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       # taz.de -- Blackfacing in Serien: Denken vorm Löschen
       
       > Netflix und Hulu entfernen eine Folge der Sitcom „Community“. Dabei war
       > es diesmal kein dummdreister Rassismus, sondern einigermaßen kritisch.
       
   IMG Bild: Netflix hat eine „Community“-Folge gelöscht, weil der Charakter Chang darin in Blackface auftritt
       
       Es gibt eine heiß geliebte britische Sketchserie aus den 2000ern namens
       „Little Britain“, die ist ziemlich genial und außerdem unerträglich
       rassistisch und queerfeindlich. Darsteller Matt Lucas und David Walliams
       schlüpften reihum in stereotype Kostüme von Minderheiten, und das war meist
       schon der ganze Spaß. Das tat man damals so, equal opportunity offender
       hieß das Prinzip. Gerechtes Beleidigen – wenn man alle gleichmäßig
       demütigt, ist es okay. Die Trickserie „South Park“ etwa arbeitet auch so.
       
       Heute denkt man darüber oft anders. Nicht alle Gruppen haben dieselben
       Bedingungen, was das Karikiertwerden angeht, das macht „gerechtes
       Beleidigen“ zu einem absurden Projekt. Das eklatanteste Beispiel dafür ist
       [1][Blackfacing – das Schwärzen nicht Schwarzer Gesichter zur Belustigung
       eines nicht Schwarzen Publikums].
       
       Die Praxis hat in den USA und in Europa eine grausame Tradition, die sich
       zurückverfolgen lässt bis zur Kolonialisierung und Ausbeutung Schwarzer
       Menschen. Ist also schlecht gleichzusetzen mit einer harmlos-neckischen
       Verkleidung. Das finden mittlerweile auch die Komiker Lucas und Walliams
       und haben sich [2][entschuldigt], dass sie in „Little Britain“ im „Kostüm“
       einer Schwarzen Frauenfigur aufgetreten sind. Und zwar jahrelang. Der
       Streaminganbieter Netflix hat die Show im Juni aus dem Programm genommen:
       nicht mehr zeitgemäß.
       
       Etwas anderes ist, was Netflix und auch die Konkurrenz von Hulu jetzt getan
       haben: eine Folge der Sitcom „Community“ entfernt, weil der Charakter Chang
       (Ken Jeong) dort in Blackface auftritt. Chang erscheint zu einem
       Fantasie-Rollenspiel mit schwarzer Schminke und weißer Perücke und
       behauptet, er sei ein „Dunkelelf“. Der Unterschied zu „Little Britain“ ist
       aber: Changs Auftritt wird sofort herausgefordert, die Figur Shirley
       (Yvette Nicole Brown) nennt Changs Auftritt wortwörtlich ein
       „Hassverbrechen“. Blackfacing wird hier aufgeführt, um es zu
       problematisieren. Das ist etwas anderes als „Little Britains“ Blackface als
       Running Gag.
       
       Ebenfalls auf Netflix ist der viel gelobte antirassistische Film [3][„Dear
       White People“] zu sehen, in dem sich eine komplette Sequenz auf einer
       „Blackface-Party“ abspielt. Schwer zu ertragen in jedem Fall, aber niemand
       käme hoffentlich auf die Idee, dass sie entfernt werden muss. Die
       Auseinandersetzung mit Blackface in Kulturprodukten ist unerlässlich und
       darf unbarmherzig sein. Aber es ist wichtig zu unterscheiden zwischen der
       Darstellung von Blackface an sich und der Frage, wozu.
       
       3 Jul 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Ueber-Rassismus-reden/!5367239
   DIR [2] https://www.theguardian.com/world/2020/jun/14/david-walliams-and-matt-lucas-apologise-for-little-britain-blackface
   DIR [3] /Kolumne-Die-Couchreporter/!5416509
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Peter Weissenburger
       
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