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       # taz.de -- Chinas „Sicherheitsgesetz“ für Hongkong: Für die Welt ein Weckruf
       
       > Peking setzt sich über einen völkerrechtlichen Vertrag hinweg und hebelt
       > die Autonomie Hongkongs aus. Das darf international nicht folgenlos
       > bleiben.
       
   IMG Bild: Trotz heftiger Proteste, es ist schlimmer denn je: Sonnenuntergang in Hongkong am 29. Juni
       
       Was für eine bittere Ironie: Hongkongs Demokratiebewegung hat 2003 und 2019
       mit Massenprotesten erst ein sogenanntes Sicherheitsgesetz und dann das
       umstrittene Auslieferungsgesetz verhindert. Die ursprünglich von Peking in
       Aussicht gestellten demokratischen Wahlen hatten zwar bisher nicht erkämpft
       werden können.
       
       Aber der Druck der Demokratiebewegung in der autonomen Metropole nahm trotz
       widriger Umstände stetig zu und führte im November 2019 bei den
       Distriktwahlen zu einem Erdrutschsieg. Doch jetzt schafft die Regierung in
       Peking mit der hastigen Verabschiedung eines [1][obskuren
       Sicherheitsgesetzes] einfach Fakten, die viel repressiver sind als alle
       bisher verhinderten Gesetze und zugleich noch [2][Hongkongs Autonomie
       umgehen].
       
       Dabei waren bis Dienstag spätabends chinesischer Zeit die Details des
       verabschiedeten Gesetzes noch nicht bekannt. Am lokalen Parlament vorbei
       wurde der Stadt ein Gesetz übergestülpt, das Chinas Regierung auch künftig
       nach Gutdünken die Aushebelung der Hongkong bis 2047 zugesagten Autonomie
       erlaubt und pekingkritische Gruppen direkt bedroht.
       
       Beunruhigend ist dabei nicht nur der obskure Inhalt des Gesetzes, sondern
       auch die intransparente Art seiner Verabschiedung. Es wurde nicht einmal
       mehr versucht, den Anschein eines demokratischen Verfahrens zu erwecken.
       Vielmehr war dies die Machtdemonstration einer Diktatur mit dem Ziel der
       Einschüchterung ihrer Kritiker.
       
       Hongkongs Demokratiebewegung beklagt seit Jahren eine Aufweichung der auf
       50 Jahre angelegten Autonomie der Stadt, die Peking 1984 der damaligen
       Kolonialmacht Großbritannien vertraglich zugesichert hatte. Jetzt setzt
       sich Peking nicht nur über Hongkongs Institutionen hinweg, sondern auch
       über einen völkerrechtlichen Vertrag, indem es die Zukunft der Stadt zur
       alleinigen Angelegenheit Chinas erklärt. Peking zeigt sich damit als
       unzuverlässiger Vertragspartner, was international nicht folgenlos bleiben
       darf.
       
       In Hongkong selbst soll das neue Gesetz schon ab dem 1. Juli gelten, dem
       23. Jahrestag der Rückgabe der Stadt von Großbritannien an China. Erstmals
       wurden [3][Proteste an diesem Tag verboten], nach dem neuen Gesetz drohen
       Strafen. Und bei den für September angesetzten Wahlen für Hongkongs
       Legislativrat kann Peking unliebsame Kandidaten jetzt ausschalten. Das
       Sicherheitsgesetz zeigt, Pekings Zusagen kann nicht getraut werden. Für
       Hongkong ist das ein Albtraum, für den Rest der Welt ein Weckruf.
       
       30 Jun 2020
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Sven Hansen
       
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