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       # taz.de -- Corona in Katalonien: Zurück in den Lockdown
       
       > In Spanien steht erstmals seit der Lockerung wieder eine Großstadt unter
       > Quarantäne. Unter Erntehelfern hat sich das Virus stark verbreitet.
       
   IMG Bild: Lleida, Spanien: Hier werden Plattpfirsiche gepflückt – und Coronaviren weitergegeben
       
       Madrid taz | Katalonien macht in der [1][Coronakrise] einen großen Schritt
       zurück. Am Samstagmorgen verkündete Quim Torra, Regierungschef der
       autonomen Region im Nordosten Spaniens, „eine schwierige Entscheidung“:
       „Wir haben einen erneuten Lockdown für den Landkreis Segrìa beschlossen“,
       erklärte er. Ab 12 Uhr mittags unterliege die Region mit über 200.000
       Einwohnern in 38 Gemeinden, darunter die Großstadt Lleida, wieder
       erheblichen Einschränkungen.
       
       Wer keine behördlich Erlaubnis hat, darf den Landkreis nun zunächst für die
       kommenden zwei Wochen weder betreten noch verlassen. Eine Erlaubnis gibt es
       nur aus wichtigen, hauptsächlich beruflichen Gründen. Zwar bleibt die
       Mobilität innerhalb des Landkreises erhalten, doch dürfen sich nicht mehr
       als zehn Personen versammeln. Öffentliche Einrichtungen wie Schwimmbäder
       bleiben geschlossen.
       
       Sieben von neun neuen Infektionsherden, die in Katalonien seit Ende des
       Notstands und der damit verbunden vollständigen [2][Öffnung Spaniens Ende
       Juni] ausgebrochen sind, befinden sich in Segrìa. In dem Landkreis, vor
       allem in Lleida, waren am Wochenende mehr als 4.000 Fälle von
       Covid-19-Erkrankten bekannt.
       
       Jetzt soll das Kreiskrankenhaus eine zweite Covid-19-Abteilung mit
       zusätzlichen Intensivbetten einrichten. Mit mehr als 28.000 Toten und knapp
       250.000 Infektionsfällen war Spanien eines der am schwersten von Corona
       betroffenen Länder. Inzwischen ist die Zahl der aktuell Infizierten
       insgesamt aber stark gesunken.
       
       ## Junge Saisonarbeiter ohne Symptome
       
       „Die Krise in Lleida ist nicht nur ein sanitäres Problem, sie hat auch eine
       starke soziale Komponente“, erklärte die katalanische Gesundheitsministerin
       Alba Vergés. Die meisten Fälle wurden unter den rund 30.000 Saisonarbeitern
       erfasst, die derzeit in dem Landkreis Obst ernten. Sie sind meist jung und
       viele haben trotz einer Corona-Infektion keine Symptome. Gerade das macht
       die Lage gefährlich.
       
       Die Gesundheitsbehörden führen nun unter Hochdruck Tests in den Unternehmen
       durch. Die Alarmglocken schrillten, als auch in der Provinz Girona im
       Norden Kataloniens sowie im Zentrum der Region Neuinfektionen verzeichnet
       wurden, die sich direkt auf Menschen aus Segrìa zurückführen ließen.
       
       Zuvor waren bereits in den vier angrenzenden Landkreisen in der
       Nachbarregion Aragón wenige Tage nach Ende des Notstands erneute
       Beschränkungen ausgerufen worden. Wie in Segrìa leben auch diese
       Landstriche vom Obstanbau. Auch dort sind die meisten Erkrankten
       Erntearbeiter.
       
       „Covid-19 bringt ein Problem ans Tageslicht, das die Regierung in
       Katalonien, aber auch die in Madrid, seit mehr als 30 Jahren ignoriert“,
       erklärt Agusti Liñan von der Organisation „Obst und soziale Rechte“, die
       sich seit Jahren um die Bedingungen auf dem Land in Katalonien kümmert,
       gegenüber der taz. Die Arbeiter, meist Immigranten, verdienten weniger als
       den Mindestlohn und lebten unter miserablen Umständen.
       
       ## Hausen in velassenen Garagen
       
       Dieser Tage zeigt die Presse Bilder von Erntehelfern, die eng
       zusammengepfercht in verlassenen Garagen oder Wohnungen hausen.
       „Sicherheitsmaßnahmen wie der Mindestabstand auf Arbeit werden nicht
       eingehalten“, sagt Liñan. „Was wir jetzt erleben, ist das direkte Ergebnis
       einer intensiven Landwirtschaft in Händen großer Unternehmen“.
       
       Katalonien ist nicht die einzige Region, die mit neuen Infektionsherden
       kämpft. Auch im Nordwesten Spaniens, in der galicischen Stadt Lugo, wurde
       am Sonntag über 70.000 Menschen ein Lockdown verhängt, der allerdings nur
       fünf Tage dauern soll. Für kommenden Sonntag hat der konservative
       Regierungschef, Alberto Núñez Feijóo, eine vorgezogene Neuwahl angesetzt
       und die Menschen sollen unbedingt wählen gehen. Er will um jeden Preis
       davon profitieren, dass seine politischen Gegner, die in Madrid regieren,
       durch die Covid-19-Krise politisch angeschlagen sind.
       
       5 Jul 2020
       
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