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       # taz.de -- Asbest in Wohnungen: Überall giftige Fasern
       
       > Nach Berechnungen von Andreas Otto (Grüne) könnte eine halbe Million
       > Berliner Wohnungen mit Asbest belastet sein. Der Senat weiß darüber
       > wenig.
       
   IMG Bild: Früher beliebt, heute gefürchtet: Asbest
       
       Der baupolitische Sprecher von Bündnis 90/Grüne im Abgeordnetenhaus,
       Andreas Otto, stellt dem rot-rot-grünen Senat ein mieses Zeugnis in Sachen
       Gesundheitsschutz aus: Obwohl sich die Koalition explizit das Ziel einer
       „asbestfreien Hauptstadt 2030“ auf die Fahnen geschrieben habe, sei man
       nach knapp vier Jahren „diesem Ziel kaum näher gekommen“. Mit der privaten
       Wohnungswirtschaft habe die Landesverwaltung noch nicht einmal Gespräche
       über die Belastung von Wohnungen mit dem gefährlichen Material geführt.
       „Der Senat wird im Wahljahr begründen müssen, wieso er quasi untätig
       geblieben ist“, folgert Otto.
       
       Wie gravierend die Wissenslücken sind, wenn es um die Frage geht, wo
       überall Asbest verbaut ist, zeigt die aktuelle Antwort von
       Senatsbaudirektorin Regula Lüscher auf eine Anfrage des
       Grünen-Parlamentariers: „Ob und in welchen Wohnungen Asbest verbaut wurde,
       ist dem Senat nicht bekannt“, heißt es darin. „Nach jetziger Erkenntnis
       kann der Senat genauso wie die städtischen Wohnungsbaugesellschaften eine
       potenzielle Asbestbelastung nur anhand von speziellen Bautypen und
       Baujahren vermuten.“ Von einer generellen Asbestbelastung könne aber „nicht
       ausgegangen werden“.
       
       Für Otto stellt sich das deutlich dramatischer dar: Weil sich die zuletzt
       [1][von landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften erworbenen Wohnungspakete
       als stark asbestbelastet erwiesen] hätten, sei zu befürchten, dass in den
       meisten der zwischen 1952 und 1993 errichteten oder umgebauten Wohnungen
       Asbest eingesetzt wurde. Erst 1993 wurde der Dämmstoff, der lungengängige
       und krebserregende Fasern freisetzen kann, als Baustoff komplett verboten.
       
       Die Worst-Case-Rechnung, die Otto aufmacht, ist simpel: Im Berliner Westen
       wurden zwischen 1952 und 1993 rund 601.000 Wohnungen neu gebaut,
       wiederaufgebaut oder umgebaut, diese Zahl haben er und seine
       MitarbeiterInnen aus Statistischen Jahrbüchern zusammengetragen. Als
       asbestsaniert bekannt sind laut Antwort auf seine Anfrage nur rund 40.000
       Wohnungen der landeseigenen Gesellschaften. Nehme man an, dass die private
       Wohnungswirtschaft ähnlich viel saniert habe, bliebe immer noch ein
       Asbestverdacht bei einer halben Million Wohnungen.
       
       ## Komplette Bestände belastet
       
       Noch vor Kurzem habe man die Zahl der belasteten Wohnungen berlinweit auf
       rund 100.000 geschätzt, sagt Otto, der sich seit Jahren mit der Thematik
       befasst. Erste Hinweise auf die tatsächliche Dimension gab es, als klar
       wurde, dass die 2019 von der Gewobag angekauften Wohnungsbestände fast
       komplett asbestbelastet sind – 6.550 Wohnungen, um genau zu sein. Das hatte
       bereits im Februar eine Anfrage Ottos an die Senatsbauverwaltung ergeben.
       
       Für Andreas Otto steht fest: „Der Senat muss endlich die
       Asbestberatungsstelle für BewohnerInnen und EigentümerInnen sowie das
       Förderprogramm zur Asbestsanierung von Wohnraum auf den Weg bringen.“
       Beides war von den Koalitionsfraktionen im Abgeordnetenhaus mit dem
       Doppelhaushalt 20/21 beschlossen worden. Außerdem fordert der
       Grünenpolitiker „dringend“ eine detaillierte Bestandsaufnahme und einen
       Fahrplan zur „Entgiftung des Wohnungsbestandes“.
       
       26 Jun 2020
       
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