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       # taz.de -- Abschiebungen aus Deutschland: Twittersturm Richtung Lufthansa
       
       > Lufthansa und Tochtergesellschaften führen bislang jede vierte
       > Abschiebung durch. In dieser Woche beginnt eine Kampagne „Lufthansa
       > abschiebfrei“.
       
   IMG Bild: Die Lufthansa führte bislang ein Viertel aller Abschiebungen durch
       
       Berlin taz | Mit einem Twittersturm begann am Montag die Kampagne
       [1][Lufthansa] #Abschiebefrei – #SayNoToDeportations. Mehr als 20
       zivilgesellschaftliche Initiativen und Organisationen, darunter die
       Flüchtlingsräte von Bayern, Sachsen-Anhalt und Hamburg, fordern die
       Lufthansa auf, mit ihren Flugzeugen keine [2][Abschiebungen] mehr
       durchzuführen. „Lufthansa muss endlich aufhören, Menschen gegen ihren
       Willen zu transportieren, und sich klar gegen Rassismus positionieren“,
       fordert Nadija Martin von der Gruppe No Border Assembly, die die Kampagne
       initiierte.
       
       22.097 Menschen wurden im Jahr 2019 aus Deutschland abgeschoben, unter
       ihnen 3.806 Minderjährige. Mit 5.885 entfallen mehr als 25 Prozent der
       Abschiebungen auf Maschinen der Lufthansa und ihrer Tochtergesellschaften.
       „Im Rahmen ihres Neustarts nach der Coronapause hat die Lufthansa die Wahl:
       Ernst zu machen mit der Übernahme globaler sozialer Verantwortung oder
       weiterhin Menschen ins Elend zu schicken“, so Martin gegenüber der taz.
       
       Nicht jede Fluggesellschaft führt Abschiebeflüge durch. Die britische
       Fluggesellschaft Virgin Atlantic verweigert seit 2018 den Verkauf von
       Tickets für Abschiebungen aus Großbritannien und Australien. Im Jahr 2019
       erklärten sechs US-amerikanische Fluggesellschaften, darunter United, Delta
       und American Airlines, keine Kinder mehr zu befördern, die an den
       US-Grenzen von ihren Familien getrennt wurden.
       
       Laut Paragraf 12 des Luftsicherheitsgesetz dürfen Pilot*innen die
       erforderlichen Maßnahmen treffen, um eine im einzelnen Fall bestehende
       Gefahr für Personen an Bord des Luftfahrzeugs oder für das Luftfahrzeug
       selbst abzuwehren. Pilot*innen der Lufthansa Group machten von diesem Recht
       im Jahr 2019 in 309 Fällen Gebrauch, sie verweigerten den Transport von
       Abzuschiebenden. Das ergibt eine Kleine Anfrage der Linken im Bundestag.
       
       ## Mehr Gewalt bei Abschiebungen
       
       Die Anfrage der Linken macht auch deutlich, dass der Einsatz von
       „Hilfsmitteln der körperlichen Gewalt“ im Jahr 2019 gegenüber dem Vorjahr
       massiv zugenommen hat. In 1.764 Fällen setzten Polizist*innen Hand- und
       Fußfesseln, Stahlfesseln oder sogenannte Body Cuffs ein, um Abschiebungen
       gegen den Willen der Asylsuchenden durchzusetzen – im Vergleich zu 1.231
       Fällen im Jahr 2018 und 135 im Jahr 2015. „Diese Brutalisierung der
       Abschiebepolitik ist besorgniserregend und muss schnellstens gestoppt
       werden“, fordert die innenpolitische Sprecherin der Fraktion, Ulla Jelpke,
       und reagierte damit auf die Antwort der Bundesregierung.
       
       Wie deren Antwort ergibt, ist nicht nur der Einsatz von Fesselungsmitteln,
       sondern auch die Anzahl der begleitenden Polizist*innen deutlich
       angestiegen. Während 2017 noch 8.100 Beamt*innen zur
       „Sicherheitsbegleitung“ eingesetzt wurden, waren es 2019 bereits 14.074.
       Gleichzeitig ging die Gesamtzahl der begleiteten Abschiebungen leicht
       zurück. „Ähnlich wie der gestiegene Einsatz von Fesselungsmitteln ist auch
       dies ein Hinweis darauf, dass bestimmte Abschiebungen mit immer
       rücksichtsloserer Gewalt erzwungen werden“, befürchtet Jelpke.
       
       Entgegen den Vorwürfen der Bundespolizei stellte sich die
       Piloten-Berufsvereinigung Cockpit zuletzt im Jahr 2019 hinter Flugkapitäne,
       die Abschiebungen von abgelehnten Asylsuchenden verhindern. Man sei
       überzeugt, dass eine Beförderung nur abgelehnt würde, wenn es Anzeichen für
       eine Gefährdung der Sicherheit des Fluges oder anderer Fluggäste bestünde,
       sagte Cockpit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Gegenüber der taz erklärt
       Lufthansa, dass Abschiebungen gegen den Willen der Betroffenen
       grundsätzlich abgelehnt würden. Einzelne Kampagnen kommentiere man nicht.
       Derweil freut sich die initiierende Gruppe No Border Assembly über den
       Erfolg des Twittersturms. „Viele User*innen haben unsere Hashtags
       #Abschiebefrei und #SayNoToDeportations bereits aufgegriffen“, erklärt
       Pressesprecherin Martin.
       
       27 Jul 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Staatshilfen-fuer-die-Lufthansa/!5697112
   DIR [2] /EU-Grenzschutzagentur-Frontex/!5701399
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Franziska Schindler
       
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