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       # taz.de -- Pferde in der Hamburger Polizei: Sympathieträger oder Waffe?
       
       > Die Aufgabe von Tieren in der Polizei ist, die Menschen zu entspannen.
       > Aber es gibt auch Leute, die es nicht mögen, wenn ein Pferd in sie
       > reinrennt.
       
   IMG Bild: April 2020 in Hamburg: Berittene Polizisten kontrollieren, ob Corona-Vorschriften eingehalten werden
       
       Die Hamburger Polizei sucht neue Pferde für ihre Reiterstaffel. Die Pferde
       sind neben den Hunden die schnuckeligen „Sympathieträger“ der Polizei, und
       beide Tierarten vermitteln mir bei Demonstrationen auch immer eine
       sympathische, tierische Nähe, wenn sie mich so freundlich ansehen, mit
       ihren sympathischen Tieraugen, all dem Fell und den Hufen.
       
       Ich denke, das ist auch die Hauptaufgabe der Tiere in der Polizei, die
       Menschen zu entspannen. Aus denselben Gründen schickt man ja auch Hunde in
       Altersheime, damit die alten Menschen jemanden streicheln können, damit sie
       Körperkontakt bekommen.
       
       [1][2015 hat ein Mensch, der unglücklich neben einer Demo in Hamburg
       herumstand, etwas viel von diesem Körperkontakt mit so einem Polizeipferd
       gehabt.] Wenn so ein Pferd eben daherreitet, dann ist das was anderes, als
       wenn, zum Beispiel, ein Wiesel vorbeihuscht. Man soll eben nicht bei Demos
       im Weg herumstehen, auch nicht am Rande, oder überhaupt da sein. Immer
       gleich weggehen, nie dabei sein, weil man sonst sofort „selber schuld“ ist.
       
       Nun ist Hamburg ja 35 Jahre ohne diese schmucke Reiterstaffel ausgekommen,
       aber ein gewisser Christoph Ahlhaus, der erst Innensenator war, und dann
       für ein paar Monate Hamburgs Erster Bürgermeister, hat sie 2010 wieder
       eingeführt. Als damaliges Mitglied einer schlagenden Verbindung hat er
       vielleicht so eine spezielle Sympathie gehabt, für respekteinflößende
       Sympathieträger.
       
       Nun gibt es recht verschiedene Ansichten zum Einsatz von Pferden in der
       Polizei. Nordrhein-Westfalen hat doch glatt einmal Wirtschaftsprüfer auf
       die Sache angesetzt, die herausfanden – na was? Dass solche Reiterstaffeln
       nicht effektiv sind. Da hat man sie dann auch gleich abgeschafft, aber
       lange hat man diesen pferdelosen Zustand nicht ertragen und hat dann zwei
       Jahre später schon mit dem polizeilichen Reiten wieder begonnen.
       Schleswig-Holstein hat die berittene Polizei 1995 abgeschafft und will
       nicht mal fremde Polizeipferde bei sich sehen. Die Sympathien sind einfach
       anders verteilt, würde ich sagen.
       
       Und ich kann natürlich wirklich nicht beurteilen, wie effektiv ein
       Polizeipferd ist. Wie soll man das ausrechnen? 2012 hat der Hamburger
       Rechnungshof untersucht, ob die Kosten in Höhe von ca. 200.000 Euro im Jahr
       gerechtfertigt sind. Man fand es dann okay. So ein Pferd ist ja auch – ein
       Sympathieträger. Damit es auch wirklich sympathisch ist, muss es vor allem
       ausgeglichen sein, kastriert. Ein Wallach ist anscheinend nicht so hibbelig
       wie eine Stute oder ein Hengst. Und mutig soll es sein, denn es muss ja
       irgendwie in Demonstranten reinrennen.
       
       Und an dieser heiklen Stelle scheiden sich die Einstellungen der
       Kritiker*innen. Es gibt hier die Tierschützer*innen, die meinen, dass ein
       Pferd nicht dafür geschaffen wurde, in Demonstranten reinzurennen. Es sei,
       von Natur aus, ein Fluchttier.
       
       Dem möchte ich entgegensetzen, dass dem Menschen im Allgemeinen schon sehr
       lange egal ist, wofür ein Tier geschaffen wurde. Es wird, in den meisten
       Fällen, in Bezug auf seine Nützlichkeit für den Menschen gesehen. Schmeckt
       es gut oder ist es kuschelig? Das sind so die Kriterien. Und wer kann sich
       davon freimachen? Warum halte ich mir einen Hund? Damit er seiner
       Bestimmung nach leben kann? Das ist ein weites Feld.
       
       Und dann gibt es eben auch noch ein paar Kritiker*innen, die einwenden,
       dass es für Menschen mitunter auch nicht so schön ist, wenn ein Pferd in
       sie reinrennt. Es gibt Menschen, die spüren in so einer Situation einfach
       nicht die Sympathie, die von so einem Tier ausgeht, sondern fürchten mehr
       um ihr Leben.
       
       Und zuallerletzt haben wir die, die finden, genau aus diesem Grund ist so
       eine Reiterstaffel, und bestände sie auch nur aus lächerlichen zehn
       Pferden, die den Steuerzahler 200.000 Euro im Jahr kosten, genau das
       richtige, genau das, was wir brauchen. Wenn man Tiere für Menschen nutzen
       kann, warum soll man dann nicht auch Tiere gegen Menschen nutzen? Das tat
       man schon immer, in Kriegen, oder im alten Rom, sogar zum Spaß und zur
       Erziehung.
       
       24 Jul 2020
       
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