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       # taz.de -- Arbeitskampf bei Amazon: Held:innen im Streik
       
       > An deutschen Amazon-Standorten haben Mitarbeiter:innen die Arbeit
       > niedergelegt. Der Konzernerfolg in der Pandemie macht Hoffnung auf
       > Tarifverträge.
       
   IMG Bild: Amazon liefert fast alles und recht fix – darunter leiden Arbeitnehmer:innen
       
       So einfach, so billig, so mies: Dass die Arbeitsbedingungen beim
       [1][Onlineversandhändler Amazon] nicht die besten sind, ist quasi
       Allgemeinwissen. Aber was soll’s, wenn nahezu jedes erdenkliche Produkt in
       den verschiedensten Varianten über die Plattform zu haben ist – und
       natürlich deutlich geringere Preise aufgerufen werden als beim Laden um die
       Ecke. Nicht zu vergessen, die Lieferung direkt nach Hause. Wie bequem.
       Gerade in Coronazeiten, wenn alle wochenlang daheim sitzen müssen und die
       Konsument:innen wenig mit sich anzufangen wissen. Außer Onlineshopping, dem
       besten Virenschutz. Da vergisst selbst so manche Amazon-Boykotteur:in ihre
       Prinzipien.
       
       Corona scheint eingedämmt, [2][der Lockdown großflächig vorbei], nun wird
       gestreikt bei Amazon. Auch noch an mehreren Logistikzentren gleichzeitig.
       PR-mäßig ein wunderbarer Zeitpunkt. Laut Verdi haben Mitarbeiter:innen an
       den Amazon-Standorten Bad Hersfeld, Koblenz, Rheinberg, Werne und Leipzig
       die Arbeit niedergelegt. Warum? [3][Es geht wieder mal um den
       Tarifkonflikt, den der Megakonzern seit rund sieben Jahren mit der
       Gewerkschaft ausficht]. Und um Gesundheitsschutz. Der Vorwurf der
       Gewerkschaft: Die Konzernleitung hätte sich nicht ausreichend um den Schutz
       ihrer Mitarbeiter:innen vor einer Ansteckung durch Covid-19 bemüht.
       
       Maßnahmen wie Desinfektionsmittel am Arbeitsort, größere Abstände zwischen
       den Spinden, Maskenpflicht, gestaffelte Pausenzeiten würden nicht
       ausreichen. Tatsächlich wurden im Mai an mehreren Standorten in Deutschland
       einige Dutzend Coronafälle gemeldet. Medienberichten zufolge hätten sich
       die Mitarbeiter:innen aber weder ausreichend geschützt noch über die Zahl
       der Infizierten informiert gefühlt.
       
       Dabei wurden sie doch von der Konzernleitung persönlich als Held:innen in
       der Coronakrise bezeichnet. Schließlich würden sie möglich machen, dass
       während der Pandemie sie die Menschen im Lockdown mit dem versorgten, was
       sie bräuchten, hieß es in Werbebotschaften. Weltweit wurden Jobs
       ausgeschrieben und die Löhne erhöht – in Europa um ganze zwei Euro für all
       diejenigen, die auch in Coronazeiten regulär zur Arbeit kamen.
       
       ## Der Konzern gibt sich entspannt
       
       Ein Klacks für den Konzern. Denn während andere Unternehmen ins Straucheln
       gerieten, [4][verbuchte der Onlinehandel hohe Umsätze]. Amazon-Chef Jeff
       Bezos gilt mit einem Privatvermögen von mehr als 140 Milliarden US-Dollar
       als der reichste Mensch der Welt. Allein in den vergangenen sechs Monaten –
       also in der Coronahochphase – soll sein Vermögen laut Bloomberg um rund 30
       Milliarden US-Dollar gestiegen sein, der Aktienkurs des Unternehmens stieg
       rasant.
       
       Nun also Streik bei Amazon. In Deutschland folgen die Mitarbeiter:innen mit
       ihrer Aktion den Kolleg:innen in Italien oder Frankreich, die bereits vor
       einigen Wochen die Arbeit niederlegten. Vor allem aus Protest gegen die
       schludrigen Corona-Sicherheitsmaßnahmen.
       
       Hierzulande ist der Erfolg bisher nur mittelmäßig, trotz
       Unterstützungsbekundungen von politischer Seite und von
       Boykott-Aktivist:innen. Es ist nicht der erste Arbeitskampf an den
       Amazon-Standorten und wie bisher beteiligen sich laut Verdi einige Hundert
       Beschäftigte. Von einer geschlossenen Haltung der rund 13.000
       Mitarbeiter:innen bundesweit ist man weit entfernt. Die Konzernleitung gibt
       sich entspannt. Auswirkungen auf die Arbeitsabläufe sehe man bisher keine.
       Bestellungen könnten normal bearbeitet werden, heißt es vom
       Coronakrisengewinnler.
       
       Einen Tarifvertrag wird es vermutlich auch nach diesem Streik nicht geben.
       Dafür viel Wirbel und die Erkenntnis in einer gefühlten Coronamüdigkeit und
       Post-Lockdown-Zeit: Konsum betäubt Ängste in der Krise und sorgt für
       Befriedigung. Mittelmäßige Arbeitsbedingungen bleiben derweil bestehen.
       Genauso wie Steuerschlupflöcher, mauer Datenschutz, diverse
       Überwachungsmechanismen oder das manipulative Werbegebaren eines
       Megakonzerns.
       
       29 Jun 2020
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Tanja Tricarico
       
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