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       # taz.de -- Verurteilter Trump-Berater Roger Stone: US-Präsident begnadigt Trickster
       
       > Wegen seiner Verwicklung in die Russland-Affäre hätte Stone drei Jahre in
       > Haft sitzen sollen. Doch dank Trump bleibt er ein freier Mann. Die
       > Demokraten sind erbost.
       
   IMG Bild: War offenbar selbst der umtriebigste Aktivist der Kampagne für seine Haftentlassung: Roger Stone
       
       WASHINGTON dpa | US-Präsident Donald Trump hat seinem in der
       Russland-Affäre verurteilten Vertrauten Roger Stone die Gefängnisstrafe
       erlassen. „Roger Stone ist jetzt ein freier Mann!“, teilte das Weiße Haus
       am Freitagabend mit. [1][Der zu mehr als drei Jahren Haft Verurteilte] wäre
       im Gefängnis einem ernsthaften medizinischem Risiko ausgesetzt gewesen,
       hieß es weiter.
       
       Auch hätten die Verfolgung Stones und das „ungerechte Urteil“ gegen den
       67-Jährigen Trump zu seiner Entscheidung bewogen. „Roger Stone hat bereits
       sehr gelitten. Er wurde sehr ungerecht behandelt, wie viele andere in
       diesem Fall.“ Demokraten kritisierten die Entscheidung scharf und warfen
       dem Präsidenten Amtsmissbrauch vor.
       
       In der Russland-Affäre hatte FBI-Sonderermittler Robert Mueller die
       Vorwürfe zu illegalen Beziehungen zwischen dem Trump-Wahlkampfteam – mit
       dem auch Stone zusammenarbeitete – und Vertretern Russlands untersucht. In
       der im Frühjahr vergangenen Jahres abgeschlossenen Untersuchung fand
       Mueller keine Belege dafür, dass es vor der Wahl 2016 Geheimabsprachen
       zwischen dem Trump-Wahlkampfteam und Vertretern Russlands gegeben habe.
       Eine Behinderung der Ermittlungen der Justiz durch Trump schloss Mueller in
       seinem Bericht nicht aus.
       
       Stone allerdings war im Februar wegen Vergehen im Zusammenhang mit der
       Affäre zu einer Haftstrafe von mehr als drei Jahren verurteilt worden. Eine
       Jury sah es als erwiesen an, dass er sich im Zusammenhang mit Kontakten zur
       Enthüllungsplattform Wikileaks unter anderem der Falschaussagen, der
       Behinderung von Ermittlungen und der Beeinflussung von Zeugen schuldig
       gemacht hat. Stone hatte die Vorwürfe zurückgewiesen.
       
       Wegen der Schwere von Stones Vergehen hatten die Ankläger dem Bundesgericht
       in Washington eine Haftstrafe von sieben bis neun Jahren Gefängnis
       empfohlen. Im Anschluss hatte Trump seiner Wut auf Twitter Luft gemacht,
       das vorgeschlagene Strafmaß scharf kritisiert und von einer „Verfehlung der
       Justiz“ gesprochen. [2][Aus Trumps Sicht ist Stone ein Opfer der
       „illegalen“ Russland-Ermittlungen]. Der Präsident sieht sich selbst als
       eines der größten Opfer dieser „Hexenjagd“.
       
       Spekulationen, wonach Trump Stone begnadigen könnte, hielten sich
       hartnäckig. Normalerweise stellt sich das Justizministerium nicht gegen
       Empfehlungen von Staatsanwälten. Nach Trumps Äußerungen hatte die Behörde
       allerdings erklärt, der Vorschlag der Ankläger sei „exzessiv und
       ungerechtfertigt“.
       
