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       # taz.de -- Einigung über Kohleausstiegsgesetz: Mehr Geld für Steinkohle
       
       > Union und SPD haben sich über die letzten Details geeinigt und das
       > Kohleausstiegsgesetz kann am Freitag verabschiedet werden. Klimaschützer
       > planen Proteste.
       
   IMG Bild: Bekommen auch ihren Lebensabend vergoldet: Steinkohlekraftwerke wie hier im niedersächsischen Mehrum
       
       Berlin rtr/taz | Der Weg zum Gesetz für einen Kohleausstieg in Deutschland
       bis 2038 ist frei. Union und SPD verständigten sich nach mehrtägigem Ringen
       auf die zuletzt noch umstrittenen Regelungen für die Entschädigung von
       Steinkohle-Betreibern, wie Vertreter beider Fraktionen am Montagabend
       Reuters bestätigten. Gegenüber dem Gesetzentwurf der Regierung wurden noch
       einmal höhere Entschädigungen für die Betreiber von Steinkohle-Meilern und
       mehr Hilfen bei einer Umrüstung auf hocheffiziente Gas- und Wärmekraftwerke
       verankert.
       
       Damit kann der Bundestag am Freitag [1][das gesamte Kohleausstiegsgesetz]
       sowie die Hilfen für die betroffenen Regionen beschließen. Bis spätestens
       2038 soll demnach das letzte Kraftwerk vom Netz. In das Rheinische Revier
       sowie vor allem in die ostdeutschen Gebiete sollen insgesamt bis zu 40
       Milliarden Euro für den Strukturwandel fließen. „Damit ist der Weg frei für
       eine Zukunftsperspektive in den Kohleregionen“, sagte der
       SPD-Wirtschaftsexperte Bernd Westphal. „Niemand fällt ins Bergfreie“. Sein
       Unions-Kollege Joachim Pfeiffer wies daraufhin, dass auch Betreiber
       jüngerer Kraftwerke nun eine Chance bekämen, ihre Kosten zu verdienen: „Wir
       schaffen damit Planungs- und Investitionssicherheit.“
       
       Das Bundeskabinett hatte am Mittwoch bereits die milliardenschweren
       Entschädigungsverträge mit den Betreibern von Braunkohlemeilern in einer
       sogenannten Formulierungshilfe für den Bundestag gebilligt. Die
       [2][öffentlich-rechtlichen Verträge] sichern den Konzernen damit gut 4,3
       Milliarden Euro zu. Im Gegenzug muss das letzte Kohlekraftwerk spätestens
       2038 abgeschaltet werden und die Unternehmen verzichten auf Klagen. Die
       EU-Kommission muss den Zahlungen noch zustimmen. Während der
       Braunkohleausstieg so geregelt war, gab es noch über das Wochenende ein
       langes Ringen um die Entschädigung für Steinkohlemeiler.
       
       Der Koalition zufolge sollen auf der einen Seite nun sowohl die
       Entschädigungen bei Stilllegungen wie auch die Umrüstungshilfen für
       Steinkohlemeiler auf das klimafreundlichere Gas größer als geplant
       ausfallen. Der Umrüstungsbonus wird von 180 Euro pro Kilowatt auf 390 Euro
       mehr als verdoppelt werden. Dies gilt aber nur für Kraftwerke mit einem
       Alter von maximal 25 Jahren und bei einer Umrüstung bis Ende 2022. Bei
       späterer Umrüstung auf Gas sinkt der Bonus demnach jedes Jahr um 25 Euro.
       Anlagen, die zwischen 25 und 35 Jahre alt sind, können anfangs mit 225 Euro
       pro Kilowatt rechnen. Auch hier sinkt aber die Summe bei späterer
       Umrüstung.
       
       ## Höhere Entschädigung für Steinkohle-Betreiber
       
       Um nicht umgerüstete Steinkohle-Meiler komplett vom Netz zu nehmen, hatte
       die Regierung ein Verfahren mit Ausschreibungen gewählt: Die Betreiber
       können sich jährlich um einen Abschaltbonus bewerben. Wer am wenigsten
       fordert, bekommt den Zuschlag. Eigentlich sollten diese Ausschreibungen nur
       bis 2026 laufen. Danach sollten entschädigungslos bis 2033 alle übrigen
       Steinkohlekraftwerke nach Alter abgeschaltet werden. Diese
       Ausschreibungsrunden sollen der Koalition zufolge nun aber bis 2027
       verlängert werden.
       
       Eine Verbesserung für die Betreiber ist auch bei den maximalen
       Entschädigungssummen geplant, die in den Runden verlangt werden können: Bis
       2023 bleiben diese Summen gegenüber den bisherigen Plänen zwar unverändert,
       in den Folgejahren bis 2027 sollen sie aber höher ausfallen. Im Jahr 2026
       beispielsweise mit 89.000 Euro pro Megawatt Leistung gut doppelt so hoch
       wie ursprünglich geplant.
       
       ## Protest von Umweltgruppen
       
       KlimaschützerInnen übten erneut scharfe Kritik am Gesetz. „Das
       Kohleausstiegsgesetz ist ein zementierter Skandal der Nicht-Einhaltung des
       Pariser Klimaabkommens und darf in dieser Form keinesfalls verabschiedet
       werden“, sagte Lilith Rein, Aktivistin von Fridays for Future. „Andernfalls
       droht die Beschleunigung der Klimakrise und damit die Zerstörung unsererer
       Zukunft.“ Um gegen das Gesetz zu protestieren, plant Fridays for Future
       gemeinsam mit Greenpeace, der BUNDjugend, Extinction Rebellion Berlin, Ende
       Gelände und dem ADFC am Donnerstag eine [3][Fahrraddemonstration] durchs
       Regierungsviertel.
       
       30 Jun 2020
       
       ## LINKS
       
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   DIR [3] https://fridaysforfuture.berlin/veranstaltungsort/invalidenpark/
       
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