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       # taz.de -- Senat hat Coronaverordnung gelockert: Mehr tänzerisches Geschick, bitte!
       
       > Sportarten mit Körperkontakt oder großer Nähe sind wieder möglich. In
       > Sachen öffentlicher Geselligkeit aber bleibt es schwierig. Ein
       > Wochenkommentar.
       
   IMG Bild: Hard Rock Cafe Berlin: Geschäftsführerin Kristina Lange baut vor
       
       Als „Hammer und Tanz“ ist seit den frühen Tagen der Coronapandemie ein
       möglicher Umgang mit dem Infektionsgeschehen beschrieben worden: erst
       drastische Einschränkungen des öffentlichen Lebens, um das Virus ganz klein
       zu machen, dann ein Oszillieren von Lockern und Verschärfen, um sich der
       jeweiligen Entwicklung anzupassen.
       
       Was smart klingt, ist in Bezug auf die ökonomischen Folgen nicht so richtig
       durchdacht – denn viele Unternehmen, gerade kleine und mittlere, operieren
       schon seit dem ersten Lockdown am Rand des wirtschaftlich Vertretbaren. Ein
       unkalkulierbares Auf und Zu dürfte ihnen den Rest geben. Auf
       gesellschaftlicher Ebene ist ein situationsbezogen smoothes Tänzeln
       schon deutlich praktikabler. Ein Sportverein oder ein Chor kann eher damit
       leben, dass mal mehr und mal weniger geht.
       
       Aktuell ist die Zahl der Ansteckungen gering, da geht also was. Insofern
       ist es sehr erfreulich, dass der Senat in dieser Woche die
       Eindämmungsverordnung in Teilen aufgeweicht hat. Sportarten mit
       Körperkontakt oder großer Nähe – also fast alles, wobei Bälle im Spiel
       sind, Kampfsportarten, aber auch Rudern im selben Boot – sind ab dem
       Wochenende wieder möglich, jedenfalls bei begrenzter Gruppengröße. Und den
       vielen Singenden der Stadt fällt ein Stein vom Herzen: Wenn sie ausreichend
       große Räume finden, können sie unter strengen Auflagen wieder gemeinsam
       musizieren. Im Freien und mit Abstand klingt ’ s einfach mies.
       
       ## Abstand ist was für Pussies
       
       Während es hier höchste Zeit zum Lockern war, scheinen dem Senat an anderer
       Stelle die Zügel ganz zu entgleiten. In Sachen öffentlicher Geselligkeit
       gilt §1 (1) der Coronaverordnung gefühlt schon lange nicht mehr: „Jede
       Person ist angehalten, die physisch sozialen Kontakte zu anderen Menschen
       möglichst gering zu halten“, heißt es da, gefolgt von Absatz 2: „Bei
       Kontakten zu anderen Menschen ist ein Mindestabstand von 1,5 Metern
       einzuhalten.“
       
       „Dit wüsst ick aba“, sagt der/die Berliner*in in einem solchen Fall. Ein
       kleiner Spaziergang durch einen beliebigen Ausgehkiez beweist: Ob an den
       Tischen vor den Restaurants und Kneipen, ob beim Massencornern vor dem
       Späti – Abstand ist längst wieder was für Pussies. Die tendenziell
       unbesorgte Jugend umarmt, busselt und highfivet wie immer, der Elbow bump
       ist ein spießiges Relikt vergangener Zeiten.
       
       All das mag im Moment noch glimpflich ausgehen. Aber, und das ist in diesem
       Fall eine ebenso banale wie ernste Erkenntnis: Im Nachhinein war man immer
       noch schlauer. Ein bisschen mehr tänzerisches Geschick wäre dem Senat hier
       auf jeden Fall zu wünschen.
       
       25 Jul 2020
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Claudius Prößer
       
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