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       # taz.de -- Personalie im Außenministerium: Über den Gartenzaun hinaus
       
       > Der Blick in die Vergangenheit hilft. So passieren bestimmte Fehler
       > nicht, wie die Berufung einer fragwürdigen Mitarbeiterin ins
       > Außenministerium.
       
   IMG Bild: Nurhan Soykan während eines Treffens mit Bundeskanzlerin Angela Merkel im September 2015
       
       Wer davon ausgeht, dass Außenpolitik nur außerhalb der Grenzen Deutschlands
       und Europas stattfindet, irrt sich gründlich. Die Welt ist längst da und
       der Deutsche längst in der Welt (auch wenn das oft keine gute Idee ist). Um
       den Anforderungen der vernetzten Welt gerecht zu werden, wird man in die
       Schule geschickt und dort nicht nur auf den Arbeitsmarkt, sondern auch auf
       politische Mündigkeit vorbereitet. Dazu gehört der Geschichtsunterricht.
       
       Doch es genügt nicht, nur Deutsche Geschichte zu lernen (wobei man deutsche
       Geschichte nie genug lernen kann, wenn man sich die neurechten Auswüchse
       und den Geschichtsrevisionismus deutschtümmelnder Deutscher ansieht), auch
       globale Geschichte gehört auf den Lehrplan. Neben Kolonialismus, den von
       den Deutschen verübten Genozid an den Herero und Nama, gehört auch der
       Genozid an den Armenier*innen verpflichtend auf den Lehrplan, zumal
       Deutschland auch Mitschuld trägt. Wenn man genauer hinsieht, ist globale
       Geschichte auch deutsche Geschichte. Und Außenpolitik fängt nicht erst
       hinter dem Gartenzaun an.
       
       Um es mit Faulkner zu sagen, die Vergangenheit ist nicht tot. Sie ist nicht
       einmal vergangen. Erst [1][vor wenigen Tagen drohte Erdoğan] nach den
       jüngsten Eskalationen an der armenisch-aserbaidschanischen Grenze: „Wir
       werden die Mission fortsetzen, die unsere Vorfahren vor Jahrhunderten im
       Kaukasus begonnen haben.“ Nicht nur an der Grenze zwischen Aserbaidschan
       und Armenien eskalierte es. In Berlin wurde ein armenisches
       Botschaftsfahrzeug in Brand gesteckt und in Köln kam es zu einem Übergriff
       auf eine armenische Shisha-Bar.
       
       Gleichzeitig stellt Heiko Maas eine neue Mitarbeiterin im Referat „Religion
       und Außenpolitik“ vor. Neben einem angehenden Rabbiner und einem Pastor
       berät nun auch Nurhan Soykan das Außenministerium in Religionsfragen.
       Soykan war entschiedene Gegnerin der [2][Armenienresolution des Bundestags]
       vor vier Jahren. Die Anerkennung des Genozids hätte, so Soykan, [3][das
       Vertrauen vieler türkischstämmiger Menschen in die deutsche Politik] und
       gerade in die türkischstämmigen Abgeordneten geschwächt.
       
       Für die Teilnehmer*innen des antisemitischen Al-Quds-Marsches in Berlin
       zeigte sie hingegen viel Verständnis, faselte dabei, dass man „nicht so
       einseitig Partei für die israelische Lobby ergreifen“ sollte. Soykan ist im
       Gegensatz zu ihren beiden Kollegen keine Theologin, sondern
       Verbandsfunktionärin beim Zentralrat der Muslime. Zum ZMD gehören unter
       anderem die Blaue Moschee Hamburg (iranisches Regime), die ATIB (Graue
       Wölfe) und bis vor Kurzem noch die DMG (Muslimbruderschaft). Zu keiner
       dieser Organisationen hat sie sich kritisch geäußert.
       
       Jemanden wie Soykan sollte man nicht ins Außenministerium berufen, sondern
       direkt in den Geschichtsunterricht und Grundkurs politische Bildung
       befördern. Und stattdessen jemanden einstellen, der den bestanden hat.
       
       29 Jul 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.youtube.com/watch?v=pfklA0sx-Ms&t=3s
   DIR [2] /Armenien-Resolution-im-Bundestag/!5309734
   DIR [3] /Die-Union-und-der-Islam/!5315424
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ronya Othmann
       
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