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       # taz.de -- Positive Corona-Tests im der MLB: Baseball in Zeiten der Seuche
       
       > Nach einer Reihe positiver Covid-19-Tests bei den Miami Marlins steht das
       > Hygienekonzept der MLB in der Kritik. Der Chef der Liga wiegelt ab.
       
   IMG Bild: Gefährliche Nähe: Die Spieler der Miami Marlins nach ihrem Sieg gegen die Phillies
       
       Alles schien wundervoll. Eine nimmermüde Sonne beschien am vergangenen
       Wochenende die ersten Baseball-Spiele des Jahres. Auf den Tribünen saßen
       zwar [1][nur einzelne Pappkameraden], aber die Einschaltquoten für den
       Auftakt der mit drei Monaten Verspätung doch noch angelaufenen Saison waren
       mehr als ordentlich. Auch für Max Kepler lief es prächtig: Der Berliner in
       Diensten der Minnesota Twins beförderte gleich den allerersten Pitch, den
       er zu sehen bekam, in die Zuschauerränge. Und auch bei seinem zweiten
       Auftritt als Batter schlug Kepler einen Homerun. Natürlich, so konnte es
       nicht weitergehen.
       
       Kepler stürzte nach zwei Homeruns in den ersten beiden Gelegenheiten in
       eine Formkrise und schlägt seitdem konsequent Luftlöcher. Und die Major
       League Baseball (MLB) erlebte bereits nach drei Spieltagen den GAU. Kaum
       war das Eröffnungswochenende zu Ende, wurden mindestens elf Spieler und
       zwei Trainer der Miami Marlins positiv auf Covid-19 getestet. Die Spiele
       der Marlins gegen die Baltimore Orioles wurden erst einmal verschoben,
       ebenso wie die Spiele der Philadelphia Phillies, der Gegner der Marlins in
       den ersten drei Partien. Mehr noch: Nun droht die Absage der gesamten
       Spielzeit.
       
       Noch will man das – offiziell zumindest – bei den Verantwortlichen aber
       noch nicht wahrhaben. Nein, die Liga erlebe mitnichten gerade ihren
       schlimmsten Albtraum, erklärte Commissioner Rob Manfred in seinem eigenen
       TV-Sender. „Wir haben damit gerechnet, dass wir irgendwann auch positive
       Tests haben werden“, sagte der MLB-Boss, der seit Monaten kein Interview
       mehr mit einem unabhängigen Medium geführt hat. „Wir haben Verfahrensweisen
       entwickelt, die es uns ermöglichen sollen, auch bei positiven Tests
       weiterzuspielen. Wir glauben, dass diese Verfahrensweisen tauglich sind,
       unsere Spieler zu schützen.“
       
       Manfred spricht vor allem von einem 113 Seiten dicken Manual mit
       Verhaltensregeln, Testprotokollen und sonstigen Vorschriften, mit denen der
       coronakrisensichere Verlauf der von 162 auf 60 Spiele verkürzten Saison
       gesichert werden sollte. Nun musste man aber nur mal ein Spiel im Fernsehen
       verfolgen, um zu sehen, dass schon die einfachsten Verhaltensregeln nicht
       konsequent eingehalten wurden.
       
       Längst nicht alle Spieler saßen mit Mund-und-Nasen-Schutz auf der Bank –
       und nach erfolgreichen Aktionen wurde auch schon mal ein eigentlich
       verbotenes High-Five ausgetauscht. Nicht nur Brandon Nimmo, Profi bei den
       New York Mets, demonstrierte noch am Montag, nachdem die ersten positiven
       Tests bekannt geworden waren, eine gewisse Sorglosigkeit: „Nein, das macht
       mich nicht vorsichtiger. Ich will einfach aufs Feld und Spaß haben.“
       
       ## Keine Blase
       
       Tatsächlich liegt der Fehler nicht unbedingt bei einzelnen Akteuren,
       sondern im System. Auf eine Lösung wie in der NBA oder NHL, die ab dem
       kommenden Wochenende versuchen, in sogenannten [2][Bubbles], möglichst
       abgeschlossen von der Öffentlichkeit, den Spielbetrieb wieder aufzunehmen,
       kam in der MLB nicht zustande. Die Spieler wollten nicht über Monate auf
       den Kontakt zu Familien und Freunden verzichten, die Klub-Eigner nicht auf
       die Einnahmen aus dem Stadion-Sponsoring.
       
       Die Folge: 30 Mannschaften samt Trainern, Funktionären und sonstigen
       Angestellten werden nun quer durch ein Land gekarrt, in dem ein Virus
       wütet, das bald 150.000 Menschenleben gefordert haben wird. Sie sitzen
       stundenlang in Flugzeugen und führen ansonsten ein nahezu normales Leben
       mit sozialen Kontakten aller Art.
       
       Dass das keine gute Idee ist, war Einzelnen schon vorher aufgefallen. Die
       fühlen sich jetzt bestätigt. „Ein Grund, warum ich gerade zu Hause bin,
       war, dass die Gesundheit der Spieler nicht an erster Stelle stand“,
       twitterte David Price, Pitcher der Los Angeles Dodgers, der sich schon vor
       dem Saisonstart selbst Kurzarbeit null verordnet hatte. „Das hat sich
       offensichtlich nicht geändert.“
       
       Solche Bedenken kontern die Verantwortlichen mit Zynismus. MLB-Chef Manfred
       verwies darauf, dass man in weiser Voraussicht doch die Kaderstärken der
       Teams vergrößert habe. Man sei vorbereitet auf solche Ausbrüche. Die paar
       Ausfälle durch positive Tests könnten die Marlins doch problemlos
       verkraften, es gäbe ja noch genug Spieler, die auf ihren Einsatz warten.
       The games must go on. Anscheinend um jeden Preis.
       
       28 Jul 2020
       
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