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       # taz.de -- Besprechung Podcast „Gute Deutsche“: Migrantisch light
       
       > Linda Zervakis spricht in ihrem Podcast über das Deutschsein. Das Format
       > hinkt hinterher – und bleibt damit ein Podcast für weiße Deutsche.
       
   IMG Bild: Was ist ein Mensch mit Migrationshintergrund? Das fragt Linda Zervakis ihre Gäste
       
       Mensch mit Migrationshintergrund – Linda Zervakis spricht in [1][„Gute
       Deutsche“] mit Menschen darüber, was das eigentlich bedeutet. Bisher waren
       Radiomoderatorin Salwa Houmsi und Zeit-Chefredakteur Giovanni di Lorenzo
       eingeladen, es wurde über die Woher-kommst-du-wirklich-Frage und das
       Deutschsein gesprochen.
       
       Spätestens, als di Lorenzo freundlich, aber großväterlich angepasst von
       Fremdenfeindlichkeit (sic!) spricht und erzählt, so vieles sei heute schon
       besser als früher, jüngere Menschen mit Migrationshintergrund (sic!)
       könnten sich das gar nicht vorstellen, fragt man sich: Waren wir da nicht
       einen Schritt weiter?
       
       Man kann Zervakis zugutehalten, dass sie marginalisierte Stimmen im
       Mainstream hörbar macht. Nur: Podcasts machen seit Jahren genau das. Frank
       Joung, der in „Halbe Katoffl“ mit migrantischen Personen über ihr
       Migrantischsein spricht und damit das Genre 2016 praktisch erfunden hat,
       [2][erklärte auf Facebook]: „Ich freu mich immer über neue Stimmen im
       BiPoC-Game.“ Aber: „Bin grad sehr enttäuscht, frustriert und auch sauer,
       dass Spotify das Halbe-Katoffl-Konzept einfach mal 1:1 kopiert.“
       
       [3][Minh Thu Tran von „Rice and Shine“ betonte], wie schwer es für BIPoCs
       sei, ihre Formate zu finanzieren. Wie Spotify mit Joungs Konzept nun Geld
       verdiene, sei „respektlos und bitter.“
       
       ## Wie aus vergangenen Zeiten
       
       Am Ende ist „Gute Deutsche“ weniger ein Raum für migrantische Communitys
       und mehr ein Bildungspodcast für weiße Deutsche mit Weltkriegshintergrund.
       Es gibt Einspieler, die die Geschichte zwischen Deutschland und dem
       Herkunftsland (sic!) der Eingeladenen erklären.
       
       O-Töne, in denen Menschen auf der Straße gefragt werden, was sie mit dem
       Land assoziieren. Überhaupt das Wording: „Bunt“, „Heimat“, „Wurzeln“,
       „Einblicke in andere Kulturen“, „grenzenlose Verbindung der Welt“. Das
       Format wirkt wie aus einer Zeit gefallen, in der man Multikulti sagte. Auf
       einer Skala von Diversity bis Desintegration schafft der Podcast nur:
       Migrantisch light.
       
       Was weniger an Linda Zervakis liegt, die den Podcast souverän und
       sympathisch moderiert, und mehr an Spotify. Anders als das spannende
       [4][Spotify-Format „Realitäter*innen“] wirkt „Gute Deutsche“ wie ein
       unkreativer Versuch, in einen Markt einzusteigen, den Podcasts wie „Halbe
       Katoffl“, „Kanackische Welle“ oder „Rice and Shine“ aufgebaut haben. Kann
       man machen, ist aber nicht originell.
       
       23 Jun 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://spotify_presse.prowly.com/99532-linda-zervakis-prasentiert-gute-deutsche-neuer-spotify-original-podcast-uber-das-gleich-und-anderssein-in-einer-bunten-welt
   DIR [2] https://www.facebook.com/HalbeKatoffl/posts/3593673177313670
   DIR [3] https://twitter.com/tran_vominhthu/status/1272995545376792578
   DIR [4] /Podcast-Realitaeterinnen/!5675042
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Simon Sales Prado
       
       ## TAGS
       
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