URI: 
       # taz.de -- Solidaritätsbekundung mit Wissler: Nach „NSU 2.0“ Morddrohungen
       
       > Die Linken-Politikerin Janine Wissler erhält anonyme Drohungen per Mail.
       > Wie im Fall der Anwältin Başay-Yıldız führen Spuren zur Polizei.
       
   IMG Bild: Janine Wissler, Fraktionsvorsitzende der Linken in Hessen, hat im Februar Drohmails erhalten
       
       Frankfurt/Main taz | Die Linken-Fraktionschefin im Hessischen Landtag und
       Vizevorsitzende der Bundespartei, Janine Wissler, 39, ist in E-Mails mit
       dem Tod bedroht worden. Der anonyme Absender hat die Schreiben mit „NSU2.0“
       und mit Nazigrußformeln unterzeichnet. Dieser Vorgang erinnert an die
       ebenfalls anonymen Drohmails gegen die Frankfurter [1][Rechtsanwältin Seda
       Başay-Yıldız], die im Münchner NSU-Prozess die Nebenklage eine Opferfamilie
       vertreten hatte.
       
       Başay-Yıldız war im August 2018 in E-Mails rassistisch beschimpft und
       ebenfalls mit dem Tod bedroht worden. Die Schreiben waren gleichfalls mit
       „NSU2.0“ unterzeichnet. Die Texte nahmen damals Bezug auf persönliche Daten
       der Anwältin und ihrer Familie, die öffentlich nicht bekannt waren.
       Polizeiliche Ermittlungen ergaben, dass solche Daten ohne dienstlichen
       Grund von einem Computer in einem Frankfurter Polizeirevier abgerufen
       worden waren.
       
       Seitdem suchen Polizei und Staatsanwaltschaft den oder die Täter, bislang
       allerdings ohne Erfolg. So ist bis heute nicht klar, ob möglicherweise
       sogar Bedienstete der Polizei an den Einschüchterungsversuchen gegen die
       Rechtsanwältin beteiligt waren oder nicht. Die Ermittler stießen allerdings
       auf eine rechte Chatgruppe in der Frankfurter Polizei, die
       nationalsozialistische Parolen und Symbole geteilt hatte. Sechs Bedienstete
       waren deshalb suspendiert worden. Dieser Umstand löste weitere interne
       Untersuchungen in der hessischen Polizei aus, bei denen zahlreiche
       MitarbeiterInnen unter Verdacht gerieten. 30 Verfahren gelten als noch
       nicht abgeschlossen.
       
       ## Drohmails bereits im Februar
       
       Auch die Absender:in der gegen die [2][Linkenpolitikerin Wissler]
       gerichteten Mails verfügte offenbar über Daten, die öffentlich nicht
       zugänglich sind. In den Texten gibt er oder sie vor, dem Polizeiapparat
       anzugehören, und beschimpft die Beamten, die sich im Auftrag des
       Innenministers mit der internen Aufarbeitung der rechtsextremen Umtriebe in
       der hessischen Polizei befassen. Die Drohmails gegen Wissler waren im
       Februar verschickt worden. Nach taz-Informationen hatte die Politikerin die
       Polizei eingeschaltet, den Vorgang jedoch nicht publik gemacht.
       
       Die Landesvorsitzenden der hessischen Linken, Petra Heimer und Jan
       Schalauske, nannten die Drohmails gegen Wissler einen „Angriff auf uns
       alle“ und betonten: „Wir werden unseren Kampf gegen rechts und für einen
       entschiedenen Antifaschismus noch weiter verstärken.“
       
       In einer gemeinsamen Erklärung bezeichnen die Vorsitzenden der
       Landtagsfraktionen von CDU, Grünen, SPD und FDP die Bedrohung ihrer
       Landtagskollegin Wissler als „abscheulich und widerwärtig“. Weiter heißt es
       da: „Die Parallelen zu den früheren Drohbriefen an die Frankfurter Anwältin
       Seda Başay-Yıldız finden wir erschreckend. Janine Wissler kann sich der
       Solidarität aller demokratischer Fraktionen im Hessischen Landtag sicher
       sein. Wir können und werden unsere Demokratie gemeinsam gegen die Bedrohung
       von rechts verteidigen.“
       
       Eine Sprecherin der hessischen Linken zeigte sich „positiv überrascht“. Die
       gemeinsame Erklärung der demokratischen Parteien sei ein gutes Signal,
       sagte sie der taz.
       
       5 Jul 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Rechtsextreme-Terrorbriefe/!5680194
   DIR [2] /Strategiekonferenz-der-Linkspartei/!5666699
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Christoph Schmidt-Lunau
       
       ## TAGS
       
   DIR Janine Wissler
   DIR NSU 2.0
   DIR Rechtsextremismus
   DIR Hessen
   DIR Nationalsozialistischer Untergrund (NSU)
   DIR NSU 2.0
   DIR Morddrohungen
   DIR Verfassungsschutzbericht
   DIR Schuldenbremse
   DIR Walter Lübcke
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR „NSU 2.0“-Drohschreiben: Weitere Politikerinnen betroffen
       
       Nach der Hessin Janine Wissler erhielten zwei weitere Linke-Abgeordnete in
       Berlin Drohbriefe. Wieder enthalten sie Daten, die nicht öffentlich sind.
       
   DIR Rechtes Netzwerk in hessischer Polizei?: Neue Drohungen gegen Wissler
       
       Die Hessische Linksfraktionschefin hat erneut Drohschreiben vom „NSU 2.0“
       erhalten. Die unbekannten Täter hatten wohl Zugriff auf Polizeicomputer.
       
   DIR Verfassungsschutzbericht vorgestellt: Zuwachs bei Rechtsextremisten
       
       Der Inlandsgeheimdienst wertet erstmals „Flügel“-Anhänger in der AfD als
       Extremisten. Auch die Zahl der Linksextremisten sei leicht gestiegen.
       
   DIR Debatte zur Schuldenbremse in Hessen: Gerangel um Coronahilfs-Geld
       
       Der Hessische Landtag kann sich nicht entschließen, die Schuldenbremse zu
       kippen. Nun plant die Regierung einen gewagten Schritt.
       
   DIR Mordprozess im Fall Lübcke: Gegen den Hass
       
       Vor gut einem Jahr wurde CDU-Politiker Walter Lübcke ermordet, am Dienstag
       beginnt der Prozess. Der Versuch einer Rekonstruktion.