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       # taz.de -- Outfit der Saison 2020/21: Des Fußballs neue Kleider
       
       > Die neuen Trikots der großen und kleinen Klubs sind da. Die Designs sind
       > streitbar und sollen eine Geschichte erzählen. Oder auch nicht.
       
   IMG Bild: Wie sieht denn das aus? Alessandro Bastoni im neuen Outfit von Inter Mailand
       
       Es ist eine schwierige Zeit für Fußballanhänger:innen allüberall auf
       dieser Welt. Beinahe im Minutentakt stellen die Sportartikelhersteller die
       neuen Trikots für die Saison 2020/21 vor. Tränen fließen, Freunde sprechen
       nicht mehr miteinander. Familien brechen auseinander. Der eine ist in das
       neue Heimtrikot von Borussia Dortmund vernarrt, die andere bekommt einen
       Ausschlag, wenn sie nur ein Bild davon auf ihrem Smartphone sieht.
       
       Zu sehr mag sie das neue Leibchen an das [1][Pokemon Elektek] erinnern, auf
       dessen gelbem Körper schwarze Blitze aufblitzen. Und was mag die
       Beschreibung dieses Spielwesens [2][im PokeWiki] wohl über die kommende
       Saison sagen? „Es schleicht sich gern in Kraftwerke und frisst den ganzen
       Strom auf.“ Geht so mehr als Vizemeister?
       
       Beim designierten Meister der kommenden Saison sind nach der
       Trikotvorstellung auch nicht alle glücklich. Der eine mag sich darüber
       freuen, dass der FC Bayern zu Hause ganz in Rot auftritt, und weint doch
       auch über das Auswärtstrikot, das arg hausstaubfarben geraten ist und so
       aussieht wie ein weißes T-Shirt, das zu oft zusammen mit einer schwarzen
       Jeans gewaschen worden ist.
       
       Fußballtraditionalist:innen, die Inter Mailand ewige Liebe geschworen
       haben, müssen sich gefragt haben, ob der Designer betrunken war, als er
       Zickzacklinien in die Entwürfe für die Heimtrikots gezeichnet hat. Inter
       war doch immer blau und schwarz gestreift, mag man sich auch beim Anblick
       des Auswärtstrikots fragen, das so [3][großkariert] ist, dass es wirkt, als
       wolle der Eigner des Klubs, der chinesische Milliardär Zhang Jindong,
       unbedingt vermeiden, für kleinkariert gehalten zu werden.
       
       ## Kunst statt Karos
       
       Ganz große Kunst präsentiert derweil Manchester City. Behauptet zumindest
       der Sportartikelhersteller mit der stilisierten Wildkatze als Logo. Das
       bewährte Hellblau ist von unregelmäßigen Linien durchzogen. Und so soll das
       Ding aussehen wie eines der in Manchester berühmten Mosaike des Künstlers
       Mark Kennedy. Der durfte sogar ein Video drehen mit Superstar Kevin de
       Bruyne in einer Nebenrolle und bedankte sich darin brav bei der
       Ausrüsterfirma. Das Trikot ist also echte Kunst und bestimmt jeden der
       14.000 Cent wert, die dafür im Fanshop des Klubs aufgerufen werden.
       
       Hohe Kunst beziehungsweise kunstvolles Design präsentiert auch der FC
       Arsenal auf seinen neuen Sporthemden. Da sind so Dinge auf dem Trikot, die
       aussehen wie schlecht geschnitzte Bumerangs. Das soll natürlich nicht so
       sein. Die Bumerangs stellen eigentlich den Buchstaben A dar, so wie auf dem
       Art-déco-Logo des Klubs, das in den 30er Jahren verwendet worden ist –
       behauptet zumindest der Ausrüster mit den drei Streifen.
       
       Das weiße Auswärtstrikot sieht, wenn stimmt, was Trikotauguren vermuten,
       wie blutverschmiert aus. Auch dabei hat sich gewiss wer was gedacht. Die
       Leidensoptik könnte an die Passionsgeschichte von Arsenal in fremden
       Stadien erinnern. Schmale 20 Punkte haben die Londoner in der abgelaufenen
       Spielzeit auswärts geholt. Oder das Design bedeutet irgendetwas anderes.
       Egal.
       
       Doch nicht nur oben in der großen Fußballwelt tut man fast alles, damit all
       diejenigen, die es wagen, mit dem Trikot der abgelaufenen Saison zu einem
       Spiel der nächsten zu kommen, wie ewig Gestrige wirken. Beinaheaufsteiger
       FC Heidenheim, so ist zu erfahren, wechselt in der kommenden Spielzeit von
       längsgestreiften auf quergestreifte Spielkleidung. Mal sehen, ob das jemand
       mitkriegt.
       
       Und sonst? Real Madrid spielt auswärts in Rosa, der VfB Stuttgart mit einem
       Stadtplan auf dem Trikot und RB Leipzig in Blau-Gelb, vielleicht um sich
       mangels eigener Historie damit die Geschichte von Lok Leipzig anzueignen.
       Viel Spaß beim Shopping wünscht die taz.
       
       5 Aug 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Ein-Jahr-Pokemon-Go/!5428266
   DIR [2] https://www.pokewiki.de/Elektek
   DIR [3] /Die-Wahrheit/!5531014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Andreas Rüttenauer
       
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