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       # taz.de -- Coronabedingter Aufenthalt: Gestrandet in Kamerun
       
       > Das Konsulat ist nicht für alle Berliner*innen zuständig. Vor allem für
       > Menschen mit Aufenthaltsstatus ist die Rückreise nicht so einfach
       
   IMG Bild: Anzeigentafel am Flughafen Tegel: Einfach aus Kamerun zurückzureisen ist derzeit nicht möglich
       
       Berlin taz | Während derzeit Urlaubsreisende aus dem zwei- oder
       dreiwöchigen Sommerurlaub nach Berlin zurückkehren oder in diesen
       aufbrechen, stecken einige Berliner*innen seit Monaten noch in einer
       Anfang des Jahres angetretenen Reise fest. So wie Elvis Lazare Tagueu. Seit
       März steckt der 39-jährige Berliner in Kamerun fest. Er war Ende Februar
       für vier Wochen hingeflogen, um dort seinen Vater und weitere Verwandte zu
       besuchen. Aus den vier Wochen sind wegen der Pandemie inzwischen knapp fünf
       Monate geworden. Oder, um genauer zu sein: wegen Corona und wohl auch wegen
       seines Aufenthaltsstatus: Denn er hat zwar einen unbefristeten Aufenthalt
       in Berlin, ist aber kein deutscher Staatsbürger.
       
       „Die Ausländerbehörde und die Deutsche Botschaft haben mich überhaupt nicht
       unterstützt“, sagt er. „Es ist nicht zu verstehen, dass ich bisher nicht
       ausreisen konnte.“ Auch ohne deutschen Pass sei er schon lange Arbeitnehmer
       und Steuerzahler in Deutschland. Kamerun hatte seine Grenzen als Reaktion
       auf die Pandemie am 18. März dichtgemacht, der normale Flugverkehr wurde
       eingestellt – doch es gab weiterhin Flüge für Rückkehrer*innen, darunter
       auch drei von der Bundesregierung.
       
       Dringend ist die Rückreise für Tagueu nicht nur wegen seiner Arbeit,
       sondern auch, weil in Berlin seine 12-jährige Tochter lebt. Tagueu ist
       alleinerziehend, für die Dauer seiner Kamerun-Reise war sie bei Freunden in
       Berlin untergekommen. Nun ist sie schon seit Monaten ohne
       erziehungsberechtigten Elternteil in Berlin. „Ich habe jetzt Elternabende
       verpasst und Termine, die wichtig für ihren Schulwechsel waren“, sagt er.
       „Schon wegen meiner Tochter hätte das Konsulat meiner Rückreise als
       Härtefall zustimmen sollen.“
       
       Dafür, dass er bisher nicht zurückreisen konnte, macht er die Behörden
       verantwortlich. „Air France ist durchgehend geflogen. Aber nur, wer
       offiziell angemeldet wurde, konnte in den Flügen einen Platz bekommen“,
       sagt er. „Sie haben mir beim Konsulat gesagt, dass sie für mich nicht
       zuständig sind und nichts für mich tun können.“ Tagueu klingt erst genervt
       und dann ziemlich schnell wütend am Telefon.
       
       ## Kein Anspruch auf Betreuung
       
       Für ihre Rückholaktion hatte die Bundesregierung sich zu Anfang der
       Pandemie noch feiern lassen, die Zahlen waren beachtlich: ab März waren
       rund 67.000 Personen mit mehr als 270 Flügen aus insgesamt 65 Ländern
       zurückgebracht worden – die hatten in erster Linie aber auch einen
       deutschen Pass. Ohne den ist es schon schwieriger: Für „Angehörige aus
       Drittstaaten mit bestehendem Aufenthaltsrecht“ seien grundsätzlich die
       Behörden des Staats der Staatsangehörigkeit zuständig, heißt es aus dem
       Auswärtigen Amt. Im Falle des Aufenthalts im Heimatstaat – wie er hier
       offenbar vorliege – bestehe kein Anspruch auf konsularische Betreuung.
       
       „Unabhängig davon haben wir uns im Rahmen der Rückholungsaktion bemüht,
       auch Angehörigen dritter Staaten mit Lebensmittelpunkt in Deutschland eine
       Rückkehrmöglichkeit anzubieten, soweit die verfügbaren Kapazitäten das
       zuließen“, heißt es weiter. Für das Amt läuft jemand wie Tagueu nun als
       Einzelfall, Zahlen darüber, wie viele Menschen mit ständigem Aufenthalt in
       der Bundesrepublik noch in anderen Ländern festsitzen, hat das Amt nicht.
       
       Tagueu sagt, er habe inzwischen seinen ganzen Jahresurlaub nehmen müssen
       und befinde sich nun im unbezahlten Urlaub: ohne Einkommen, aber mit
       doppelten Kosten, denn seine Miete in Berlin läuft weiter, dazu kommen
       Hotelkosten und Kosten für Telefonate und Papiere in Kamerun. Er möchte von
       den Behörden nun eine Kompensation. Und er hofft weiter auf einen baldigen
       Rückflug.
       
       28 Jul 2020
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Uta Schleiermacher
       
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