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       # taz.de -- Studie zu Einweg-Kaffeebechern: Coffee to get sick
       
       > Umweltschützer warnen vor giftigen Chemikalien in beschichteten
       > Coffee-to-go-Bechern. Ein Verbot ist trotzdem nicht in Sicht.
       
   IMG Bild: Pfui Spinne: Spuren eines Sommertages in Esslingen
       
       Berlin taz | Einwegbecher sind nicht nur umweltschädlich, sie können auch
       krank machen. Das legt eine neue [1][Studie] des Umweltbundesamtes nahe.
       Demnach werden in kunststoffbeschichtetem Einweggeschirr sogenannte per-
       und polyfluorierte Alkylsubstanzen (PFAS) verwendet.
       
       Chemisch betrachtet handelt es sich dabei um organische Verbindungen, bei
       denen Wasserstoffatome durch Fluoratome ersetzt sind. PFAS werden zum
       Beispiel für Outdoorjacken, Löschschäume oder eben für die Beschichtung von
       Kaffeebechern verwendet, weil sie fett-, wasser- und schmutzabweisend sind.
       
       Laut Umweltbundesamt können diese Verbindungen Menschen schaden, wenn sie
       in den Organismus gelangen. Eine erhöhte Konzentration im Blut kann demnach
       die Wirkung von Impfungen vermindern, die Gefahr, an einem Infekt zu
       erkranken, steigern und zu erhöhten Cholesterinwerten führen. [2][Während
       der Schwangerschaft können Mütter PFAS an Kinder weitergeben] – das kann
       zum Beispiel ein niedrigeres Geburtsgewicht zur Folge haben.
       
       Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) fordert deshalb, kunststoffbeschichtete
       Einwegbecher zu verbieten. „Verbraucherinnen und Verbraucher laufen Gefahr,
       gesundheitsschädigende Chemikalien mit dem Getränk aufzunehmen“, sagt
       Barbara Metz, stellvertretende Geschäftsführerin der DUH. Pro Minute fielen
       in Deutschland 5.300 [3][Einwegbecher für Heißgetränke] an. Im Jahr sind
       das 2,8 Milliarden Becher. „Angesichts des ungebremsten Anstiegs von
       to-go-Verpackungen und der möglichen Gesundheitsgefahren ist es notwendig,
       das Verbot für Einweg-Kunststoffprodukte auszuweiten“, sagt Metz.
       
       ## Weniger Schadstoffe? Weniger Abfälle!
       
       [4][Das Bundeskabinett hatte vor zwei Wochen beschlossen, die neue
       EU-Kunstoffrichtlinie in Deutschland umzusetzen]. Wegwerfprodukte wie
       Trinkhalme, Plastikbesteck oder Styroporbecher sollen verboten werden –
       beschichtete Einwegbecher allerdings nicht. Weil der Bundestag die Regelung
       noch beschließen muss, fordert Metz, dass sich die Abgeordneten nun dafür
       einsetzen sollen, dass das Einwegverbot ausgeweitet wird.
       
       Das Bundesumweltministerium erteilt diesem Vorschlag hingegen eine Absage:
       Die [5][EU-Einwegkunststoffrichtlinie] ziele darauf ab, dass weniger
       Kunststoffabfälle in die Umwelt gelangen. „Schadstoffaspekte bei der
       Benutzung der Kunststoffprodukte spielen bei diesen abfallrechtlichen
       Regelungen keine Rolle“, sagte eine Sprecherin des Ministeriums auf Anfrage
       der taz. Die EU-Vorgaben würden eins zu eins in deutsches Recht umgesetzt.
       Getränkebecher aus Kunststoff seien nicht generell verboten. Darüber
       hinausgehende Verbote von Verpackungen seien aufgrund des europarechtlichen
       Rahmens nicht möglich.
       
       Sprich: Einwegbecher werden weder verboten, um die Umwelt zu schützen,
       noch, weil sie gesundheitsschädigend sind. Ignoriert die Politik also die
       Gefahr durch die Chemikalien in den Bechern? Das Bundesumweltministerium
       teilt auf Nachfrage dazu mit, nicht für PFAS in Einweggeschirr zuständig zu
       sein. Die Verpackung von Lebensmittel sei Aufgabe des
       Bundeslandwirtschaftsministeriums. Dieses verweist auf die Verantwortung
       der Hersteller. Die seien gesetzlich verpflichtet, sicherzustellen, dass
       die Becher keine Bestandteile auf Lebensmittel in Mengen abgeben, die
       geeignet sind, die menschliche Gesundheit zu gefährden.
       
       Die deutsche Umwelthilfe rät Verbrauchern jedenfalls, statt Einwegbechern
       unbedenkliche Mehrwegbecher zu nutzen. Damit das in Bäckereien und Kantinen
       auch wirklich überall möglich ist, fordert sie außerdem eine gesetzliche
       Mehrwertquote. Hierzu teilt das Bundesumweltministerium mit, dass „im
       Zusammenhang mit der Umsetzung der Einwegkunststoffrichtlinie derzeit auch
       zusätzliche Maßnahmen zur Förderung von Mehrwegbechern geprüft werden“.
       
       10 Jul 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/2546/publikationen/uba_sp_pfas_web_0.pdf
   DIR [2] https://www.umweltbundesamt.de/presse/pressemitteilungen/kinder-jugendliche-haben-zu-viel-pfas-im-blut
   DIR [3] /Das-Ende-des-Coffee-to-go-Pappbechers/!5514540
   DIR [4] /Verbot-fuer-Einwegplastik-im-Kabinett/!5696920&s=einweg/
   DIR [5] /Neue-Richtlinien-gegen-Muell/!5581659&s=einweg/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Sandra Röseler
       
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