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       # taz.de -- Rede von Trump zum Unabhängigkeitstag: Antirassisten als „wütender Mob“
       
       > US-Präsident Trump spaltet die USA, statt sie zu einen. Zum
       > Unabhängigkeitstag – vier Monate vor der Wahl – wählt er eine besonders
       > polarisierende Botschaft.
       
   IMG Bild: Im Fels vielleicht besser aufgehoben als auf der Bühne: US-Präsident Donald Trump
       
       Washington/Mount Rushmore dpa/ap | Seine Rede zum Unabhängigkeitstag hat
       US-Präsident Donald Trump am Freitagabend vor allem für eines genutzt:
       düstere Stimmungsmache gegen Teilnehmende der landesweiten
       Antirassismus-Proteste. Es sei eine „gnadenlose Kampagne zur Auslöschung
       unserer Geschichte“ im Gange, sagte Trump am Mount Rushmore im
       US-Bundesstaat South Dakota. „Wütende Mobs“ versuchten, Statuen der
       Gründerväter der USA zu Fall zu bringen. Das „starke und stolze“
       amerikanische Volk werde aber nicht erlauben, ihm die Geschichte und Kultur
       zu nehmen.
       
       Trotz allgemeiner Sorgen vor neuen Coronavirus-Ansteckungen nahm Trump an
       der Veranstaltung vor beeindruckender Kulisse teil: Über der Bühne thronte
       das monumentale Nationaldenkmal von Mount Rushmore – der Gebirgsfels mit
       den in Stein gemeißelten Köpfen von vier Ex-Präsidenten. Mehrere Tausend
       Menschen waren nach Angaben der Gouverneurin aus allen Teilen des Landes
       nach South Dakota gekommen, wo der Abend mit Feuerwerk endete.
       
       Der Unabhängigkeitstag am 4. Juli steht in diesem Jahr [1][unter dem
       Eindruck der sich zuspitzenden Corona-Pandemie] und landesweiten
       [2][Protesten gegen Rassismus und Polizeigewalt nach dem Tod des
       Afroamerikaners George Floyd]. Obwohl die USA in den vergangenen Tagen
       mehrmals in Folge ihre eigenen dramatischen Rekorde bei der Zahl der
       Neuinfektionen binnen 24 Stunden brachen, ließ Trump die Krise weitgehend
       außer Acht. Es waren die Proteste, die eine Debatte über die
       Erinnerungskultur des Landes entfacht haben, die ihm den Stoff für die Rede
       lieferten.
       
       Trump warf dem linken Flügel des politischen Spektrums vor, in den Städten
       des Landes eine „Welle von Gewaltverbrechen“ auslösen zu wollen. Unter dem
       „Banner der sozialen Gerechtigkeit“ werde versucht, sowohl die
       Gerechtigkeit als auch die Gesellschaft zu zerstören. Der Angriff auf die
       „großartige Freiheit muss gestoppt werden und wird sehr schnell gestoppt
       werden“, sagte Trump.
       
       ## Keine Entschuldigung für Sklaverei
       
       Trumps Anschuldigungen gegen Teilnehmer an den Protesten sind nicht neu –
       am Mount Rushmore ließ er sie aber in geballter Form los. In mehreren
       Städten waren bei Protesten Statuen gestürzt worden, die historische
       Figuren darstellen, die in Verbindung mit Rassismus gebracht werden. Die
       US-Demokraten wollen aus dem Kongress umstrittene Statuen verbannen. Auch
       wurden Forderungen zur Umbenennung einiger Militärstützpunkte laut, die an
       Anführer der Konföderierten Staaten im amerikanischen Bürgerkrieg erinnern.
       
