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       # taz.de -- #MeToo und der Kunstverein Hannover: Es fehlt an Solidarität
       
       > #MeToo macht sich im deutschen Kunstbetrieb bemerkbar. Hannovers
       > Kunstverein tut sich schwer, eine Schau mit Jon Rafman trotz Vorwürfen
       > abzusagen.
       
   IMG Bild: Ein Film des Künstlers Jon Rafman 2018 in der Kunsthalle Mainz
       
       Die Kunstszene in Deutschland kennt kein [1][#MeToo]. Was daran liegen mag,
       dass es hier so gleich ist, so eng, so kuschelig und gefährlich zugleich.
       Gleichwohl kursieren allerlei Geschichten über sexuelle Übergriffe und
       sexuelle Erpressung.
       
       Galeristen, Kuratoren und Hochschulprofessoren (meistens männlich) können
       auf den Verlauf der Karrieren junger Künstlerinnen oder
       Kunstvermittlerinnen (meistens weiblich) immensen Einfluss nehmen. Die
       hässlichen Helden der kolportierten Geschichten sind dabei immer dieselben.
       
       Diese Erlebnisberichte von sexualisiertem Machtmissbrauch sind einander
       sehr ähnlich, so disparat die Tatorte und -zeiten, so fremd sich die
       Erzählenden auch sein mögen. Obwohl viele der Opfer voneinander wissen,
       machen sie ihre Erlebnisse bisher kaum öffentlich.
       
       ## Mutmaßliche Opfer
       
       Das Problem ist strukturell – denn zum einen ist die Beweislast trotz
       einiger Reformen der letzten Jahre nur schwer zu erbringen. Die
       Unschuldsvermutung ist (wohlgemerkt, wir sprechen von einem
       außergerichtlichen Bereich!) oft genug eine Ausrede für das Desinteresse an
       den Erfahrungsberichten der (erst einmal nur mutmaßlichen) Opfer.
       
       Das Strafrecht ist eine patriarchale Sau. Hinzu kommt nun die besondere,
       gefährliche Enge der Kunstszene in Deutschland. Denn zur Angst um
       Anwaltskosten und langwierige Prozesse gesellt sich hier die Angst um das
       berufliche Fortkommen.
       
       Das Erlebte öffentlich zu machen wäre ein wirkliches Wagnis, dafür aber
       bräuchte es solidarische Zusammenhänge. Solcherlei antisexistische
       Netzwerke existieren in Deutschland einzig in Bezug auf berufliche
       Gleichstellung. Erwähnenswert ist die „Pimmelsuppe“-Kampagne, mit der
       zahlreiche Künster*innen und Kurator*innen 2018 für Gleichberechtigung im
       Ausstellungsbetrieb eintraten.
       
       ## Sexualisierter Machtmissbrauch
       
       Der Hannoveraner Kunstverein demonstriert nun eindrücklich das Fehlen einer
       solchen solidarischen Haltung. Bereits am 16. Juli tauchten auf Instagram
       gleich mehrere Berichte junger Frauen auf, die von sexualisiertem
       Machtmissbrauch des kanadischen [2][Postinternetstars Jon Rafman]
       berichten. Erst als das Magazin [3][Monopol eine Woche später groß
       berichtete], nahm der Kunstverein seine für dieses Jahr geplante
       Rafman-Ausstellung von [4][seiner Website] – ohne jeden Kommentar.
       
       Die Ausstellungseröffnung wird seit der Pamdemiepause im März laufend
       vertagt, der Kunstverein sollte über die Geschehnisse auf dem Laufenden
       sein. Die Ausstellung wurde bisher allerdings nicht abgesagt, sondern
       lediglich verschoben, wie der Kunstverein mitteilt. In Kanada cancelte
       derweil das Musée d’art contemporain (MAC) eine Ausstellung mit Rafman, die
       Galerie Bradley Ertaskiran nahm ihn ebenfalls aus dem Programm.
       
       In Hannover wird noch „geprüft“, wie bei der FDP nach einer verlorenen
       Landtagswahl – ganz ohne inhaltliche Duskussion oder symbolische
       Konsequenz.
       
       31 Jul 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Kunstausstellung-zu-Humor-nach-MeToo/!5695151
   DIR [2] /Post-Internet-Art-Ausstellung-in-Kassel/!5049908
   DIR [3] https://www.monopol-magazin.de/museum-und-galerie-beenden-nach-vorwuerfen-zusammenarbeit-mit-kuenstler-jon-rafman
   DIR [4] https://www.kunstverein-hannover.de/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Radek Krolczyk
       
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