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       # taz.de -- Dieselgate in Deutschland: Viele VW-Käufer gehen leer aus
       
       > Der Bundesgerichtshof wirft dem Autobauer „sittenwidriges“ Verhalten vor.
       > Trotzdem entscheidet er konzernfreundlich.
       
   IMG Bild: Endmontage in der VW-Produktion im Werk Mosel
       
       Karlsruhe taz | VW muss vielen getäuschten Dieselkäufern doch keinen
       Schadenersatz zahlen. Das ist die Folge von vier Urteilen, die der
       Bundesgerichtshof an diesem Donnerstag verkündete. Betroffen sind späte
       Dieselkäufer und Vielfahrer. Der BGH bekräftigte aber sein Grundsatzurteil
       vom Mai. Danach hat VW Millionen Dieselkäufer „vorsätzlich sittenwidrig“
       geschädigt.
       
       Der Einbau einer Abgasreduzierung, die nur auf dem Prüfstand funktionierte,
       habe die arglosen VW-Kunden dem Risiko ausgesetzt, dass ihr Fahrzeug von
       den Behörden stillgelegt wird, weil es im normalen Verkehr die
       Abgas-Grenzwerte nicht einhält. Die Kunden haben daher, wenn sie
       rechtzeitig geklagt haben, Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrags.
       Das heißt, [1][sie bekommen grundsätzlich den Kaufpreis zurück], wenn sie
       auch das Auto zurückgeben.
       
       Bei Kunden, die ihren VW-Diesel erst nach dem September 2015 gekauft haben,
       [2][entfällt aber der Anspruch auf Rückabwicklung]. Im Rahmen einer
       Gesamtbetrachtung sei das Verhalten von VW [3][danach nicht mehr als
       sittenwidrig anzusehen], so der Vorsitzende Richter Stephan Seiters.
       
       Im September 2015 habe VW eingeräumt, dass es Probleme mit den Motoren gebe
       und man in Kontakt mit den Behörden stehe. Die Medien hätten über den
       Skandal umfassend berichtet. Auf die Kenntnis des Käufers, ob auch sein
       Fahrzeug betroffen war, komme es gar nicht an, so Richter Seiters. Das
       erspart den Gerichten nun viel Arbeit bei der Beweisaufnahme.
       
       ## Bei 10.000 Klagen entfällt der Schadensersatzanspruch
       
       VW-Käufer, die mit ihrem Fahrzeug sehr viel gefahren sind, haben zwar
       Anspruch auf Rückabwicklung, könnten aber dennoch leer ausgehen. Schon im
       Mai hatte der BGH entschieden, dass bei der Rückzahlung des Kaufpreises der
       Gegenwert der Nutzung abzuziehen ist. Das aktuelle Urteil kommt zu dem
       Schluss, dass im Extremfall der [4][Nutzungsersatz den Kaufpreisanspruch
       völlig aufzehren kann]. Die Grenze liegt nach den Urteilen der meisten
       Oberlandesgerichte bei 250.000 Kilometern.
       
       Laut VW sind noch 60.000 Klagen von Käufern offen. In rund 10.000 Fällen
       entfalle nun der Schadenersatzanspruch, weil das Fahrzeug nach dem
       September 2015 gekauft wurde. In den übrigen 50.000 Fällen will VW den
       Kunden eine individuelle Einmalzahlung vorschlagen. Vorteil für die Kunden:
       Sie können das Auto behalten. Allerdings will VW bei der Höhe der
       Einmalzahlung die BGH-Rechtsprechung zum Nutzungsersatz berücksichtigen.
       
       Das heißt: Wer viel gefahren ist, bekommt weniger. Für die 240.000
       VW-Kunden, die bei der Musterfeststellungsklage der Verbraucherzentrale
       einen Vergleich geschlossen haben, stellt sich das Vielfahrerproblem nicht.
       Sie erhalten 15 Prozent des Kaufpreises, unabhängig von der Fahrleistung.
       
       30 Jul 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.bundesgerichtshof.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2020/2020099.html?nn=10690868
   DIR [2] https://www.bundesgerichtshof.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2020/2020101.html?nn=10690868
   DIR [3] https://www.bundesgerichtshof.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2020/2020101.html?nn=10690868
   DIR [4] https://www.bundesgerichtshof.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2020/2020098.html?nn=10690868
       
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