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       # taz.de -- Bevölkerungsprognose für Afrika: Was der Globale Norden unterschätzt
       
       > In vielen afrikanischen Ländern wird die Bevölkerung weiter wachsen,
       > sagen Prognosen. Für eine bessere Familienplanung brauchen Frauen mehr
       > Autonomie.
       
   IMG Bild: Auf die Frauen kommt es an: Auf einem Markt in Abidjan in der Elfenbeinküste
       
       Anders als in den übrigen Teilen der Welt wird die Bevölkerung in Afrika
       auch weiter wachsen – das haben Bevölkerungsforscher der Universität
       Seattle [1][im Fachmagazin The Lancet] prognostiziert. Mit der Rechnung,
       mehr Verhütungsmittel anzubieten und in Bildung für Mädchen und Frauen zu
       investieren, macht es sich der Globale Norden allerdings zu einfach. Die
       Realität ist komplexer.
       
       Was Familienplanung vor allem im ländlichen Raum extrem erschwert, ist die
       schlechte Gesundheitsinfrastruktur. Wenn es schon ein riesiger Zeit- und
       Kostenaufwand ist, bei Krankheit eine Klinik aufzusuchen, nimmt das keine
       Frau auf sich, um regelmäßig die Antibabypille zu kaufen. Um das zu ändern,
       muss in eine flächendeckende Versorgung und mobile Beratungssysteme
       investiert werden.
       
       Bildung für Mädchen und Frauen ist seit Jahren ein Thema, was die
       Geburtenraten bisher jedoch nicht gesenkt hat. Zu mehr Selbst- und
       Mitbestimmung führt sie schließlich häufig erst dann, wenn damit
       wirtschaftlicher Erfolg und Autonomie vom Partner verbunden sind. Umso
       wichtiger sind deshalb unkomplizierte Kleinkredite, für die keine oder
       wenige Sicherheiten gefordert werden, sowie Beratung in wirtschaftlichen
       Fragen.
       
       Ohnehin werden wirtschaftliche Zwänge und Möglichkeiten in Zukunft immer
       mehr Einfluss haben. Auch wenn die Bevölkerung auf dem Kontinent weiter
       steigt, ist vielen Menschen in Großstädten wie Abuja und Abidjan längst
       klar, dass sie sich immer weniger Kinder leisten können. Der Wohnraum ist
       zu knapp, die Lebenshaltungskosten sind zu hoch.
       
       Ignoriert wird in der Diskussion jedoch der entscheidende Faktor: Kinder
       sind gesellschaftlich gewollt und gewünscht. In Nigeria gelten sie
       mancherorts als Statussymbol, das zum gesellschaftlichen Aufstieg verhelfen
       kann. In Benin gilt eine Frau als Frau, wenn sie auch Mutter ist.
       Kleinfamilien oder die bewusste Entscheidung gegen Nachwuchs wird deshalb
       häufig als Kinderfeindlichkeit interpretiert und sorgt für ebenso viel
       Unverständnis wie umgekehrt die weiterhin hohen Kinderzahlen.
       
       15 Jul 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.thelancet.com/journals/lancet/article/PIIS0140-6736(20)30677-2/fulltext
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Katrin Gänsler
       
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