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       # taz.de -- Kooperation mit Zeitungshäusern: Google will News, und umgekehrt
       
       > Google und der Journalismus – dieser Konflikt ist über ein Jahrzehnt alt.
       > Nun gibt es überraschend Anzeichen für eine Kooperation.
       
   IMG Bild: Eine Suchmaschine für Nachrichten: praktisch für Leser*innen, gruselig für Verlage
       
       Es ist eine Geschichte von faustischem Ausmaß, mit [1][Google] und den
       klassischen Zeitungsverlagen in den Hauptrollen. Die jetzt eine neue,
       vielleicht sogar überraschende Wendung bekommt. Denn der Konzern, der
       längst mehr ist als die De-facto-Monopolsuchmaschine für Deutschland, hat
       eine neue „Nachrichteninitiative“ angekündigt. Wie immer natürlich nicht
       gegen, sondern mit den Verlagen. „Für Google war und ist es von zentraler
       Bedeutung, Verlage bei ihrer wichtigen Arbeit zu unterstützen und
       gleichzeitig Nutzern Zugang zu relevanten Informationen zu ermöglichen“,
       heißt es vollmundig in der Ankündigung.
       
       Nun ist Unterstützung von Google im News- und Journalismusbereich nicht neu
       und stets ein heiß umstrittenes Unterfangen. Schließlich läuft das
       klassische Mantra der Verlagsbranche so: Google bedient sich dreist bei
       ihren Inhalten, wird überhaupt so erst für die Nutzer*innen interessant und
       gräbt ganz nebenbei auch noch das Geschäft mit der Werbung weg. Deswegen
       liegt man miteinander seit Langem im Clinch. Die Verlage haben über Jahre
       die Politik gedrängt, ihnen mit einem eigenen [2][Leistungsschutzrecht]
       unter die dürrer werdenden Ärmchen zu greifen.
       
       Danach sollen Dienste wie Google News Geld an die Medienhäuser zahlen, wenn
       sie in ihren Suchergebnissen Ausschnitte aus deren Artikeln anzeigen.
       Dieses Leistungsschutzrecht gibt es mittlerweile. Auch auf europäischer
       Ebene ist ein neues Leistungsschutzrecht beschlossen worden. Das soll im
       Rahmen der wiederum in Deutschland seit halben Ewigkeiten anhängigen Reform
       des Urheberrechts umgesetzt werden, damit die Verlage endlich Ansprüche
       gegenüber Google durchsetzen können. Google hat dagegen stets argumentiert,
       man sei in Wahrheit der beste Freund der Verlage und würde deren Inhalten
       ja erst zur Sichtbarkeit und deren Websites zum nötigen Traffic verhelfen.
       
       Etwas Muffe scheint Google jetzt allerdings doch zu bekommen. Denn laut
       Ankündigung will man bei dem geplanten Projekt direkt bei den Verlagen
       Lizenzen an „qualitativ hochwertige Inhalten für ein neues
       Nachrichtenformat erwerben“. Das ist neu. Und genau so neu ist, dass in der
       Branche von Beträgen in fünf- bis sechsstelliger Höhe geredet wird, die
       Google offenbar monatlich auszugeben bereit ist.
       
       ## Mehrere deutsche Verlage machen mit
       
       Das künftige Angebot soll laut Google „den teilnehmenden Verlagen helfen,
       die Sichtbarkeit ihrer Inhalte durch ein verbessertes Storytelling-Erlebnis
       zu vergrößern“. Das hört sich erst mal hübsch unkonkret an und wird, so
       Google, auch erst „später in diesem Jahr“ konkreter werden. Einen genauen
       Veröffentlichungstermin gibt es jedenfalls noch nicht.
       
       Dafür viel wohlmeinenden Google-PR-Sprech: „Mit dem Programm fügen wir
       unserer Unterstützung für Verlags- und Medienunternehmen einen weiteren
       Baustein hinzu. Damit bauen wir auf den Werten auf, die wir mit der
       Google-Suche sowie unseren fortlaufenden Maßnahmen im Rahmen der
       Google-News-Initiative für den Journalismus schaffen, um im digitalen
       Zeitalter erfolgreich zu sein.“ Getestet wird erst mal in Deutschland und
       Brasilien.
       
       Hierzulande haben üblichen Verdächtigen, die ohnehin nicht so spinnefeind
       mit Google sind, die Finger gehoben: Neben dem Holtzbrinck-Konzern (Zeit,
       Tagesspiegel) sind die FAZ, der Spiegel und die Rheinische Post an Bord.
       Dass Axel Springer, wo das Feindbild Google weiterhin etwas robuster
       ausgeprägt ist, nicht mitmacht, verwundert nicht. Eher schon, dass aus der
       Rudi-Dutschke-Straße bislang kein Sperrfeuer kommt.
       
       Hört man sich bei den teilnehmenden Verlagen um, scheint alles tatsächlich
       noch ziemlich am Anfang zu sein. Die technische Anwendung befinde sich noch
       in der Entwicklung, selbst die genaue optische Gestaltung und Hervorhebung
       im Newsbereich bei Google sei offen, heißt es da. Denkbar seien nach Themen
       oder Verlagen sortierte Module, die nicht automatisiert vom Algorithmus
       bespielt, sondern aus den Redaktionen heraus bestückt werden können.
       Exklusive Inhalte, die nur noch bei Google News zu finden wären, sind
       bislang nicht vorgesehen.
       
       Obwohl bei dem Projekt die gesamten Inhalte der Beiträge Google zur
       Indizierung in der Suchmaschine vorliegen, ist laut Verlagskreisen bei
       Google selber zunächst lediglich ein opulenteres Anteasern geplant, das
       dann wiederum auf die Webseiten der Redaktionen verlinkt. Selbst eine
       Verlinkung auf bezahlpflichtige Bereiche auf den Verlagsseiten scheint –
       von so genannten Modul-Aufmachern abgesehen – möglich zu sein. Das wäre
       dann wirklich einmal neu. Ob es tatsächlich dazu kommt, wird sich
       voraussichtlich erst im Herbst abzeichnen.
       
       Mitarbeit: [3][Daniél Kretschmar]
       
       1 Jul 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Google/!t5007580/
   DIR [2] /EU-Richtlinie-zum-Urheberrecht/!5653682
   DIR [3] /Daniel-Kretschmar/!a109/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Steffen Grimberg
       
       ## TAGS
       
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