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       # taz.de -- Natur in Bosnien und Herzegowina: Die Neretva bleibt wild
       
       > Die Flüsse in Bosnien und Herzegowina gelten als unberührt. Jetzt feiern
       > Umweltschützer*innen einen großen Erfolg gegen die Wasserkraft.
       
   IMG Bild: Vor Freude in die Neretva springen
       
       Die Umweltschützer in Bosnien und Herzegowina können ihren Erfolg bis heute
       noch nicht so recht fassen. In der Föderation sollen keine neuen
       Kleinwasserkraftwerke mehr genehmigt werden, bereits bewilligte werden auf
       ihre Rechtmäßigkeit überprüft.
       
       [1][Jahrelange Kampagnen], auch von ausländischen Umweltschützern
       [2][unterstützt], waren zunächst fruchtlos, ebenso monatelanger Protest von
       Bürger*innen. Doch letzten Dienstag wendete sich das Blatt. Die
       bosniakische Nationalpartei SDA, die „Partei der Demokratischen Aktion“,
       machte eine dramatische Kehrtwende, weil die Wasserkraft zu viel Sympathien
       bei ihren ländlichen Wähle*innen kostet.
       
       Das ermöglichte dem Parlament des bosniakisch-kroatischen Teilstaates,
       gegen den Bau weiterer Kleinwasserkraftwerke vorzugehen. Auch serbische
       Gemeinden in der serbisch dominierten Teilrepublik wollen sich dem
       anschließen. Im Augenblick sind 106 kleine Wasserkraftwerke in Betrieb, in
       Bau und Planung sind 340, Investoren sprechen sogar von bis zu 600.
       
       Bosnien und Herzegowina verfügt noch über eine große Anzahl bisher
       unberührter Gebirgsbäche und kleiner Flüsse, die Waldgebiete durchziehen
       und von seltenen Pflanzen gesäumt sind. Nach Ansicht von europäischen
       Umweltschützern ist Zentralbosnien mit seinen glasklaren Flüssen und Bächen
       das Herzstück der schützenswerten Flusssysteme des gesamten Raums
       Südosteuropa. Die Neretva begeistert mit ihrem grünen Wasser jährlich
       Hundertausende Touristen in Mostar, die über die berühmte Alte Brücke
       gehen, um in den ungebändigten Fluss zu blicken.
       
       Gegen die Kraftwerke kam es immer wieder zu Widerstandsaktionen der lokalen
       Bevölkerung. So verhinderten am Pfingstmontag 350 Menschen den Baubeginn
       eines Wasserkraftwerks am kleineren Fluss Neretvica. Europasweites Aufsehen
       erregte auch der Widerstand der Frauen von Krušica, das in Zentralbosnien
       nahe der Stadt Vitez liegt. Sie besetzten eine Brücke und rückten auch
       nicht ab, als schwer bewaffnete Polizisten das Recht der Investoren
       durchsetzen wollten. Ein Gericht gab den Flussschützerinnen Ende 2018
       recht.
       
       Die Behörden vergaben trotzdem weiterhin Konzessionen für lukrative
       Kleinwasserkraftwerke. Nach sieben Jahren sind die Investitionskosten
       amortisiert, dann werfen die Kraftwerke nur noch Profite ab. Die Eingriffe
       in die Natur und den Wasserhaushalt sind erheblich, Flussbetten trocknen
       aus, die Fauna verändert sich. Durch den Beschluss des Parlaments sind mit
       einem Schlag wertvolle Flüsse wie die Una, Šujica, Kruščica und Teile der
       Neretva vor Verbauung sicher.
       
       Die Umweltschützer*innen in Bosnien und Herzegowina bekommen durch den
       Erfolg Rückendeckung für weitere Konflikte: In einem völlig ungeeigneten
       Karstgebiet mit höchstem Verseuchungspotenzial für das Flusssystem der Una,
       der Sava und damit der Donau, soll ein Atommülllager entstehen. Und unter
       chinesischer Führung ist ein Kohlekraftwerk in Tuzla geplant.
       
       3 Jul 2020
       
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