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       # taz.de -- Entwicklung für Bremen-Nord: Der Norden bleibt abgehängt
       
       > Mit einem Strukturkonzept versucht der Senat seit eineinhalb Jahren
       > Bremen-Nord voranzubringen. Das klappe gut, findet man zumindest im
       > Rathaus.
       
   IMG Bild: Nicht alles in Bremen-Nord liegt darnieder: Mit Schiffen für Superreiche wird viel Geld verdient
       
       Bremen taz | In Bremen-Nord liegen sehr arme Quartiere dicht an dicht mit
       wohlhabenderen Gegenden. Der Migrationsanteil der Bevölkerung ist hoch und
       räumlich wie ökonomisch liegt der Bezirk vom Zentrum weit abgeschieden. Um
       seine Probleme – eine hohe Arbeitslosenquote und ein hohes Armutsrisiko –
       zu lösen, hat der Senat daher vor eineinhalb Jahren das „Integrierte
       Struktur- und Entwicklungskonzept Bremen-Nord“ (ISEK) beschlossen.
       „Gleichwohl ist seitdem wenig öffentlich Sichtbares geschehen“,
       [1][schreibt die Arbeitnehmerkammer] im April dieses Jahres. Auch die
       Opposition ist enttäuscht.
       
       Dabei passiere viel, sagt Martin Prange, Senatsbeauftragter für den Bremer
       Norden. Vor wenigen Wochen habe der Senat die Gelder für den geplanten
       Berufsschul-Campus auf dem BWK-Gelände in Blumenthal freigegeben. „Das ist
       eine massive Besserstellung für den Stadtteil“, so Prange. Auch dass die
       Gewoba die Wohnungen in der Lüssumer Heide Anfang des Jahres dem privaten
       Konzern Vonovia abgekauft hat, sei ein Fortschritt.
       
       Des Weiteren werde der Ringschluss der Autobahn 281 wie geplant 2024
       vollzogen sein. So steht es auch in einer [2][Senatsantwort aus dem März
       auf eine Anfrage der CDU], in der die Fraktion „endlich konkrete Maßnahmen“
       gefordert hatte. „Bis auf einige wenige Verkehrsprojekte haben die im ISEK
       aufgeführten Vorschläge Eingang gefunden in die Maßnahmenplanungen der
       Ressorts“, sagte der Senat dazu.
       
       Ein neues Programm zur Förderung kleiner Quartiere sei ebenso auf den Weg
       gebracht, sagt Prange. Ein Fortschritt, denn: „Gerade in Burglesum treten
       soziale Probleme sehr kleinteilig auf.“ Arme und reiche Gegenden treffen
       hier unmittelbar aufeinander, etwa im Alwin-Lonke-Quartier, das Teil des
       Förderprogramms ist.
       
       Oder in der Grohner Dühne: Rechne man diese heraus, stünde Vegesack
       sozialstrukturell wie Oberneuland dar, sagt Prange. „Hier prallen
       verschiedene Lebensumstände aufeinander.“ Was genau mit den bewilligten
       170.000 Euro passieren soll, erarbeite gerade das Sozialressort.
       
       Auch in Sachen Kitaplätze erfülle man das Soll, sagt Prange: Der
       angestrebte Betreuungsschlüssel von 98 Prozent bei den Drei- bis
       Sechsjährigen und 50 Prozent bei den jüngeren sei in Burglesum erfüllt, in
       Blumenthal sogar übererfüllt. Lediglich in Vegesack hänge man ein wenig
       hinterher. Einziger Haken: Die geschaffenen Plätze können nicht komplett
       genutzt werden – „weil das Personal fehlt“, so Prange.
       
       Der Kitaausbau ist eine staatliche Pflichtaufgabe, keine Strukturpolitik,
       kritisiert Rainer Bensch (CDU), Bürgerschaftsabgeordneter aus Bremen-Nord.
       Die Schaffung des Berufsschulcampus sei zwar ein Signal, und sowieso
       parteiübergreifender Konsens, so Bensch. Aber andere Erfolge? „Da ist gar
       nichts gelaufen.“ Der ISEK sei ein „Beruhigungsprogramm“, sagt er, wirft
       der Regierung politisches Versagen vor und fordert ein
       Sonderinvestitionsprogramm.
       
       „Warum verlagert man nicht gezielt Behörden nach Bremen-Nord, die es
       ohnehin schon gibt?“ Dass Teile des Finanzamtes stattdessen sogar aus dem
       Norden abgezogen worden seien, sei „intern logisch, aber strukturpolitisch
       eine Farce“.
       
       Auch eine Stärkung der [3][finanziell maroden Jacobs-Universität], etwa
       durch die Schaffung eines Medizinstudiengangs, müsse in Erwägung gezogen
       werden. Für Bensch steht fest: „Die Jacobs-Uni darf als letzter großer
       Arbeitgeber nicht geopfert werden.“ Des Weiteren fordere er eine schnelle
       und unbürokratische Förderung Bremer Start-ups, diese könnte man in
       Bremen-Nord verorten.
       
       ## Die tatsächliche Wirkung des Strukturkonzepts ist umstritten
       
       Auch der [4][Wirtschafts- und Strukturrat Bremen-Nord kritisierte] zuletzt
       das „Fehlen einer konkreten Strategie für eine nachhaltig erfolgreiche
       Entwicklung des Bremer Nordens“. Maja Tegeler ist da anderer Meinung. Für
       die Fraktionssprecherin der Linkspartei für Bremen-Nord steht das Thema „im
       Fokus der Regierung“. Blumenthal sei unter anderem durch das
       La-Strada-Festival kulturell aufgewertet worden; am Vegesacker Bahnhof sei
       der Bebauungsplan für das umliegende Gelände auf dem Weg.
       
       Auch den geplanten Berufsschul-Campus begrüßt Tegeler. Ungelöst sei dagegen
       der Umgang mit der Jacobs-Universität. „Jetzt wird es darauf ankommen, ob
       und wie die Universität eine Anbindung an die öffentliche Hochschule
       bekommt.“ Wie eine Lösung für die Privat-Uni aussehen kann, sei noch
       unklar, sagt Prange.
       
       Selbst Tegeler bezweifele aber, dass die Bemühungen des Senats auf das ISEK
       zurückzuführen seien. Es bündele verschiedene Punkte, werde aber „höher
       bewertet, als es real ist“. Das Konzept habe zwischen den Stadtteilen eine
       Diskussion darüber befördert, wie der Norden voran gebracht werden könne,
       findet indes Prange.
       
       28 Jul 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.arbeitnehmerkammer.de/fileadmin/user_upload/Downloads/Jaehrliche_Publikationen/Lagebericht2020_Santner2_Bremen-Nord.pdf
   DIR [2] https://www.bremische-buergerschaft.de/dokumente/wp20/stadt/drucksache/D20S0146.pdf
   DIR [3] /Bremer-Pivatuni-ist-gescheitert/!5693283
   DIR [4] http://www.wir-bremennord.de/aktuelles-presse-wirtschafts-und-strukturrat-bremen-nord/154-strategie-f%C3%BCr-den-bremer-norden-fehlt.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Alina Götz
       
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