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       # taz.de -- Proteste im Fernen Osten Russlands: Putins System zeigt Risse
       
       > In Chabarowsk gehen weiter Zehntausende gegen den russischen Präsidenten
       > auf die Straße. Dem Kreml fehlt die Übung im notwendigen Dialog.
       
   IMG Bild: Zehntausende demonstrieren in Chabarowsk für „ihren“ Furgal
       
       Es begann mit dem Füttern von Tauben. [1][Auf dem zentralen Platz von
       Chabarowsk,] dem einstigen Militärposten in Russlands Fernem Osten. Die
       Tauben müssten sich längst überfressen haben, denn das Codewort von der
       Fütterung der Vögel greift seit mehr als zwei Wochen. Acht Flugstunden von
       Moskau entfernt prallt hier die Realität der Menschen mit der vorgestellten
       Realität des Kremls zusammen und führt vor, wie unbeholfen sich die
       Zentralregierung in Moskau gibt, so kurz nach dem „Triumph“ Putins bei der
       Änderung der russischen Verfassung.
       
       Seit am 9. Juli Spezialkräfte den mittlerweile abgesetzten [2][Gouverneur
       der Chabarowsk-Region, Sergei Furgal,] festgenommen haben, kommt die Region
       nicht zur Ruhe. Zehntausende demonstrieren für „ihren“ Furgal. Dass sich
       der einstige Arzt mit seinen Altmetallgeschäften die Hände schmutzig
       gemacht haben könnte, halten viele der Demonstrant*innen gar nicht einmal
       für abwegig.
       
       Ihnen geht es um Tieferes: Furgal ist ein Katalysator für die
       Unzufriedenheit der Menschen mit der „Macht“ in Moskau. Der von ihnen
       gewählte Gouverneur hatte einige populäre Entscheidungen getroffen und gab
       den Menschen das Gefühl, dass sich etwas ändern könnte, auch wenn sich
       letztlich nicht viel geändert hatte. Die Hoffnung aber, sie war wieder da.
       Mit der Festnahme Furgals fühlen sich viele durchaus loyale und dem Kreml
       sonst gewogene Bürger*innen ihrer Mündigkeit beraubt.
       
       Für diese Mündigkeit gehen sie auf die Straße und legen offen, dass Putins
       Machtvertikale Risse bekommen hat. [3][Risse, die der Kreml nun mit den
       bewährten Mitteln zu kitten versucht]: Abgekoppelt von der
       Lebenswirklichkeit seines Volkes, setzt er den Chabarowskern mit dem
       39-jährigen Michail Degtjarjow einen neuen Gouverneur vor die Nase, einen
       regionsfremden, aufstrebenden Polittechnokraten. Degtjarjow ist die Wahl
       Putins, nicht die Wahl der Chabarowsker.
       
       Der Kreml spricht von „sich beruhigender Lage“, die Proteste aber werden
       größer. Der Spalt ist zu groß für einen Kitt, im Dialog aber ist der Kreml
       – im Gegensatz zur Gewaltanwendung – nicht geübt.
       
       28 Jul 2020
       
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