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       # taz.de -- Regierungsberater über Konjunkturpaket: Corona-Hilfen mit Klima-Mängeln
       
       > Wissenschaftler loben die geringere Umlage für Erneuerbare Energien.
       > Kritisch sei der mangelnde Mut bei CO2-Preisen und einer
       > Öko-Steuerreform.
       
   IMG Bild: Der Verzicht auf Kaufprämien für Autos ist aus Sicht der Regierungsberater gut fürs Klima
       
       Berlin taz | Das [1][Konjunkturpaket der Bundesregierung] gegen die
       Coronakrise ist aus Sicht von Regierungsberatern nicht grün genug. In dem
       Paket, das mit 57 Maßnahmen wie Mehrwertsteuersenkung, Hilfen für Familien,
       E-Autos, die Wasserstoffwirtschaft und die Bahn die Wirtschaft in Schwung
       bringen soll, zeigten sich neben positiven Ansätzen auch schwere Mängel und
       Lücken mit Blick auf Klimaschutz und Nachhaltigkeit. Das ist die vorläufige
       Bilanz, die Wissenschaftsplattform Klimaschutz (WPKS) am Donnerstag der
       Regierung übergibt.
       
       Die WPKS ist ein unabhängiges Beratungsgremium, das die langfristige
       Strategie der Regierung zum Klimaschutz begleitet. Es ist ein
       Zusammenschluss von Forschungseinrichtungen aus den Bereichen Wirtschaft,
       Recht, Technik und Sozialwissenschaften. Der Lenkungskreis, den Umwelt- und
       Forschungsministerium berufen, besteht unter anderem aus den Experten
       Ottmar Edenhofer (PIK), Sabine Schlacke (Uni Münster), Karen Pittel (ifo
       Institut) und Holger Hanselka (KIT Karlsruhe).
       
       In ihrer „ersten, vorläufigen Bewertung“ des Konjunkturpakets begrüßen die
       Experten „ausdrücklich, dass Klimaschutz augenscheinlich eine wichtige
       Zieldimension“ im Konzept ist. Sie loben die geplante Senkung der Umlage
       für Erneuerbare Energien (EEG), den Verzicht auf eine Kaufprämie für Autos
       mit Verbrennungsmotor und die Hilfen für den Ausbau der E-Mobilität und die
       geplante „grüne“ Wasserstoff-Wirtschaft.
       
       Allerdings finden die Berater auch große Mängel. So fehlt ihnen für die
       Zeit nach 2026 ein Mindestpreis für CO2-Zertifikate im geplanten deutschen
       Emissionshandel für Gebäude und Verkehr, um Unternehmen Sicherheit zu
       geben. Auch in Europa sollte sich die Bundesregierung dafür stark machen.
       
       ## Kein klares Klimaziel
       
       „Fehlanreize“ sehen die Gutachter auch bei „Steuern, Abgaben und Umlagen im
       Strom-, Wärme- und Verkehrssektor“. Die Senkung der EEG-Umlage für Ökostrom
       greife zu kurz, Strom bleibe zu teuer, wenn immer mehr Bereiche wie der
       Verkehr elektrisch betrieben werden sollten. Außerdem monieren sie: „Für
       den Verkehrssektor fehlt ein ganzheitliches, nachhaltiges Gesamtkonzept im
       Sinne einer Mobilitätswende“.
       
       In der Finanzpolitik sehen die Experten im Konjunkturpaket eine verpasste
       Chance, etwa bei der Streichung umweltschädlicher Subventionen: „Da eine
       entsprechende Steuerreform auch konjunkturpolitischen Zielen zugänglich
       sein kann, wäre sie im Rahmen des Klimapakets möglich und wünschenswert
       gewesen“, schreiben sie. Wie eine solche große Steuerreform unter dem
       Zeittdruck von Corona-Krise und Konjunkturpaket politisch durchsetzbar
       gewesen wäre, sagen sie allerdings nicht.
       
       Vor allem kritisieren die Gutachter, dass der Staat 130 Milliarden
       Hilfsgelder auflegt, aber keine klare Zielsetzung zu mehr Klimaschutz oder
       Nachhaltigkeit darin formuliere. So hätte das Gesamtkonzept „auf seine
       Vereinbarkeit mit Klimaschutz-Zielen untersucht werden müssen“, heißt es,
       „diesem Anspruch wird es nicht gerecht.“ Dringend nötig seien eine
       vorherige und eine nachträgliche Bewertung der Maßnahmen, ob sie effektiv
       seien, wie sie von der Bevölkerung akzeptiert würden und ob sie die
       Gesellschaft gegen die nächsten Schocks widerstandsfähiger machten. Erste
       Ansätze zu mehr Beteiligung der Bürger zeige das Programm in der
       Zusammenarbeit mit den Kommunen. Für eine „faire Verteilungswirkung“ von
       Be- und Entlastungen sollten Gemeinden, lokale Initiativen und Unternehmen
       beteiligt werden.
       
       9 Jul 2020
       
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