# taz.de -- Aufklärung im Fall Oury Jalloh: Die unendliche Blockade
> Die Angst der Behörden, was im Fall Oury Jalloh noch zur Sprache kommen
> könnte, legt den Schluss nahe: Es muss schlimm sein.
IMG Bild: In einer dieser Arrestzellen im Polizeirevier Dessau verbrannte 2005 Oury Jalloh
Es ist eine unendliche Geschichte. Wer Buch darüber führen will, mit wie
vielen Volten Polizei und Justiz in Sachsen-Anhalt [1][Aufklärung im Fall
Oury Jalloh erschwert] haben, hat viel zu tun.
Seit dem Tag des Brandes, bei dem vor über 15 Jahren der gefesselte
[2][Sierra Leoner im Keller des Dessauer Polizeireviers verbrannte], reiht
sich Merkwürdigkeit an Merkwürdigkeit. Jetzt ist eine weitere
hinzugekommen: Die beiden Juristen, die im Auftrag des Parlaments von
Sachsen-Anhalt den Fall aufarbeiten sollen, werden in ihrer Arbeit
blockiert – und zwar vom CDU-geführten Justizministerium in Magdeburg.
Das will partout unterbinden, dass die beiden ohne Aufsicht vertrauliche
Gespräche mit den beteiligten StaatsanwältInnen führen können. Angeblich
sei eine solche Befragung verfassungswidrig, beschied ein frisch ins Amt
gekommener Staatssekretär. Nur die Landesregierung selbst müsse dem
Parlament Rede und Antwort stehen, nicht aber ihre Beamten. Es ist eine
höchst überraschende Feststellung. Denn als die beiden Sachverständigen
eingesetzt wurden, war das Justizministerium beteiligt – und hatte keine
Einwände.
Das Ministerium weist deshalb erhobene Vorwürfe zurück: Es sei gar nicht
gegen eine Befragung – nur solle die eben im Rechtsausschuss stattfinden.
Ein solches Setting ist aber etwas völlig anderes als ein freies,
vertrauliches Gespräch ohne Anwesenheit der Vorgesetzten. Richtigerweise
lehnen die beiden Sachverständigen dies ab.
## Was soll nicht an die Öffentlichkeit kommen?
Man kann nur mutmaßen, was das Magdeburger Justizministerium befürchtet,
was bei einer unkontrollierten Befragung der Ankläger zur Sprache kommen
würde. Der naheliegendste Schluss ist leider: Es muss so schlimm sein, dass
man lieber das fatale Bild in Kauf nimmt, das jetzt entsteht. Denn was soll
von der Kehrtwende des Justizministeriums anderes zu halten sein als: Es
sollen weiter Dinge unter der Decke gehalten werden?
Dass die mitregierenden Grünen und die SPD nun protestieren, ist richtig –
aber sie tragen Mitschuld an der Situation. Denn hätten sie den von der
Linken-Opposition geforderten Untersuchungsausschuss eingesetzt und sich
nicht aus Rücksicht auf die CDU auf das deutliche schwächere Instrument
„externer Berater“ eingelassen, wäre die Aufklärung heute wohl deutlich
weiter. So aber verfestigt sich der Eindruck, dass [3][in Dessau Dinge
geschehen sind, von denen die Öffentlichkeit auf keinen Fall erfahren
soll]. Dabei könnte der Schaden gar nicht größer werden als der, der durch
die nicht endende Folge von Verdunklungsversuchen entstanden ist.
9 Jul 2020
## LINKS
DIR [1] /Wurde-Oury-Jalloh-ermordet/!5698603
DIR [2] /Gedenken-an-Oury-Jalloh-in-Dessau/!5654506
DIR [3] /Mutmasslicher-Mord-an-Oury-Jalloh/!5633806
## AUTOREN
DIR Christian Jakob
## TAGS
DIR IG
DIR Schwerpunkt Polizeigewalt und Rassismus
DIR Oury Jalloh
DIR Dessau
DIR Schwerpunkt Polizeigewalt und Rassismus
DIR Oury Jalloh
DIR Polizei
DIR Schwerpunkt Rassismus
DIR Schwerpunkt Rassismus
## ARTIKEL ZUM THEMA
DIR Aufarbeitung des Falls Oury Jalloh: Den Korpsgeist vernachlässigt
Dem Landtag von Sachsen-Anhalt haben Berater einen Bericht vorgelegt. Der
listet Lügen und Rechtsbrüche auf, doch die entscheidende Frage beantwortet
er nicht.
DIR Blockaden im Fall Oury Jalloh: „Immer neue Tiefpunkte“
Sachsen-Anhalt hatte Gutachter beauftragt, Ermittlungsfehler im Fall Oury
Jalloh aufzuarbeiten. Doch die Verantwortlichen reden nicht.
DIR Wurde Oury Jalloh ermordet?: Ministerium blockiert Aufklärung
Juristen sollen Ermittlungsfehler im Fall Oury Jalloh prüfen. Jetzt wurde
bekannt: Das Justizministerium Sachsen-Anhalt behindert die Experten dabei.
DIR Gedenken an Oury Jalloh in Dessau: „Wie lange sollen wir noch warten?“
Vor 15 Jahren verbrannte Oury Jalloh unter zweifelhaften Umständen in
Polizeigewahrsam. Am Dienstag erinnerten AktivistInnen an den Sierra
Leoner.
DIR Vor 15 Jahren starb Oury Jalloh: Rassistisch korrupt
Heute vor 15 Jahren verbrannte Jalloh in einer Zelle der Polizei in Dessau.
Erschüttert uns der Aufwand, mit dem eine Aufklärung verhindert wird?