       Stone hatte nach Medienberichten noch kurz vor der Verkündigung der
       Entscheidung mit seiner Begnadigung geliebäugelt. In Richtung Trumps sagte
       er laut NBC-Journalisten Howard Fineman: „Er weiß, dass ich unter enormem
       Druck stand, mich gegen ihn zu wenden. Das hätte meine Situation erheblich
       erleichtert. Aber ich habe es nicht getan.“
       
       Der Exzentriker Stone mit seinen schlohweißen Haaren gilt als eine der
       schillerndsten Figuren in der amerikanischen Politik. Seit Jahrzehnten zog
       er aufseiten der Republikaner hinter den Kulissen viele Fäden und schreckte
       auch nicht vor „dreckigen Tricks“ zurück, wie er selbst zugibt. Als
       Verehrer von Richard Nixon hat der 67-Jährige sogar ein Tattoo des
       ehemaligen Präsidenten auf seinem Rücken, das er bei einer
       Netflix-Dokumentation über sein Leben selbst zeigte.
       
       Seine zahlreichen Feinde bezeichnete Stone als „Verlierer“ und hatte stets
       eine klare Botschaft an sie: „Ich schwelge in Eurem Hass, denn wenn ich
       nicht effektiv wäre, würdet Ihr mich nicht hassen“. Zu den Gerichtsterminen
       in jüngster Vergangenheit erschien Stone gerne mit einem süffisanten
       Lächeln auf dem Gesicht. Trump beriet er als schon seit Jahrzehnten.
       
       ## Bemerkenswert feindselige Stellungnahme
       
       Die Stellungnahme des Weißen Hauses vom Freitag las sich bemerkenswert
       feindselig und griff die Russland-Ermittlungen noch einmal scharf an.
       „Diese Anschuldigungen waren das Produkt von Rücksichtslosigkeit, die von
       Frustration und Bosheit getragen wurde“, hieß es. „Aus diesem Grund hatten
       die außer Kontrolle geratenen Staatsanwälte von Mueller, die verzweifelt
       nach spritzigen Schlagzeilen suchen, um eine fehlgeschlagene Untersuchung
       zu kompensieren, Herrn Stone ins Visier genommen.“
       
       Scharfe Kritik an der Entscheidung Trumps kam vom Vorsitzenden des
       Geheimdienstausschusses im Repräsentantenhaus, Adam Schiff. „Stone hat
       gelogen und Zeugen eingeschüchtert“, [3][schrieb er auf Twitter]. „Mit
       Trump gibt es jetzt zwei Justizsysteme in Amerika: Eine für Trumps
       kriminelle Freunde und eine für alle anderen.“
       
       Zuletzt hatte ein Ermittler aus Robert Muellers Team vor dem
       Justizausschuss des US-Repräsentantenhauses ausgesagt, dass Stone wegen
       seiner Nähe zu Trump von der US-Justiz begünstigt würde. „Ich habe –
       wiederholt – gehört, dass Roger Stone wegen seiner Beziehung zum
       Präsidenten anders als alle anderen Angeklagten behandelt wurde“, sagte
       Staatsanwalt Aaron Zelinsky.
       
       Stone ist nur das jüngste Beispiel für politische Entscheidungen der
       Regierung, die Trumps Freunden zugute kommen. Im Mai hatte das
       Justizministerium beantragt, die Vorwürfe gegen den ehemaligen
       Sicherheitsberater Michael Flynn einzustellen. [4][Auch Flynn war in die
       Russland-Affäre verstrickt]. Zuletzt hatte der prominente New Yorker
       Staatsanwalt Geoffrey Berman sein Amt im Machtkampf mit der Regierung
       niedergelegt. Berman hatte auch gegen Mitarbeiter Trumps ermittelt.
       
       11 Jul 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Russlands-Einmischung-in-die-US-Politik/!5665409
   DIR [2] /Skandalverfahren-gegen-Trump-Vertrauten/!5663411
   DIR [3] https://twitter.com/RepAdamSchiff/status/1281740612396556291
   DIR [4] /US-Sicherheitsberater-zurueckgetreten/!5380830
       
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