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       # taz.de -- Konflikt um Schließung von Konsulaten: China und USA eskalieren weiter
       
       > Nach der Schließung seines Konsulats in Houston macht China die
       > US-Vertretung in Chengdu dicht. Die bilateralen Beziehungen sind im
       > Keller.
       
   IMG Bild: Fotos unerwünscht: vor dem US-Konsulat im chinesischen Chengdu
       
       Peking taz | Nur ein Thema dominiert derzeit die chinesischen Nachrichten.
       Wie massiv das Interesse am eskalierenden Konflikt mit den USA ist, beweist
       der absurd anmutende Livestream eines staatlichen Fernsehsenders, der zwei
       Kameras vor dem [1][US-Konsulat in Chengdu] aufgebaut hat: Zeitweise bis zu
       20 Millionen Chinesen schauten am Freitag der profanen Straßenszene zu, die
       nichts anderes zeigte als einen dreistöckigen Funktionsbau in der
       Provinzhauptstadt Sichuans. Dennoch feierten sich die Internetnutzer in
       feixenden Kommentaren: „Lasst uns das Gebäude in ein Hotpot-Restaurant
       umfumktionieren“, schrieb einer und erhielt dafür mehr als 100.000 Likes.
       
       Das US-Konsulat in Chengdu ist zum jüngsten Symbol im Streit zwischen den
       zwei Weltmächten avanciert. Nachdem US-Präsident Donald Trump das
       chinesische [2][Konsulat in Houston] hatte schließen lassen, ordneten nun
       die Chinesen ihre Vergeltung an. Mit dem in Chengdu trifft es jenes
       Konsulat, das auch für die sensible Region Tibet zuständig ist. Ein
       Sprecher des Pekinger Außenministeriums bezeichnete dessen Schließung als
       „legitim und notwendig“.
       
       Tatsächlich ist es eine Antwort auf Augenhöhe, die durchaus als Kompromiss
       interpretiert werden kann: Das für die USA wichtigste Konsulat in Hongkong
       bleibt offen.
       
       Dennoch sind die bilateralen Beziehungen längst auf einem historischen
       Tiefstand: Der Konflikt erstreckt sich auf wirtschaftliche Macht,
       geopolitische Einflussbereiche, Technologietransfers sowie die Schuldfrage
       der Coronapandemie.
       
       ## Vorwürfe aus den USA sind mit Skepsis zu sehen
       
       Am Donnerstag hatte sich US-Außenminister Mike Pompeo in einer Art
       Grundsatzrede über „das kommunistische China und die Zukunft der freien
       Welt“ ausgelassen. Er sprach von Chinas „neuer Tyrannei“ und griff
       Präsident Xi Jinping erstmals offen als „wahren“ Ideologen des totalitären
       Marxismus-Leninismus an, der von einer weltweiten Hegemonie des
       chinesischen Kommunismus träume. Das geschlossene Konsulat in Houston sei
       „ein Zentrum für Spionage“ gewesen.
       
       Dabei sollten die Anschuldigungen mit einer gehörigen Portion Skepsis
       betrachtet werden: Die US-Regierung hat schließlich weder stichhaltige
       Beweise vorgelegt noch überhaupt konkrete Tathergänge genannt. Der Verdacht
       lässt sich daher nicht abschütteln, dass Präsident Trump vor allem aus
       innenpolitischem Kalkül hart gegen den Rivalen aus Fernost vorgeht, um
       seine Chancen einer Wiederwahl zu erhöhen.
       
       „Der Verschwörungstheoretiker in mir fragt sich: Wäre es anzunehmen, dass
       ein ‚bewaffneter Konflikt‘ Donald Trump dabei helfen könnte, im Amt zu
       bleiben?“, schreibt der deutsche Grünen-Politiker und Leiter der
       China-Delegation des Europäischen Parlaments, Reinhard Bütikofer, ironisch
       auf Twitter. Auch in einem Leitartikel der Washington Post heißt es, Trumps
       „inkohärente“ Offensive gegen Peking sei mehr eine Wahlkampfmaßnahme, als
       dass sie auf die Herausforderung durch China unter Xi Jinping eingehe.
       
       Dabei ist der Umgang mit China eine der zentralen Fragen geworden. Xi hat
       sein Land seit der Coronapandemie in eine immer tiefere geopolitische
       Isolation geführt. An der Grenze zu Indien haben Soldaten die seit
       Jahrzehnten schwersten Gefechte angezettelt, in Südostasien herrscht Ärger
       ob Pekings immer dreisterer Machtansprüche im Südchinesischen Meer, und
       auch die Beziehungen zu Japan verschlechtern sich rapide.
       
       ## Weitere Schließungen von Konsulaten sind möglich
       
       Was die Welt derzeit erlebt, ist ein Paradigmenwechsel der chinesischen
       Außenpolitik: Zuvor auf strategische Zurückhaltung bedacht, verfolgt China
       seit einiger Zeit seine Machtinteressen offensiv. Beobachter sind sich in
       ihrer Interpretation jedoch uneinig: Die einen sprechen von einer
       Normalisierung der Weltordnung durch Peking, das seine neu gewonnene Macht
       auch auf dem internationalen Parkett widergespiegelt wissen wolle.
       
       Kritiker hingegen deuten das Gebaren der chinesischen Staatsführung als das
       verzweifelte Fauchen eines Tigers, der von allen Seiten in die Ecke
       gedrängt wird.
       
       Wer sich in Peking unter Regierungskennern umhört, der hört unisono, dass
       sich der Konflikt mit den USA weiter verschärfen wird. Die
       Konsulatsschließungen würden noch weitergehen: Chinas Vertretung in San
       Francisco und das US-Konsulat in Shenyang seien im Spiel.
       
       25 Jul 2020
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Fabian Kretschmer
       
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