat die Nase voll davon, dass der Naturschutz
       > durch Bauarbeiten ohne geltendes Planrecht ausgehebelt wird. Jetzt klagt
       > er.
       
   IMG Bild: Graben der Empörung: Damit das Gewerbegebiet wachsen konnte, wurde der Graben verlegt
       
       Hamburg taz | Der Botanische Verein will es nicht länger hinnehmen, dass
       munter Natur zerstört wird, bevor die Stadt und die Bezirke gültiges
       Planrecht geschaffen haben. Um zu erreichen, dass sich die Stadt künftig an
       die Regeln hält und der Naturschutz nicht unter die Räder kommt, hat der
       Verein eine exemplarische Klage vor dem Hamburger Verwaltungsgericht
       angestrengt. Das Urteil könnte zum Ende der Woche fallen.
       
       Konkret geht es um die Verlegung eines Grabens, die zwar wasserrechtlich
       begründet wurde, nach Auffassung des Botanischen Vereins aber nur dazu
       diente, ein Baugrundstück zu vergrößern. „Diese Grabenverlegung diente der
       systematischen Aushebelung des Naturschutzes für ein Neubauprojekt“,
       kritisiert der Verein.
       
       Über das [1][Gewerbegebiet] hat die taz schon vor Jahren berichtet. Es
       liegt in der südöstlichen Kehle des Autobahndreiecks Hamburg Süd. Schon bei
       seiner Errichtung gab es dafür keinen gültigen Bebauungsplan, bei der
       Erweiterung vor vier Jahren auch nicht und heute immer noch nicht. Zurzeit
       sind es die Pläne für eine Verbreiterung der Autobahn A1, die die
       Bauleitplanung bremsen, wie das Bezirksamt Mitte mitteilte.
       
       Der in Rede stehende [2][Bebauungsplan Wilhelmsburg 86] wurde 2009 zwar
       beschlossen, konnte aber nicht in Kraft gesetzt werden, weil der nötige
       Naturausgleich falsch berechnet worden war. Die Erweiterung des
       Gewerbegebiets 2016 wurde mit dem Hinweis genehmigt, die neuen Hallen
       fügten sich in die vorhandene Bebauung ein.
       
       Auch die jüngste Erweiterung sei ohne gültige Rechtsgrundlage geschehen,
       kritisiert der [3][Botanische Verein]. De facto sei der Graben ja nur
       verlegt worden, um das Baugrundstück zu vergrößern, ergo hätte dafür der
       Bebauungsplan geändert werden müssen. „Eine inhaltliche Begründung, warum
       das nach Wasserrecht verlegt werden muss, gab es nie“, sagt Gisela Bertram
       vom Botanischen Verein.
       
       Während also das Areal im Autobahnknie fast ungehindert weiter bebaut
       werde, seien die formalen Grundlagen dafür nie beschlossen worden. Zudem
       sei der Verlust an Natur nur zum Teil ausgeglichen worden. Vorgezogene
       Artenschutzprojekte, etwas für den Kiebitz, den Vogel des Jahres 2019,
       hätten keinen Erfolg gehabt.
       
       Mit seiner Klage gegen die wasserrechtliche Genehmigung wolle der Verein
       „Druck auf die Verwaltung aufbauen“, sagt Bertram. „Wenn keiner dieses
       Vorgehen jemals rügt, schleift es sich ein“, sagt sie.
       
       Ihr Verein setzt sich dafür ein, bei Bebauungsplanverfahren stets die
       vorgesehene Reihenfolge einzuhalten: Erst die Planung, einschließlich der
       Minderungs- und Ausgleichsplanung für die Natur, dann Stellungnahmen etwa
       der Naturschutzverbände, dann der Beschluss und die Umsetzung. Es dürfe
       keine Planungen geben, „die zu einer scheibchenweisen Unterwanderung dieser
       vorgesehenen Reihenfolge führen“.
       
       Laufe das anders, gingen die Stellungnahmen der Naturschutzverbände ins
       Leere. „Dann werden wichtige Beteiligungen unterlaufen“, warnt Hans-Helmut
       Poppendieck, der Vorsitzende des Botanischen Vereins. „Und das zum Schaden
       der Natur und damit zum Schaden für ganz Hamburg.“
       
       9 Jul 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Umweltschuetzer-gegen-Gewerbegebiet/!5313564
   DIR [2] https://www.hamburg.de/mitte/bplaene-im-verfahren/83822/wilhelmsburg-86-1/
   DIR [3] https://www.botanischerverein.de/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Gernot Knödler
       
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