# taz.de -- Kritik am Kohle-Ausstiegsgesetz: Intransparente Entschädigung
> Das Kohlegesetz sorgt kurz vor seiner Verabschiedung weiter für Streit.
> Laut Ökoinstitut bekommen die Betreiber viel zu viel Geld.
IMG Bild: Auch hier herrschte am Mittwoch wenig Transparenz: Greenpeace-Aktion an der CDU-Zentrale
Am Freitag ist es so weit: Dann soll der Bundestag nach langen
Verhandlungen die beiden Gesetze verabschieden, mit denen der Ausstieg aus
der Kohlenutzung und die Anpassungsgelder für die Kohleregionen geregelt
werden. [1][Teil des Pakets sind hohe Entschädigungen]: RWE soll als
Betreiber der Braunkohle-Tagebaue und -Kraftwerke im Rheinland 2,6
Milliarden Euro bekommen, die Leag für die ostdeutschen Reviere 1,75
Milliarden. Vor allem an der Entschädigung für die Leag hatte es von Anfang
an viel Kritik gegeben, denn sie fördert durch den vereinbarten Ausstieg
gar nicht viel weniger Kohle als ohnehin geplant.
Als Reaktion auf diese Kritik hatte das Bundeswirtschaftsministerium ein
Konsortium aus Wirtschaftsprüfern damit beauftragt, die Planungen der
Betreiber zu überprüfen. Doch auch zwei Tage vor der geplanten
Verabschiedung des Gesetzes ist ihr Gutachten noch immer nicht
veröffentlicht worden. Mitte Juni hatte das Wirtschaftsministerium auf
Anfrage der Grünen-Abgeordneten Lisa Badum mitgeteilt: „Bislang liegt
lediglich eine Entwurfsfassung des Gutachtens vor, weshalb den Ergebnissen
an dieser Stelle nicht vorgegriffen werden kann.“
Auf taz-Anfrage erklärte das Ministerium am Mittwoch, das Gutachten solle
„sehr zeitnah“ veröffentlicht werden. Ob das noch vor der
Bundestagsabstimmung geschieht, blieb offen. Der Wirtschaftsausschuss
stimmte den Entschädigungen am Mittwoch bereits zu, ohne ihre Grundlage zu
kennen. Badum ist darüber empört: „Es ist ein Skandal, dass die
Bundesregierung selbst die Kohlebetreiber durchleuchten ließ und diese
Ergebnisse jetzt vor den Abgeordneten und der Öffentlichkeit unter
Verschluss hält“, sagte sie der taz.
## Greenpeace verhüllt die CDU-Zentrale
Gegen die mangelnde Transparenz protestierte am Mittwoch auch Greenpeace:
Mehrere Kletterer der Umweltorganisation verhängten die komplette Fassade
der CDU-Parteizentrale mit schwarzem Stoff und prangerten auf einem
Transparent „Dunkle Geschäfte mit der Kohleindustrie“ an. „Minister
Altmaier hat mit der Kohleindustrie eine milliardenteure und zu lange
Betriebsdauer für ihre besonders klimaschädlichen Braunkohlekraftwerke
ausgehandelt“, sagt Greenpeace-Klimaexperte Karsten Smid. „Das vorliegende
Kohlegesetz verhöhnt den Klimaschutz. Es muss komplett überarbeitet werden,
bevor diesen Freitag darüber im Bundestag abgestimmt werden kann.“
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) verteidigte den Ausstiegsplan im
Bundestag dagegen als einen „ganz wichtigen Schritt“. Den Vorwurf, dass die
Empfehlungen der Kohlekommission nicht exakt umgesetzt würden, wies sie
zurück: „Im Grundsatz folgen wir dem Ausstiegspfad einigermaßen“, sagte die
Kanzlerin.
Das Freiburger Öko-Institut hat am Mittwoch unterdessen [2][eigene
Berechnungen] zur Höhe einer angemessenen Entschädigung vorgelegt:
Angesichts der gesunkenen Wirtschaftlichkeit der Braunkohle sei die
geplante Zahlung an die Leag etwa eine Milliarde zu hoch, heißt es darin.
Bei RWE hänge dies davon ab, wie hoch die ausstiegsbedingten Umbaukosten
der Tagebaue seien; die geplante Entschädigung könne bis zu einer Milliarde
zu hoch sein.
## Grüne stimmen beim Strukturwandel zu
Eine Mehrheit für die Gesetze gilt in Bundestag und Bundesrat als sicher.
Das Ausstiegsgesetz, das die Grünen im Bundestag wegen zahlreicher
Kritikpunkte ablehnen wollen, können sie trotz ihrer Beteiligung an elf
Landesregierungen im Bundesrat nicht aufhalten, denn es ist dort nicht
zustimmungspflichtig. Dem [3][Strukturstärkungsgesetz], in dem die Gelder
für die betroffenen Regionen zugesagt werden, muss die Länderkammer dagegen
zustimmen – und wird das wohl auch mit den Stimmen der grün regierten
Länder tun.
Auch im Bundestag werden die Grünen diesem Gesetz zustimmen, sagte
Fraktionsvize Oliver Krischer der taz. „Das ist ein wichtiges Signal für
die Regionen und trotz Kritik im Detail ist der grundsätzliche Ansatz dabei
richtig.“
1 Jul 2020
## LINKS
DIR [1] /Vertrag-mit-Energiekonzernen/!5696955
DIR [2] https://www.oeko.de/aktuelles/2020/pauschale-entschaedigungen-fuer-braunkohlekraftwerke-nicht-ange-messen
DIR [3] /Geplantes-Strukturstaerkungsgesetz/!5595909
## AUTOREN
DIR Malte Kreutzfeldt
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