       [3][Trump wehrt sich gegen all dies] – die überlebensgroßen Porträtköpfe
       der Präsidenten George Washington, Thomas Jefferson, Theodore Roosevelt und
       Abraham Lincoln gaben seiner Botschaft den scheinbar passenden Rahmen:
       „Diese Bewegung attackiert offen das Erbe jeder Person von Mount Rushmore“,
       beklagte Trump. Amerikaner*innen sollten stolz über ihre Geschichte
       sprechen und sich nicht dafür entschuldigen. „Wir werden uns nicht
       terrorisieren lassen, wir werden uns nicht demütigen lassen und wir werden
       nicht eingeschüchtert werden von diesen schlechten, bösen Menschen.“
       
       Die Stimmung bei der Veranstaltung zum Auftakt der Feierlichkeiten zum
       Unabhängigkeitstag am 4. Juli glich einem Wahlkampfevent des Präsidenten.
       Zwischenrufe wie „Wir lieben dich, Präsident Trump“ waren zu hören. Und
       seine Rede schien genau darauf ausgelegt zu sein. Aus den USA solle ein Ort
       der „Unterdrückung, Herrschaft und Ausgrenzung“ gemacht werden. „Sie wollen
       uns zum Schweigen bringen, aber wir lassen uns nicht zum Schweigen
       bringen“, sagte Trump. Er dagegen trete für das Erbe des Landes, die
       Vollstreckung von Gesetzen und das Recht auf Waffenbesitz ein.
       
       Der Republikaner will bei der Wahl in vier Monaten für eine zweite Amtszeit
       antreten – und er steht unter Druck. Umfragen sehen den designierten
       Präsidentschaftskandidaten der Demokraten, Joe Biden, in Führung.
       
       Bei den Umfragen ist Vorsicht geboten, wie die Wahl 2016 zeigte. Doch Trump
       sieht sich nicht nur Kritik wegen seines Umgangs mit der Corona-Krise
       ausgesetzt, in der sein Augenmerk vor allem auf der Wirtschaft liegt. Nach
       dem Tod von Floyd wurde Trump vorgeworfen, sich nicht klar gegen Rassismus
       zu positionieren und den Zorn über Diskriminierung und Ungerechtigkeit im
       Land nicht verstehen zu wollen. Unter den US-Bürger*innen ist das
       Verständnis für friedliche Proteste Umfragen zufolge hoch.
       
       ## 130.000 Tote unerwähnt
       
       Proteste werden auch Teil des diesjährigen Unabhängigkeitstages sein: Für
       Samstag sind in der Hauptstadt Washington mehrere Demonstrationszüge
       angekündigt. Am Abend will Trump im Weißen Haus eine weitere Ansprache zum
       4. Juli halten. Im Anschluss sollen die Feierlichkeiten auf der National
       Mall – einer Promenade zwischen dem Parlamentsgebäude und dem Lincoln
       Memorial – beginnen, Höhepunkt ist ein Feuerwerk am Abend. Bürgermeisterin
       Muriel Bowser hatte beklagt, dass die Feierlichkeiten [4][mitten in der
       Corona-Pandemie] im Widerspruch zu den Richtlinien der Gesundheitsexperten
       stünden.
       
       Trump würde die Corona-Pandemie am liebsten für beendet erklären – was auch
       bei seiner Rede am Mount Rushmore deutlich wurde. Zu Beginn sprach er „das
       Virus“ an, aber nicht die mehr als 50.000 Neuinfektionen, die in den
       vergangenen Tagen jeweils binnen 24 Stunden verzeichnet werden. Auch den
       Schmerz über die fast 130.000 Toten, die die USA seit Beginn der Pandemie
       im Zusammenhang mit einer Covid-19-Erkrankung zu beklagen haben, bedachte
       er nicht.
       
       Stattdessen sagte Trump vor dicht gedrängten Zuschauern, die größtenteils
       [5][keine Schutzmaske] trugen, die USA seien das „großartigste Land in der
       Geschichte der Welt“ und dass es „bald“ großartiger als je zuvor sein
       werde. Während Trumps Ansprache bestätigte sein Wahlkampfteam, dass die
       Freundin von Trumps ältestem Sohn, Donald Trump Jr., während ihres
       Aufenthalts in South Dakota positiv auf das Coronavirus getestet wurde. Sie
       und Trump Jr. sagten alle öffentlichen Auftritte ab und isolierten sich.
       
       4 Jul 2020
       
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