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       # taz.de -- Polizeiaktion im Hambacher Forst: „Zur Gefahrenabwehr“
       
       > Die Polizei hat im Hambacher Forst eine Palette Desinfektionsmittel
       > beschlagnahmt. Den verbleibenden Plastikmüll ließen die Beamten zurück.
       
   IMG Bild: Ordnung muss eigentlich sein: Die PolizistInnen im Hambacher Forst
       
       Aachen taz | Niemand will es gewesen sein. Sicher ist nur, ein Großaufgebot
       der Polizei hat im Hambacher Wald eine Palette Desinfektionsmittel
       beschlagnahmt. 336 Literflaschen hatte eine Firma freundlicherweise den
       WaldbesetzerInnen gespendet. Das Coronavirus kann schließlich auch den
       Forst erreichen.
       
       Die Pressestelle der [1][Aachener Polizei] erklärt, man sei nicht
       tatbeteiligt, das sei Sache der Gemeinde Kerpen. Die
       Rhein-Erft-Polizeibehörde verweist auf die Stadtverwaltung Kerpen. Deren
       Sprecher erklärt: Desinfektionsmittel – wie das waldmäßig aufgefundene –
       seien eine brennbare Flüssigkeit mit 75 Prozent Alkohol, folglich sei die
       Polizei eingeschritten und habe das Zeug „zur Gefahrenabwehr
       sichergestellt“ – und der Stadt Kerpen übergeben.
       
       Auf den Hinweis, das Mittel diene doch gerade der Gefahrenabwehr, wegen
       Corona eben, geht er nicht ein. Stattdessen sagt er, man habe das Material
       ohne nachweislichen Eigentümer „ins Gelände der Sicherheitsdienste von RWE
       nach Sindorf“ verbracht, „um es dort sicher zu lagern“. Der Eigentümer
       könne sich mit Nachweis melden und sich die Flaschen abholen.
       
       Übrigens, sagt er noch, natürlich seien es Beamte der leugnenden
       Kreispolizeibehörde Aachen gewesen. Und die, erzählen Besetzer, hätten auch
       nur die Flaschen selbst mitgenommen – und den verbleibenden Berg
       Plastikmüll im Wald entsorgt. Dort, wo sie regelmäßig Razzien machen, um
       waldfremde Gegenstände zu konfiszieren. Beim nächsten Mal die eigenen.
       
       Bei der Spenderfirma handelt es sich um die Edelschnapsbrennerei ReGINerate
       aus Krefeld. Die hatten im Frühjahr auf Desinfektionsmittelproduktion
       umgestellt – und jetzt noch 12 Tonnen übrig. „Die haben wir an Tafeln und
       andere verschenkt und eine Fuhre eben auch nach Hambach gebracht“, sagt der
       Inhaber. „Das ist ja völlig verrückt. Dann müssen wir jetzt zu RWE das
       wieder abholen?!“
       
       Ausgerechnet bei [2][RWE], deren Waldvernichtung die Besetzung erst
       ausgelöst hatte. Heißt es nicht immer, die Polizei sei der
       Erfüllungsgehilfe der Braunkohlevernichter? Jetzt ist es eben mal
       umgekehrt: RWE hilft der öffentlichen Hand. So waschen sie einander,
       hoffentlich ausreichend desinfiziert.
       
       16 Jul 2020
       
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