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       # taz.de -- Pilgerfahrt nach Mekka hat begonnen: Hadsch auf Sparflamme
       
       > In Saudi-Arabien hat der Hadsch begonnen. Wegen Corona dürfen aber nur
       > wenige zu den heiligen Stätten. Einige gehen illegale Wege.
       
   IMG Bild: Mit Maske und Abstand umkreisen Pilgerinnen die Kaaba der Großen Moschee
       
       Kairo taz | In Saudi-Arabien hat ein Hadsch light begonnen, eine stark
       reduzierte [1][Pilgerfahrt nach Mekka]. Statt des üblichen Meers gläubiger
       Muslime beim Gebet und beim Umrunden der Kaaba sind diesmal nur kleine
       Gruppen zu jeweils 20 Pilgern zugelassen. Gesichtsmasken und Abstand unter
       den Pilgern sind vorgeschrieben. Auf den in den letzten Jahren gigantisch
       ausgebauten Pilgerwegen, die für mehr als zwei Millionen Gläubige ausgelegt
       sind, wirken die Pilger in diesem Jahr verloren.
       
       Nachdem die saudischen Behörden monatelang gezögert hatten, den Hadsch
       wegen der [2][Coronapandemie] dieses Jahr komplett abzusagen, ließen sie
       nun eine begrenzte Form zu. Weniger als 10.000 Pilger sind erlaubt und die
       dürfen nur aus Saudi-Arabien anreisen. Zwei Drittel sind Muslime anderer
       Nationalitäten, die im Königreich leben, der Rest sind saudische
       Staatsbürger. Sie müssen unter 50 Jahre alt sein und dürfen keine
       chronischen Vorerkrankungen haben. In einer Art Hadsch-Lotterie wurde
       ausgelost, wer teilnehmen darf.
       
       Die Auserwählten müssen sich an strenge Maßnahmen halten. Sie müssen einen
       negativen Coronatest vorweisen, nachdem sie zuvor vier Tage lang in ihren
       Unterkünften in Mekka isoliert worden waren. Auch nach der Pilgerfahrt
       müssen sie sich eine Woche in Selbstisolation begeben. Bei ihrer Ankunft
       bekommen sie elektronische Armbänder, mit denen ihre Bewegungen überwacht
       werden können. Während der gesamten Pilgerfahrt müssen sie Masken tragen
       und physische Distanz halten. Jeder Pilger bekommt bei Antritt ein Paket
       vom Hadsch-Ministerium mit Masken, Desinfektionsmittel und desinfizierten
       kleinen Steinchen. Mit diesen werden sie im Laufe der Pilgerfahrt
       symbolisch den Teufel steinigen.
       
       Saudi-Arabien hofft zu verhindern, dass sich der Hadsch zu einem
       sogenannten Superspreading-Event entwickelt. Das Land hat bereits mit
       Covid-19 zu kämpfen. Laut offizieller Statistik gibt es inzwischen fast
       270.000 bestätigte Infektionen und 2.760 Tote infolge des Coronavirus.
       
       Die Weltgesundheitsorganisation WHO hofft aus dem Verlauf der Hadsch
       Erkenntnisse zu gewinnen: „Wir können von dieser Erfahrung lernen, wie sich
       die Übertragung bei solchen großen Veranstaltungen kontrollieren lässt“,
       sagt der saudische WHO-Epidemie-Experte Hanan Balkhy.
       
       ## Wirtschaftliche Folgen
       
       Die Entscheidung, den Hadsch zurückzuschrauben, hat schwerwiegende
       wirtschaftliche Folgen für den saudischen Staat, der diesmal die gesamten
       Kosten der Pilger übernimmt, von der Essensversorgung über Unterkunft und
       Transport bis zur medizinischen Versorgung.
       
       Das Land hat in den letzten Monaten bereits mit dem Absturz des Ölpreises
       zu kämpfen. Erst letzten Monat wurde ein landesweiter Lockdown aufgehoben.
       In einigen Städten galt sogar eine 24-stündige Ausgangssperre. Der IWF
       prognostiziert der Wirtschaft ein Schrumpfen von 6,8 Prozent.
       
       Die üblichen jährlichen Einnahmen aus den Pilgerfahrten und dem religiösen
       Tourismus belaufen sich in normalen Zeiten auf 12 Milliarden US-Dollar.
       Gerade die Geschäfte in Mekka und die gesamte Hadsch-Industrie, an der
       Hundertausende Arbeitsplätze hängen, sind schwer von der Einschränkung auf
       weniger als 10.000 Pilger betroffen.
       
       Einige Gläubige haben versucht, sich darüber hinwegzusetzen. Fast 250
       Menschen wurden laut einem Sprecher der saudischen Sicherheitskräfte
       festgenommen, weil sie versucht haben, illegal nach Mekka zu kommen. Um die
       für Muslime heiligen Stätten wurde ein Sicherheitsring gezogen, zu dem nur
       Menschen mit einer gültigen Pilgerlizenz Zugang haben.
       
       Immerhin, der Mufti von Dubai, Ahmed bin Abdulaziz al-Haddad, hat einen
       Trost für alle, die abgelehnt wurden. Laut seiner Fatwa wird schon die
       Bewerbung als Sündenvergebung gewertet. Allerdings entbindet sie nicht von
       der Pflicht, einmal im Leben zum Hadsch nach Mekka zu kommen.
       
       30 Jul 2020
       
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