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       # taz.de -- Corona-Pandemie in Indien: Drittmeisten Infektionen der Welt
       
       > In Indien ist der Pandemie-Verlauf regional sehr unterschiedlich. Eine
       > hohe Dunkelziffer wird befürchtet. Armut nimmt dramatisch zu.
       
   IMG Bild: Erst kam das Corona-Virus, und dann standen auch noch die Straßen in Mumbai unter Wasser
       
       Mumbai taz | Die harte Arbeit unseres Teams hat sich verdient gemacht“,
       sagt Nazish Shaikh. Die Ärztin gehört zur Corona-Einsatzgruppe in Indiens
       größten Slum Dharavi. Nach über 100 Tagen kritischem Zustand in Mumbais
       bekanntem Armenviertel sind die Neuinfektionen von 50 am Tag auf circa ein
       Viertel gefallen. Die [1][Covid-19-Kurve scheint in der westindischen
       Metropole Mumbai] endlich abzuflachen, auch landesweit ist die
       Ansteckungsrate laut mathematischem Institut in Chennai in der ersten
       Juliwoche auf 1,19 gesunken.
       
       Doch die Entwicklung ist regional unterschiedlich. Neben der Hauptstadt
       Delhi gab es eine starke Zunahme der Neuinfektionen in den südindischen
       Staaten Tamil Nadu, Karnataka und Telangana, wo zuletzt die Zahl der Tests
       erhöht wurde. Premierminister Narendra Modi verkündetet Anfang Juli,
       kostenlose Lebensmittelrationen für 800 Millionen Menschen bis Mitte
       November zu verlängern, was sich wie ein Eingeständnis liest, dass die
       Krise noch lange nicht überwunden ist.
       
       Erst am Sonntag rückte Indien in der Rangfolge, der am stärksten betoffenen
       Länder mit über 790.000 Covid-19-Infektionen (Stand Freitag) vor Russland
       auf Platz drei. Und Indien bricht weitere Rekorde. Am Dienstag überstieg
       die Zahl der Verstorbenen mit Coronavirus die Marke von 20.000 und liegt
       mittlerweile bei über 21.000. Unterdessen wurden in Indien 10 Millionen
       Covid-19-Tests durchgeführt.
       
       Derzeit verdoppeln sich in Indien alle 20 Tage die Zahl der
       Corona-Infizierten. Die Todesrate liegt (mit 2,8 Prozent) weniger hoch als
       in den USA (4,4) oder Deutschland (4,6). Gesundheitsbehörden befürchten
       allerdings, dass die Todesfälle in den kommenden Wochen deutlich ansteigen
       könnten und es eine große Dunkelziffer geben könnte.
       
       Generell haben die Coronafälle in Indien nach Lockerungen der
       Ausgangsbeschränkungen zugenommen. Eine Verlängerung eines harten Lockdowns
       war wirtschaftlich nicht mehr tragbar. Seit Ende März haben Millionen
       Menschen ihren Arbeitsplatz verloren. Wer sich das Leben in den Großstädten
       nicht mehr leisten konnte, ist in die Heimat zurückgekehrt. Mit ihnen hat
       sich auch das Virus auf dem Land verbreitet.
       
       ## Lokale Maßnahmen
       
       Es zeichnet sich ab, dass es in Indien zu mehreren lokalen
       Covid-19-Höhepunkten kommen könnte, da die Verbreitung unterschiedlich
       stark verläuft. Vielerorts setzt man bereits auf lokale Maßnahmen wie
       Ausgangssperren in Vororten von Mumbai oder der Stadt Thiruvananthapuram in
       Kerala, auch um die Krankenhäuser und Gesundheitsmitarbeiter zu entlasten,
       die oftmals an ihre Grenzen stoßen.
       
       Durch die Pandemie mussten andere Gesundheitsbereiche zurückstecken, wie
       die Bemühungen zur [2][Ausrottung von Polio (Kinderlähmung)]. In Mumbai
       nehmen sich Ärzte und Ärztinnen wie Nazish Shaikh nun vermehrt werdenden
       Müttern und Neugeborenen an. „Wir weiten gerade das Immunisierungsprogramm
       aus und konzentrieren uns auf das Impfen von Neugeborenen“, sagt die
       Medizinerin. Zwar könnte sie kurz mit den BewohnerInnen Dharavis aufatmen,
       doch die Lage ist weiter angespannt.
       
       9 Jul 2020
       
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