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       # taz.de -- Interessen bei Hilfe für Beirut: Wichtig ist, was den Menschen hilft
       
       > Angebote aus Israel, den Menschen in Beirut zu helfen, wurden abgelehnt.
       > Beide Länder sind im Krieg miteinander. Doch an Hilfen mangelt es nicht.
       
   IMG Bild: Beiruts Stadtviertel Achrafieh, das durch die Explosionen am 5. August schwer beschädigt wurde
       
       Nach der [1][Explosion im Hafen von Beirut] hat Israel dem Libanon
       medizinische Hilfslieferungen zugesagt. Eine erstaunliche Geste, die beiden
       Länder befinden sich offiziell im Kriegszustand.
       
       2006 kamen im Krieg zwischen israelischen Streitkräften und der
       libanesischen schiitischen Hisbollah mehr als 1.400 Menschen ums Leben.
       Selbst die ganz Jungen wissen noch, wie sie sich unter Tischen vor
       Luftangriffen schützen mussten. Die Erinnerungen wurde nicht durch
       friedensstiftende Maßnahmen aufgearbeitet.
       
       Daher ist das Ziel der Hisbollah, „Widerstand“ gegen Israel zu leisten,
       nicht nur ein propagandistischer Slogan der proiranischen, schiitischen
       Miliz. Widerstand, vor allem gegen die Siedlungspolitik, ist ein Anliegen,
       das in weiten Teilen der Bevölkerung vielfach Zuspruch genießt.
       
       Hinzu kommt, dass die Regierung im Libanon hauptsächlich von der Hisbollah
       und ihren Verbündeten erwählt wurde, nachdem die Regierung unter ihrem
       Opponenten Saad Hariri nach Massendemonstrationen im Oktober 2019
       zurückgetreten ist. Für die Regierung wäre die Annahme von Hilfe aus Israel
       nicht nur ein Gesichtsverlust, sondern politischer Selbstmord. Sie würde
       das Narrativ der Parteien zerstören, das ihre Existenz im Libanon und
       finanzielle Einnahmen aus dem Iran sichert: den Staat Israel als Feind zu
       malen.
       
       Das Angebot Israels wiederum kann kaum als Annäherung gesehen werden.
       Schafft es wirklich Frieden, Verletzte zu behandeln, Geld oder Medizin zu
       schicken? Um die verhärteten Fronten zu klären, braucht es eher eine
       gemeinsame diplomatische Ebene. Und erst am 27. Juli war es [2][an der
       Grenze zwischen den Ländern] zu Gefechten gekommen.
       
       Doch es stimmt, der Libanon braucht Hilfe. Bereits vor der Coronapandemie
       und der Explosion [3][kämpfte die Bevölkerung mit der Wirtschaftskrise]:
       Der Staat ist bankrott, die Inflation ist hoch. Dabei ist der Libanon kein
       armes Land, der Reichtum ist nur ungleich verteilt.
       
       Die Situation zeigt, wie sehr das kleine Land in die globale Geopolitik
       eingebunden ist. So eilen vor allem die politischen Verbündeten herbei und
       bieten Hilfen an: aus den Golfstaaten, die der Miliardärs- und ehemaligen
       Ministerpräsidentenfamilie Hariri nahestehen, sowie aus dem Iran, dessen
       verlängerter Arm die Hisbollah im Libanon ist.
       
       Einen Mangel an Angeboten gibt es also nicht. Bleibt zu hoffen, dass sich
       die Elite bei den Hilfen und ihrer Verteilung nicht von geopolitischen
       Interessen leiten lassen, sondern von den Bedürfnissen der Menschen.
       
       7 Aug 2020
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Julia Neumann
       
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