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       # taz.de -- Tönnies und das Verbot von Werkverträgen: Vertrauen ist nicht angebracht
       
       > Das Kabinett bricht endlich mit seiner Linie, Versprechungen der
       > Industrie zu vertrauen. Wirtschaftsliberale bringt das auf die Palme.
       
   IMG Bild: Schlachtung am Fließband: Tönnies-Mitarbeiter, neuerdings mit Corona-Schutz
       
       Die [1][Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten] (NGG) nannte den Mittwoch
       „historisch“. Aber gemach. Zwar hat das Kabinett dem [2][Entwurf für ein
       Verbot von Werkverträgen] in der Fleischindustrie zugestimmt. Doch noch ist
       das nur ein Regierungsbeschluss. Noch muss der Gesetzentwurf von
       Arbeitsminister Hubertus Heil durchs Parlament.
       
       Und nach dem, was aus den Reihen der Union zu hören ist, ist sie gewillt,
       aus dem Entwurf des SPD-Ministers Hackfleisch zu machen. Denn der will der
       Leiharbeit generell an den Kragen, und vor allem der Wirtschaftsflügel der
       Union will das schon im Ansatz unterbinden. Gut möglich also, dass dem
       Werkvertragsverbot ein ähnliches Schicksal bevorsteht wie der Grundrente.
       Sie war ein Dauerbrenner zwischen den Koalitionspartnern.
       
       Dennoch: Der Kabinettsbeschluss bricht mit der bislang ehernen Linie, im
       Umgang mit der Lebensmittelwirtschaft auf Selbstverpflichtungserklärungen
       zu setzen. Gerade auch [3][der Fall Tönnies hat gezeigt], wie viel
       Vertrauen man der Industrie schenken darf, freiwillig etwas zum Besseren zu
       wenden, egal, ob es Umwelt, Tierwohl oder Arbeitsbedingungen angeht.
       Nämlich keines. Wenn schon das Vertrauen dahin ist, dann sind nicht nur
       Gesetze wichtig, dann ist es auch Kontrolle.
       
       Deutsche Schlachtfabriken haben sich zu skandalumwitterten Orten
       entwickelt, nicht nur als Corona-Hotspots, sie waren es vorher schon für
       Listerien und Salmonellen. Die Politik muss deshalb dafür sorgen, dass ihre
       Regelungen auch effektiv überprüft werden. Und zwar, was Umwelt, Tierwohl
       und Arbeitsbedingungen angeht. Ein Blick in den Heil’schen Entwurf
       offenbart, was der Fleischwirtschaft da blüht. Er sieht Kontrollen erst ab
       2026 vor und dann in nur 5 Prozent der Betriebe jährlich, also
       durchschnittlich einmal alle 20 Jahre pro Schlachthof.
       
       Das ist zu wenig. Wenn nicht auch die Gewerbe- und Lebensmittelaufsicht
       verbessert wird, dann bekommt die Politik mit dem, was sie beschließt,
       solche Probleme wie die Industrie mit ihren schönen Absichtserklärungen.
       Man glaubt ihr nicht mehr.
       
       29 Jul 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.ngg.net/presse/pressemitteilungen/2020/ngg-fordert-arbeitgeber-der-fleischindustrie-zu-tarifverhandlungen-auf/
   DIR [2] /Verbot-von-Werkvertraegen-beschlossen/!5704767
   DIR [3] /Corona-bei-Schlachthof-Angestellten/!5703728
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jörn Kabisch
       
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