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       # taz.de -- Enthüllungsbuch von Trumps Nichte: Es ist die Wahrheit, Dummerchen
       
       > Mary Trump hat ein Buch über ihren Onkel geschrieben: den US-Präsidenten.
       > Das kommt tiefenpsychologisch daher – und trifft nicht den Punkt.
       
   IMG Bild: Donald in jungen Jahren – auf dem Cover des Buches seiner Nichte
       
       Okay, noch ein Enthüllungsbuch über Donald Trump. Nächste Woche soll es
       herauskommen, und wie beim letzten, dem vom Exsicherheitsberater John
       Bolton, versuchen Trump und das Weiße Haus, diesmal auch weitere Teile der
       Familie Trump, bis zuletzt, das Erscheinen des Buches zu verhindern. Das
       besondere diesmal: Zum ersten Mal [1][k][2][ommt mit Mary Trump, der
       Tochter von Donalds verstorbenen älteren Bruder Fred,] ein Familienmitglied
       mit der Diagnose, Trump sei ein Narzist und notorischer Lügner, Fälscher
       und Betrüger.
       
       Ähem, das wissen wir seit David Cay Johnstons „Die Akte Trump“. In dem Buch
       konnte man schon vor Trumps Wahlsieg lesen, wie der sein Immobilienimperium
       mit Betrügereien aufbaute, ständig Gesetze übertrat und Geschäftspartner
       übers Ohr haute, Gerichtsverfahren mit geheimen Zahlungsdeals abwendete und
       stets mit nicht wirklich vorhandenen wirtschaftlichen Erfolgen prahlte. Von
       Tony Schwartz, Ghostwriter von Trumps eigenem Bestseller „The Art of the
       Deal“ wissen wir ebenfalls seit 2016, dass Trump ein „Soziopath“ sei, der
       sich nicht um den Wahrheitsgehalt seiner Aussagen schere.
       
       Und nun berichtet also Mary Trump, Donald habe bereits seine
       Eingangsprüfung fürs College durch einen gut bezahlten Freund erledigen
       lassen. Das verändert das Bild natürlich vollkommen!
       
       Mary Trump, 54, ist Doktorin der Psychologie, und so schreibt sie auch.
       Indem Donalds Vater Fred Trump senior „Donalds Zugang zu seinen eigenen
       Gefühlen beschränkte und viele von ihnen inakzeptabel machte, hat Fred die
       Wahrnehmung seines Sohns von der Welt pervertiert und seine Fähigkeit
       beschädigt, in ihr zu leben.“ Trump sei nicht einfach schwach; sein Ego sei
       ein zerbrechliches Gebilde, das ständig gepampert werden müsse, weil er
       tief im Innern genau wisse, dass er nichts von dem ist, was er zu sein
       vorgibt.
       
       ## Public enemy
       
       Heute stelle ihr Onkel eine Gefahr für „die Gesundheit, die wirtschaftliche
       Sicherheit und das soziale Gefüge der Welt“ dar, und deshalb könne sie
       nicht länger schweigen, sondern wolle mit ihrem Buch verhindern, dass er
       die Welt zerstört.
       
       Ob so eine Aussage nun reines Marketing ist oder einfach ausgesprochen
       naiv? Nach einer schnellen Zählung ist „Too Much and Never Enough“
       mindestens das neunte Enthüllungsbuch über Trump in den vergangenen vier
       Jahren.
       
       Von John R. O’Donnell und James Rutherford („Trumped!: The Inside Story of
       the Real Donald Trump“, 2016), David Cay Johnston („Die Akte Trump“, 2016)
       über Michael D’Antonio („Die Wahrheit über Donald Trump“, 2016), Michael
       Wolff („Fire and Fury“, 2018), Bob Woodward („Fear“, 2019), Philipp Rucker
       und Carol Leonnig („A very stable genius“, 2019) zu John Bolton („The Room
       where it happened“, 2020) nun also zu Mary Trump – wären wir im
       Pornobusiness, wäre „Inside Trump“ längst eine eigene Kategorie, irgendwo
       zwischen „anal“ und „cream pie“. Die Wirkung ist im Übrigen ähnlich: Man
       schaut sich das an, gerät ein bisschen in Aufregung, ein bisschen in Ekel,
       fragt sich, wer warum auf so etwas steht und holt sich einen Kaffee.
       
       Wenn Trump eines kann, dann trotz des vermutlich schlechtesten Rufes, den
       je ein US-Präsident hatte, seine Basis zu begeistern. Sein mittlerweile
       legendäres Zitat aus dem Wahlkampf, er könne auf der 5th Avenue jemanden
       erschießen und würde keine Wählerstimmen verlieren, hat sich als eine der
       wenigen Wahrheiten aus seinem Mund entpuppt.
       
       ## Alles Propaganda!
       
       Enthüllungen sind als Fake News längst eingepreist. Ähnlich wie
       Anhänger*innen Scientologys (oder der Kommunistischen Partei Kubas) sind
       Trump-Fans gegen jede Kritik immunisiert, denn die ist in ihren Augen eben
       keine Kritik, schon gar nicht wahr, sondern reine Feindpropaganda. Deshalb
       war es essenziell, dass Trump von Beginn an die Medien zum Feind erklärte.
       
       Feinde zu haben, ist die Essenz seiner Präsidentschaft. Trump kann nicht
       argumentieren, er kann nur verleugnen, beschimpfen und verunglimpfen. Sich
       aus einer der mächtigsten Positionen der Welt als Opfer darzustellen, muss
       man erst einmal hinbekommen. Trump hat das perfektioniert. Dafür lieben ihn
       seine Fans, wähnen sich vereint mit ihrem Präsidenten in einem Kulturkampf
       gegen mächtige Strippenzieher.
       
       Es dürfte eine Menge republikanischer Kongressmitglieder und
       Regierungsmitarbeiter*innen geben, die genau wissen, dass fast alles
       stimmt, was in den Büchern steht. Sie halten brav den Mund. Es ist die
       Schande der Republikanischen Partei, dass sie Trump zur Wahrung der eigenen
       Machtinteressen gewähren lässt.
       
       8 Jul 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.nytimes.com/2020/07/07/nyregion/mary-trump-book.html
   DIR [2] https://www.nytimes.com/2020/07/07/nyregion/mary-trump-book.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Bernd Pickert
       
       ## TAGS
       
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