# taz.de -- Linke-Politikerin über Karstadt-Deal: „Schamlos ausgenutzt“
> Im Deal zwischen Karstadt-Eigner Signa und Berlin hat sich die Stadt über
> den Tisch ziehen lassen, sagt die Linken-Abgeordnete Katalin Gennburg.
IMG Bild: Angestellte protestieren gegen Schließung von Karstadt-Sports-Filiale in Charlottenburg
taz: Frau Gennburg, freuen Sie sich über [1][den Erhalt von drei weiteren
Karstadt-Filialen?]
Katalin Gennburg: Ich freue mich für jeden Einzelnen, der nicht in die
Arbeitslosigkeit muss. Der drohende Verlust von Arbeitsplätzen ist richtig
bitter. Natürlich suchen jetzt alle nach einem Hoffnungsschimmer. Aber bei
genauerer Betrachtung der städtebaulichen Auswirkungen muss ich sagen, dass
das ein schlechter Deal für Berlin ist. Signa hat die Krise schamlos gegen
die Stadt und die Beschäftigten ausgenutzt.
Also glauben Sie nicht, dass mit dem Deal langfristig Arbeitsplätze
gesichert werden?
Langfristig schon mal gar nicht. Diesem Konzern geht es überhaupt nicht um
die Warenhäuser, sondern nur um die Flächen. Wenn das umgesetzt wird, was
Signa in Aussicht gestellt worden ist, muss man sagen: So billig hat in
dieser Stadt noch keiner einen Hochhausstandort geschenkt bekommen. Die nun
vereinbarten drei bis fünf Jahre Standortgarantie sind in der Bilanz
überhaupt kein Angebot. Fünfzig Jahre vielleicht. Aber Baurecht für
Hochhäuser, die die nächsten Jahrzehnte die Stadt prägen und Rendite für
die Investoren abwerfen, für schlappe drei Jahre Arbeitsplatzerhalt bei
ohnehin profitablen Warenhäusern – das ist eine Frechheit.
Signa will Prestigeprojekte umsetzen: Hochhäuser am Ku'damm und [2][eine
Replik des Karstadt-Gebäudes aus den 20ern am Hermannplatz]. Warum ist das
problematisch?
Diese Luxushochhäuser, die Signa realisieren möchte, sind schwerwiegende
Eingriffe in die umlegende Stadtstruktur. Signa betreibt damit eine massive
Inwertsetzung. In Wien hat der Konzern es mit dem „Goldenen Viertel“ schon
vorgemacht. Wir brauchen diese Hochhäuser in Berlin nicht. Hinzu kommt,
dass diese Immobilienspekulation vor allem internationalen Jetset anzieht,
dem das Geld nur so aus den Ohren quillt, und im Gegensatz dazu gewachsene
Kiezstrukturen zerstört und Menschen verdrängt werden. Das wollen wir
nicht!
Werden hier [3][mal wieder vollendete Tatsachen] präsentiert?
Das ist ein Letter of Intent, kein Vertragswerk. Wir haben schon einmal so
eine Absichtserklärung gekippt am Checkpoint Charlie. Ein Parlament, das
jetzt darüber entscheiden muss, wird sich auch mit diesen Inhalten
auseinandersetzen. Es braucht in jedem Fall ein reguläres
Bebauungsplanverfahren. Da gibt es kein „Wünsch dir was“, das ist am
Baurecht aufgehängt. Also sind es zwei Paar Schuhe: das, was drin steht,
und das, was jetzt kommen wird.
Bei der Pressekonferenz am Montag sagte der Regierende Bürgermeister
Michael Müller (SPD), der Senat werde „die Federführung“ bei den
umstrittenen Projekten übernehmen. Das klingt so, als wolle man diese
Projekte jetzt gegen den Willen der Bezirke durchsetzen.
