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       # taz.de -- Alltagsrassismus in der Kneipe: Geschmackloser Mix
       
       > In den Bremerhavener Union-Stuben gibt es das Getränk „Bimbo“ auf der
       > Karte, bebildert mit einer rassistischen Karikatur. Justiziabel ist das
       > nicht.
       
   IMG Bild: Auch ein Fall von Alltagsrassismus: Straßenschild in Berlin
       
       Hamburg taz | Einen „Bimbo“? Oder zwei „Bimbos“? Oder gleich eine Runde? In
       den Union-Stuben in Bremerhaven kann der dunkle Mix aus Lakritze mit Wodka
       und Türkischem Pfeffer bestellt werden. Preis: 1,80 Euro pro Glas. Zwischen
       „Heuler“, „Küstennebel“, Erdbeerlimes und „Möwenschiss“ steht das Getränk
       auf der Karte. Dazu ein Bild: Neben einem Glas mit dunklem Inhalt ist eine
       Karikatur, schwarz, dick und mit breiten roten Lippen, abgebildet. Die
       Figur trägt einen Pullover, auf dem „Bimbo“ prangt und eine Hose, dessen
       Beine zerfranst sind.
       
       „Bimbo“ im Glas, das sei rassistisch und geschmacklos, meint das
       Aktionsbündnis „Bremerhaven bleibt bunt!“. Versteht hier an der Nordsee
       wieder einmal ein antifaschistisches Bündnis keinen einfachen Kneipenhumor?
       Geht die Political Correctness mal wieder zu weit?
       
       Mit seiner Kritik ist das Bündnis allerdings nicht allein. „Der Begriff ist
       im Kontext mit dem Bild zu sehen, wo Sprache und Bild sich wechselseitig
       verstärken. Auf klassische rassistische Weise werden da körperliche
       Merkmale hervorgehoben“, sagt Silke Betscher, Ethnologin und
       Kulturwissenschaftlerin an der Universität Bremen.
       
       Die Abbildung sei ein „klassischer Fall von Alltagsrassismus und
       kolonialen Stereotypen“. Der Begriff „Bimbo“ sei in Deutschland in der
       Kolonialzeit populär geworden, in Kinderbüchern oder Liedern. Er diente
       auch als Begriff für Tiere wie Elefanten, aber eben auch als
       diskriminierende Bezeichnung für Menschen vom afrikanischen Kontinent.
       
       ## Geschäftsführer nicht zu sprechen
       
       „Diese Getränkekarte ist ein Rückgriff auf die Kolonialzeit“, sagt
       Betscher. Allein die Benutzung dieses Worten sei eine Verletzung, die
       rassistische Vorstellungen aus der Kolonialzeit reproduziere. „Die
       Verwendung auf der Karte ist eine Einladung dazu, rassistisch zu sprechen.“
       
       Diese Einschätzung teilt Sönke Florian Gerhold, Professor für Strafrecht an
       der Universität Bremen. „Diese Getränkekarte mag geschmacklos und politisch
       nicht korrekt sein“, sagt er, doch „sie ist strafrechtlich nicht relevant.“
       Denn sie fällt weder unter den Tatbestand der Beleidigung noch unter den
       der Volksverhetzung.
       
       Die Rechtsprechung sage eindeutig, dass bei einer Beleidigung eine
       ausreichend abgrenzbare und überschaubare Personengruppe betroffen sein
       müsse. Im vorliegenden Fall könnten sich alle Menschen mit schwarzer
       Hautfarbe angesprochen fühlen und damit eine riesige, heterogene Gruppe von
       Menschen, was den Anforderungen nicht genüge. Anders ist es laut Gerhold,
       wenn jemand eine bestimme Person zum Zwecke der Herabsetzung als „Bimbo“
       bezeichnen würde. „Dann wäre das sicher eine Beleidigung“, sagt er.
       
       Der Geschäftsführer der Union-Stuben war für die taz nicht zu sprechen.
       
       30 Jul 2020
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Andreas Speit
       
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