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       # taz.de -- Polizeibeauftrage legt Bericht vor: Freundin und Helferin
       
       > Die meisten Eingaben bei der schleswig-holsteinischen Polizeibeauftragten
       > stammen von Polizist*innen, die Probleme mit dem eigenen Apparat haben.
       
   IMG Bild: Hörte viel zu: Schleswig-Holsteins Landespolizeibeauftragte Samiah El Samadoni
       
       Neumünster taz | Seit Jahren streitet die Hamburger Bürgerschaft über
       eine*n unabhängige*n Polizeibeauftragte*n. Auch im aktuellen
       Koalitionsvertrag konnten die Grünen sich mit ihrer Forderung nicht gegen
       die SPD durchsetzen. Dabei zeigt der Blick ins benachbarte
       Schleswig-Holstein, dass die Stelle gut angenommen wird – vor allem von
       Polizist*innen selbst.
       
       Die Gründe, warum sie sich an die Polizeibeauftragter Samiah El Samadoni
       wendeten, waren sehr unterschiedlich: unklare Antworten von Vorgesetzten,
       intransparente Entscheidungen und lange Bearbeitungsfristen. Viele
       Beamt*innen klagten über Probleme mit dem Landespolizeiamt (LPA). So wurde
       etwa die Bitte einer Beschäftigten, ihr eine Tätigkeitsbeschreibung zu
       schicken, schlicht vergessen.
       
       Ein Beamter, der im Dienst von einem Hund gebissen wurde, bekam zwar eine
       Genesungskarte aus dem Innenministerium, aber keine Antwort seiner
       vorgesetzten Dienststelle, als er um Übernahme der Behandlungskosten bat.
       281 Polizist*innen wandten sich zwischen 2016 und 2018 an El Samadoni und
       ihr Team.
       
       Die von Anfang an zahlreichen Eingaben aus den Reihen der Polizei sei für
       sie „überraschend“ gewesen, sagte die Polizeibeauftragte, die ihren
       Tätigkeitsbericht für die ersten Jahre vorstellte. Drei Viertel der
       Petitionen stammten aus den Reihen des Polizeiapparats. „Das Ergebnis war
       wohl auch für die Politik unerwartet“, sagte El Samadoni.
       
       ## Reichlich Streit um die Stelle
       
       Denn um die Stelle hatte es [1][reichlich Streit gegeben]. Die damalige
       Regierung aus SPD, Grünen und der Minderheitenpartei SSW hatte sich auf
       einen unabhängigen Beauftragten geeinigt und hängte die Aufgabe an das Amt
       der Bürgerbeauftragten für soziale Angelegenheiten an, das die
       SPD-Politikerin El Samadoni innehatte.
       
       Widerspruch kam von der oppositionellen CDU, die „Vertrauen statt
       Misstrauen für die Polizei“ forderte. Der CDU-Landtagsabgeordnete Axel
       Bernstein zitierte bei der Parlamentsdebatte im Dezember 2015 die
       normalerweise herzlich verfeindeten Polizeigewerkschaften, die sich hier
       einig waren: „Die GdP sieht in der Einrichtung eines Polizeibeauftragten
       ein aktives Misstrauen gegenüber der Polizei. Und die Polizeigewerkschaft
       hält ihn für so überflüssig wie einen Kropf.“
       
       Vier Jahre später lobte Torsten Gronau, der Landesvorsitzende der Deutschen
       Polizei-Gewerkschaft (DPolG) den Tätigkeitsbericht als „wichtigen und von
       Sachkunde geprägten Blick von außen“. Die Empfehlungen, die El Samadoni in
       ihrem Bericht aus den Fällen abgeleitet hat, böten „Chancen und
       Möglichkeiten nachzudenken und zu diskutieren“, sagte der
       Polizeigewerkschafter.
       
       Ihn freute die vergleichsweise geringe Zahl von Bürgerbeschwerden, wobei er
       auch selbstkritisch anmerkte: „Jede berechtigte Beschwerde ist eine zu
       viel.“ 85 Eingaben ging die Polizeibeauftragte nach. Vielfach monierten die
       Bürger*innen den Umgangston von Polizist*innen. So wandte sich eine Frau,
       die ehrenamtlich Geflüchtete betreut, an das örtliche Revier, weil es
       Pöbeleien und Drohungen gegen eine Familie aus Eritrea gab. Die Beamtin am
       Schalter fertigte die Frau grob ab – später stellte sich allerdings heraus,
       dass die Polizei die Drohungen gegen die Familie durchaus ernst nahm und
       verfolgte.
       
       Insgesamt wurden sechs Fälle von Polizeigewalt gemeldet, darunter zwei bei
       der Auflösung von Partys. In einem Fall wurde ein Autofahrer
       herausgewunken, weil ein Polizist ihn für einen „typischen
       Drogenkonsumenten“ hielt und ihn „Kotzbrocken“ nannte, weil der Mann ihn um
       den Dienstausweis bat. In mehreren Fällen konnte die Polizeibeauftragte
       vermitteln und riet dazu, „missglückte Kommunikation zumindest im
       Nachhinein aufzuarbeiten“, Fehler einzugestehen und sich zu entschuldigen,
       wenn etwas schief gelaufen sei.
       
       Nicht nur von der Polizei, auch aus der Landespolitik gab es Lob für die
       Arbeit der Polizeibeauftragten. Damit bestätigt sich, was die damalige
       SPD-Landtagsabgeordnete und heutige Flensburger Oberbürgermeisterin Simone
       Lange bei der Parlamentsdebatte 2015 im besten Yoda-Stil sagte: „Erst
       fachlich befassen du musst, dann entscheiden du kannst, sonst populistisch
       du bist.“
       
       24 Jul 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Polizei-bekommt-Kontrolle/!5256978
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Esther Geißlinger
       
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