Diese Entmachtung der Bezirke ist eigentlich das, was wir mit Rot-Rot-Grün
beenden wollten. Die Messe ist da noch nicht gesungen, wir werden in der
Koalition noch darum ringen. Denn es ist überhaupt nicht absehbar, ob es in
der Koalition eine Mehrheit dafür gibt. Auch bei den Grünen gibt es sehr
starke Gegner dieser Projektentwicklungen. Es darf nicht passieren, dass
die Arbeitsplätze gegen das Baurecht verhandelt werden. Das ist wirklich
Erpressung.
5 Aug 2020
## LINKS
DIR [1] /Deal-zum-Erhalt-von-Karstadt-Filialen/!5699977&s=4+0+f%C3%BCr+Karstadt/
DIR [2] http://Der%20alte%20Glanz%20vom%20Hermannplatz
DIR [3] /B-Plan-an-der-Rummelsburger-Bucht/!5589263&s=rummelsburger+bucht/
## AUTOREN
DIR Jonas Wahmkow
## TAGS
DIR Hermannplatz
DIR Signa
DIR Karstadt
DIR Schwerpunkt Gentrifizierung in Berlin
DIR Die Linke Berlin
DIR Die Linke Berlin
DIR Karstadt
DIR Streik
DIR Karstadt
DIR Schwerpunkt Rot-Rot-Grün in Berlin
DIR Karstadt
DIR Karstadt
DIR Lesestück Recherche und Reportage
## ARTIKEL ZUM THEMA
DIR Karstadt-Deal des Berliner Senats: Linkspartei stimmt dagegen
Die Kritik am Karstadt-Deal nimmt zu: Die Linke lehnt die Baupläne des
Investors ab. Zahlreiche Initiativen kritisieren Rot-Rot-Grün scharf.
DIR Parteitag der Berliner Linken: Unter radikalen Bedingungen
Ein Jahr vor der Wahl schärft die Linke ihr antikapitalistisches Profil.
Das Treffen ist auch ein Test, ob Parteitage in Coronazeiten funktionieren.
DIR Senat macht Zugeständnisse an Konzern: Karstadt kauft Berlin
Das Land Berlin will Kaufhäuser erhalten und macht deshalb Zugeständnisse
bei Neubauvorhaben des Konzerns. Ein Wochenkommentar.
DIR Entscheidung des Verfassungsgerichts: Keine Leihstreikbrecher erlaubt
Das Bundesverfassungsgericht hat die Klage einer Kinokette abgelehnt.
Leihbeschäftigte dürfen weiterhin nicht die Arbeit von Streikenden
übernehmen.
DIR Karstadt macht Shoppen schwer: Bummeln mit Kaufhausdetektiven
Karstadt am Hermannplatz schreibt schwarze Zahlen, hieß es noch kürzlich.
Doch großen Wert scheint man darauf nicht zu legen.
DIR Berliner Senat einigt sich mit Karstadt: Auch Grüne gegen den Deal
Nach der Linken-Abgeordneten Katalin Gennburg äußern sich auch
Grünen-Politiker kritisch gegen Vereinbarung des rot-rot-grünen Senats mit
Signa.
DIR Drei weitere Karstadt-Filialen bleiben: Es geht nicht um Arbeitsplätze
Der Berliner Senat präsentiert einen Deal zur Rettung von
Karstadt-Filialen. Gewinner ist dabei nicht die Stadt, sondern der
Immobilienkonzern Signa.
DIR Deal zum Erhalt von Karstadt-Filialen: 4:0 für Karstadt
Drei weitere Karstadt-Filialen in Berlin können bleiben. Dafür kommt der
Senat dem Immobilienkonzern Signa bei umstrittenen Bauprojekten entgegen.
DIR Streit um Wiederaufbau von Karstadt: Der alte Glanz vom Hermannplatz
In Berlin soll zwischen Kreuzberg und Neukölln das alte Karstadt-Gebäude
rekonstruiert werden. Anwohner protestieren: Sie fürchten soziale Folgen.