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       # taz.de -- Bedrohung von Rechts: Mein Name auf der Liste
       
       > Rechtsextreme haben Informationen über unseren Autor gesammelt. Er ist
       > nicht überrascht. In den vergangenen Jahren haben Anfeindungen
       > zugenommen.
       
   IMG Bild: Können Feindeslisten sogar mit Vokalen schreiben: Neonazis
       
       Ein Schreiben, eine Seite lang: Am Freitag lag der Brief vom
       Landeskriminalamt (LKA) in meinem privaten Briefkasten. Kein üblicher
       Absender für einen Kolumnisten und Autor der taz. Im Betreff heißt es kurz
       und knapp: „Listen / Datensammlung von Personen des rechten Spektrums“. Wie
       bitte? Bin ich ein Beschuldigter? Darf ich als Journalist mit dem
       Schwerpunkt „rechtes Spektrum“ kein Archiv führen?
       
       Erst im fünften Absatz klärt sich der Sachverhalt auf: Das LKA Berlin hat
       meinen Namen zusammen mit mehreren Bildern in einer Datensammlung von
       Rechten gefunden. Im Zuge der Beschlagnahmung von „Datenträgern in einer
       Ordnerstruktur“ sei der Datenbestand festgestellt worden, heißt es im
       Schreiben.
       
       Insgesamt seien es mehrere Bilddateien und ein Ordner mit dem Namen Andreas
       Speit. Die Ersteller*innen der Liste scheinen, so vermutet das LKA, mich
       zudem mit einer anderen Person zu verwechseln, da auf einem der Bilder eine
       mir ähnlich sehende Person abgebildet sei. Die Aufnahmen liegen nicht bei,
       ich kann es nicht beurteilen.
       
       Die Mitteilung überrascht mich wenig. Wer über die rechtsintellektuelle
       Szene und das militante Spektrumberichtet, muss mit Anfeindungen und
       Bedrohungen rechnen. Die Geschichte der rechten [1][Angriffe auf „die
       Medien“ und „die Journalisten“] reicht historisch weit zurück. Viele Namen
       von großen Autor*innen sind dabei. In diese Reihe gestellt zu werden, fühlt
       sich befremdlich an. Aber danke an die unbekannten Auflister*innen, es ist
       eine Ehre.
       
       In den vergangenen Jahren haben mit der Ausweitung des Sag- und Wählbaren
       nach weit rechts die Anfeindungen zugenommen, sie sind aggressiver in
       Worten und Taten geworden. Bei Recherchen bin ich nicht der einzige
       Journalist, der schon geschubst, getreten und geschlagen wurde.
       
       Ich bin auch nicht der erste, der sich eines Angriff mit einer Waffe
       erwehren musste. Und doch ist es eine privilegierte Situation: Ich bin
       weiß, ich bin ein Mann. Den Job und das Thema habe ich mir selbst
       ausgesucht. Viele Menschen haben bekanntlich nicht die Wahl, sie sind im
       Visier, weil sie sind, wie sie sind.
       
       Das klingt abgeklärt, aber so klar fühlt sich die nun bestätigte Bedrohung
       nicht an. Meine erste Reaktion: mit dem engen Umfeld reden. Die zweite:
       Sicherheitsmaßnahmen überprüfen. Das Schreiben des LKA Berlin und das
       Nachfassen beim LKA Hamburg bringen keine großen Erkenntnisse. Ermittlungen
       sollen wohl nicht gefährdet werden oder sollen V-Leute nicht auffliegen?
       
       Gegen wen sie ermitteln, teilen die LKAs nicht mit. Die Hamburger
       bestätigen nur, dass die Liste aus dem „rechtsextremen“ Spektrum stammt,
       nicht von Reichsbürger*innen, rechten Hooligans oder Identitären.
       
       [2][Als „Feindesliste“] solle ich die Liste nicht wahrnehmen, schreibt das
       LKA – na klar. Ich dachte mir schon, dass all die Listen der vergangenen
       Jahre Poesie- und Erinnerungsalben sind. „Der Rechte“ liebt seine
       ausgemachten Feinde einfach so sehr, dass er Sammelalben anlegt, für
       einsame Stunden.
       
       Eine „konkrete Gefährdung“ bestehe nicht, meinen die LKAs zu wissen. Ich
       würde nicht wagen, diese absolute Einschätzung bei den aktuellen
       Entwicklungen abzugeben. Rechtsextreme morden, viele könnten das nächste
       Opfer sein, auch ich.
       
       2 Jul 2020
       
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