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       # taz.de -- Alleinerziehende in Bremen: Aktionsplan kommt nicht voran
       
       > Durch die Coronapandemie ist die Situation Bremer Alleinerziehender noch
       > prekärer. Dabei hatte sich das Land 2019 genau das Gegenteil vorgenommen.
       
   IMG Bild: Ein romantischer Mutter-Kind-Moment – im Gegensatz zu Job- oder Kitaplatz-Suche
       
       Bremen taz | Die Coronakrise [1][trifft Alleinerziehende besonders hart].
       Viele von ihnen hatten in den letzten Monaten keinen Anspruch auf
       Notbetreuung; auch nach dem Sommer ist die Kinderbetreuung eingeschränkt.
       Und die Erarbeitung des Aktionsplans für Alleinerziehende, den der Senat
       laut eines Beschlusses der Bürgerschaft von September entwickeln soll,
       stockt gewaltig. So steht es im [2][Zwischenbericht des Senats], der letzte
       Woche veröffentlicht wurde.
       
       Das ist „alles andere als gut“, findet Sahhanim Görgü-Philipp,
       Grünen-Fraktionssprecherin für Soziales. Denn: „Alleinerziehende haben in
       Bremen das höchste Armutsrisiko.“ Das, was die Pläne des Senats bislang
       erkennen lassen – ein Arbeitsmarktprogramm und flexiblere Kinderbetreuung
       –, sind für Görgü-Philipp jedoch die richtigen Schwerpunkte. Wichtig sei
       auch, dass Alleinerziehende Ausbildungen in Teilzeit machen können. Sie
       erwartet vom Senat entsprechende Gespräche mit Kammern und Unternehmen.
       
       Das genannte Arbeitsmarktprogramm soll auf den Erfahrungen des
       Modellprojekts „Vermittlung und Integration von Alleinerziehenden in
       Arbeit“ (VIA) entwickelt werden, so der Plan der Regierung. Eine
       Fachtagung, für die die Ergebnisse entsprechend hätten aufbereitet werden
       müssen, wurde aber wegen des Virus verschoben – inklusive der Prüfung einer
       Übertragung der Ergebnisse auf andere Stadtteile in Bremen und Bremerhaven.
       
       Das müsse jetzt zügig nachgeholt werden, fordert Elke Heyduck,
       Geschäftsführerin der [3][Arbeitnehmerkammer Bremen]. Daneben bemängelt sie
       die Kinderbetreuung – trotz des Ausbaus, der gut vorangehe: „Es ist nach
       wie vor so, dass wir in Bremen die größte Lücke zwischen Bedarf und Angebot
       haben.“ Heyduck schlägt ein Betreuungsangebot vor, welches an das Jobcenter
       angegliedert ist.
       
       Eine Aus-, Fortbildung oder ein Job dürfe nicht daran scheitern, dass keine
       Betreuungsmöglichkeit gefunden wird. Man müsse ein Kontingent an Plätzen
       für diese Fälle schaffen, das sei besser als einen reinen Vorrang
       Alleinerziehender auf Betreuungsplätze. Für genau so ein Modellprojekt sei
       ein Träger gefunden worden, berichtet der Senat. Start des Projekts ist,
       wenn alles klappt, Anfang 2021.
       
       Die zuständige Arbeitsgruppe setzt sich zudem mit dem Thema Gesundheit
       auseinander. Zu Recht, so Heyduck. „Oft scheitert die Arbeitsaufnahme an
       Belastungssituationen und gesundheitlichen Problemen.“ Niedrigschwellige
       Präventionsangebote – Kuren, Ferienkurse für Kinder zur Entlastung –
       müssten deshalb her.
       
       Auch Maja Tegeler, frauenpolitische Sprecherin der Linksfraktion begrüßt,
       dass das Thema Gesundheit mit berücksichtigt wird, neben Fragen des Wohnens
       und der Pandemiefolgen. „Wir erwarten zudem, dass die Ausweitung flexibler
       Betreuungsangebote nach dem Vorbild von MOKI tatsächlich auch umgesetzt
       wird.“
       
       Die [4][kostenlose, mobile und flexible Kinderbetreuung (MOKI)] wird vom
       Familienzentrum „Mobile“ in Hemelingen angeboten. Der Senat will bis Ende
       des Jahres prüfen, ob eine Ausweitung auf andere Stadtteile möglich ist.
       
       „Luft nach oben“ sieht sie genau wie Görgü-Philipp beim Ausbau von
       Teilzeitausbildungen und der Kommunikation darüber mit privaten
       Unternehmen. Die Jugendberufsagentur, so steht es im Senatsbericht, prüfe
       bis Ende 2020, „inwieweit Ausbildungsberater*innen eingesetzt werden
       können“, die Unternehmen über Teilzeitausbildungen zu informieren.
       
       Diesen Prüfauftrag versteht Sandra Ahrens, familienpolitische Sprecherin
       der CDU-Fraktion, nicht. „Das ist eine einfach Ja-Nein-Entscheidung.“ Sie
       kann dem Zwischenbericht nicht so viel abgewinnen wie ihre Kolleginnen und
       wirft der Regierung „Arbeitsverweigerung“ vor. Wie Heyduck fordert sie eine
       schnelle Auswertung des VIA-Projekts; nur dann könne man beginnen, „ein
       vernünftiges Programm zu stricken“.
       
       ## CDU fordert Kinderbetreuung – so früh wie möglich
       
       Dieses Programm, so Ahrens, müsse dafür sorgen, dass arbeitslose
       Alleinerziehende automatisch einen Betreuungsplatz erhalten – ob über
       Kontingentplätze oder eine Priorisierung. Und das, „sobald eine sichere
       Bindung zwischen Mutter und Kind“ besteht. „Tun wir das nicht, sorgen wir
       letztlich dafür, dass sie dauerhaft in der Arbeitslosigkeit verbleiben.“
       
       Größtenteils seien Arbeitslose „schwer vermittelbares Klientel“ und Frauen.
       Ahrens findet, dass der Staat keinerlei Rahmenbedingungen schafft, die
       Alleinerziehende unterstützen könnten, und kündigt an: „Wir werden
       Nachfragen zu den offenen Punkten stellen.“
       
       4 Aug 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Frauenbeauftragte-ueber-Corona-Hilfen/!5700705
   DIR [2] https://www.bremische-buergerschaft.de/drs_abo/2020-07-29_Drs-20-563_66ef6.pdf
   DIR [3] https://www.arbeitnehmerkammer.de/politik/arbeitsmarkt-beschaeftigung/alleinerziehende.html
   DIR [4] http://www.familienzentrum-mobile.de/MOKI-Flyer.pdf
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Alina Götz
       
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