URI: 
       # taz.de -- Rechtsextreme im KSK: Armee auf Bewährung
       
       > Die Verteidigungsministerin will beim Kommando Spezialkräfte aufräumen.
       > Das Problem Rechtsextremismus betrifft aber die gesamte Bundeswehr.
       
   IMG Bild: Annegret Kramp-Karrenbauer hat beim KSK „das große Aufräumen“ eingeleitet
       
       Ein Sturmgewehr AK-47, Tausende Patronen, kiloweise Plastiksprengstoff mit
       Zünder, ein SS-Liederbuch, Zeitschriften für ehemalige Angehörige der
       Waffen-SS, mehrere Thor-Steinar-Shirts. Was [1][bei einem KSK-Soldaten
       Mitte Mai] gefunden wurde, beschrieb Verteidigungsministerin Annegret
       Kramp-Karrenbauer (CDU) als „neue Dimension“. Sie setzte eine Arbeitsgruppe
       ein, [2][deren Ergebnisse sie nun präsentierte]:
       
       Das Kommando Spezialkräfte bekommt ein Ultimatum gestellt, und eine
       besonders mit Rechtsextremismus aufgefallene Kompanie wird gleich
       aufgelöst. Die Ministerin tut etwas, das muss man anerkennen. Irritierend
       ist, mit welcher zur Schau getragenen Selbstverständlichkeit nun angeblich
       das große Aufräumen beginnt. Seit seiner Gründung 1996 ist das KSK immer
       wieder aufgefallen. Der Kommandeur, der eine antisemitische Rede lobte.
       
       Der Hauptmann, der im Stile eines rechten Freikorpslers einem kritischen
       Soldaten als „Feind im Innern“ drohte – und befördert wurde, bis er sich
       schließlich als Anhänger der rechtsextremen Identitären Bewegung
       herausstellte. Huldigungen der Wehrmacht. Dass nun befürchtet wird, im KSK
       vermisste 85.000 Schuss Munition und 62 Kilogramm Sprengstoff könnten für
       Anschläge genutzt werden, ging fast schon unter.
       
       Pistolen, Gewehre und Patronen sind in der Bundeswehr schon viele
       verschwunden. Sie tauchten immer wieder bei Rechtsextremen auf, etwa dem
       Offizier [3][Franco A.], der ein Doppelleben als syrischer Flüchtling
       führte und Terroranschläge geplant haben soll. Oder dem früheren Fernspäher
       und SEK-Polizisten [4][Marko G.], dem Chef der Preppergruppe Nordkreuz. Bei
       den Behörden ist leider nicht viel Bemühen zu erkennen, wirklich
       herauszufinden, wie das passieren konnte.
       
       ## MAD-Chef spricht nun von „Netzwerken und Strukturen“
       
       Teil der Reform-Arbeitsgruppe ist der Parlamentarische Staatssekretär Peter
       Tauber. Anfang 2019, kurz nach der Veröffentlichung erster Recherchen zum
       [5][Netzwerk des KSK-Soldaten „Hannibal“], hat er vor dem
       Verteidigungsausschuss noch referiert, dass schon seine Großmutter
       „Prepper“ gewesen sei, schließlich habe auch sie Konserven im Keller
       gelagert. Aber die Prepper, um die es hier geht, horten nicht nur
       Gulascheintopf, sondern Munition und Sprengstoff.
       
       Sie haben keine Angst, dass ihnen das Klopapier ausgeht, sondern sie wollen
       an einem Tag X gegen Geflüchtete kämpfen oder haben noch weitergehende
       Vernichtungsfantasien. Bislang hat man von Tauber kein Wort dazu gehört,
       dass er die Lage vielleicht ein bisschen unterschätzt haben könnte. Der
       eigentlich für die Extremismusabwehr zuständige Militärische Abschirmdienst
       ist ebenso wenig als Frühwarnsystem aufgefallen, wenn man mutmaßliche
       Warnungen vor Durchsuchungen mal beiseitelässt.
       
       Stattdessen sagte der MAD-Chef Ende 2018: Es gebe keine rechtsextremen
       Netzwerke in der Bundeswehr. Und 2019: Es gebe Vernetzung, aber kein
       Netzwerk. In dieser Woche sprach er dann von „Netzwerken und Strukturen“.
       Die Rechtsextremisten sind aber nicht erst kürzlich mit Ufos aus der hohlen
       Erde in die Bundeswehr geflogen. Es gibt gute Gründe für Kramp-Karrenbauer,
       jetzt das KSK in den Mittelpunkt zu rücken.
       
       Die Misstände dort sind so eklatant, dass man handeln muss, und die Einheit
       wirkt einigermaßen überschaubar. Das Problem mit den Staatsfeinden in
       Uniform reicht jedoch weit darüber hinaus. Verteidigungsministerin und
       militärische Führung müssen jetzt wirklich durchgreifen. Sie müssen
       Rechtextremisten schneller als bisher aus der Truppe entfernen. Sie müssen
       den Korpsgeist bekämpfen, der dafür sorgt, dass Hitlergrüße übersehen und
       Rechtsrock überhört wird.
       
       Und vor allem: Sie dürfen nicht reflexartig in eine Abwehrhaltung springen,
       wenn jemand etwas schildert, was nicht sein darf, aber leider sein kann. Es
       geht um mehr als nur eine Problemeinheit. Nicht allein das KSK ist jetzt
       auf Bewährung, sondern die gesamte Bundeswehr.
       
       3 Jul 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Verhaftung-von-rechtem-KSK-Soldaten/!5688840
   DIR [2] /Rechtsextreme-im-KSK/!5693516
   DIR [3] /Mutmasslicher-Rechtsterrorist/!5640312
   DIR [4] /Rechter-Nordkreuz-Prepper-Marko-G/!5679557
   DIR [5] /Rechtsextreme-in-Bundeswehr/!5693515
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Sebastian Erb
       
       ## TAGS
       
   DIR KSK
   DIR Schwerpunkt Hannibals Schattennetzwerk
   DIR Bundeswehr
   DIR AKK
   DIR MAD
   DIR Bundeswehr
   DIR Kolumne Die Woche
   DIR Bundeswehr
   DIR Bundeswehr
   DIR Kolumne Macht
   DIR Bundeswehr
   DIR KSK
   DIR Rechtsextremismus
   DIR Schwerpunkt Hannibals Schattennetzwerk
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Kampf gegen rechtsextreme Soldaten: MAD-Chef Christof Gramm geht
       
       Verteidigungsministerin AKK verstärkt den Kampf gegen Rechtsextremismus in
       der Bundeswehr. Der Präsident des Militärischen Abschirmdienstes muss
       deshalb gehen.
       
   DIR Rechtsextreme in der Bundeswehr: Neue Nazi-Skandale
       
       Ein Social-Media-Mitarbeiter der Bundeswehr soll Kontakt zur „Identitären
       Bewegung“ gehabt haben. Berichtet wird auch von einer rechten
       Soldaten-Chatgruppe.
       
   DIR Polizei, Bundeswehr und Ballermann: 100.000 Mal den Schuss nicht gehört
       
       Rechtsextreme am Polizeicomputer, Munition löst sich in Luft auf – und man
       kann noch nicht mal ordentlich auf Malle komasaufen.
       
   DIR Wiedereinführung der Wehrpflicht: Dienstrecht statt Dienstpflicht
       
       Wehr- oder sozialer Dienst sollte freiwillig sein. Aber wer nicht kommt,
       sollte dafür mehr Steuern zahlen müssen.
       
   DIR Linken-Politiker über Wehrpflicht: „Wehrpflicht ist ein Zwangsdienst“
       
       Die Wehrbeauftragte möchte die Wehrpflicht einzuführen, um rechte
       Strukturen zu bekämpfen. Das geht am Problem vorbei, sagt Linken-Politiker
       Pflüger.
       
   DIR Skandal beim Kommando Spezialkräfte: Teamgeist und erhöhte Geheimhaltung
       
       Das KSK ist in der jetzigen Form nicht reformierbar. Es braucht eine neue
       Einheit mit demokratischer, transparenter Struktur.
       
   DIR Wehrbeauftragte Högl über Wehrpflicht: Aussetzung zum „Riesenfehler“ erklärt
       
       Seit 2011 ist in Deutschland der Waffendienst freiwillig. Die Armee sei
       damit weniger gut gegen rechte Umtriebe gefeit, sagt Eva Högl (SPD), und
       erntet prompt Widerspruch.
       
   DIR Ultimatum von AKK für KSK: Das Ende der Super-Rambos
       
       Der Vorstoß der Verteidigungsministerin kommt spät. Wenn eine
       „Eliteeinheit“ demokratische Grundsätze nicht einhält, gehört sie
       aufgelöst.
       
   DIR Rechtsextreme im KSK: Letzte Chance für Elitetruppe
       
       Wegen Rechtsextremismus-Problemen soll das Kommando Spezialkräfte umfassend
       reformiert werden – laut Verteidigungsministerin „eine Bewährungschance“.
       
   DIR Geheimdienst und Rechtsextremismus: „Eine neue Dimension“
       
       Die Geheimdienstchefs warnen bei einer Anhörung vor rechtsextremer Gefahr.
       Der Verfassungsschutz verschärft seine Beobachtung der Szene.