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       # taz.de -- US-Bürgerrechtler John Lewis gestorben: „Gewissen des Kongresses“
       
       > Er war der jüngste Redner beim Marsch auf Washington und eine Ikone der
       > Anti-Rassismus-Bewegung der USA. Am Freitag starb John Lewis im Alter von
       > 80 Jahren.
       
   IMG Bild: Ikone im Kampf gegen Rassismus: John Lewis
       
       Washington/Atlanta dpa/ap/afp | Der Bürgerrechtler und Politiker John Lewis
       ist tot. Der für seinen jahrzehntelangen Kampf für die Gleichberechtigung
       der Schwarzen in den USA bekannte demokratische Kongressabgeordnete starb
       am Freitag im Alter von 80 Jahren. Mitte der 1960er Jahre wurde Lewis zu
       einer Ikone der Bürgerrechtsbewegung und des Kampfes gegen den Rassismus.
       Später saß Lewis über viele Jahre für die Demokraten im
       US-Repräsentantenhaus.
       
       Lewis Tod wurde von der [1][Sprecherin des Repräsentantenhauses, Nancy
       Pelosi], am Freitagabend bestätigt. Die Demokratin würdigte ihn in einer
       Erklärung als „einen der größten Helden der amerikanischen Geschichte“ und
       als „Gewissen des Kongresses“. Der Demokrat sei ein „Titan der
       Bürgerrechtsbewegung gewesen, dessen Güte, Vertrauen und Mut unsere Nation
       verändert hat“.
       
       Lewis hatte im Dezember 2019 mitgeteilt, dass er an
       Bauchspeicheldrüsenkrebs im fortgeschrittenen Stadium leide und sich aus
       dem politischen Leben zurückziehen werde. Anfang Juni kehrte er inmitten
       der Anti-Rassismus-Demonstrationen in den USA noch einmal in die
       Öffentlichkeit zurück und zeigte sich auf der in „Black Lives Matter Plaza“
       umbenannten Kreuzung in Washington.
       
       Sein Tod löste in den Vereinigten Staaten Bestürzung aus. [2][Barack
       Obama], einziger schwarzer Präsident in der 244-jährigen Geschichte des
       Landes, erinnerte daran, wie sehr Lewis sein eigenes Leben geprägt habe.
       Schon bei der ersten Begegnung als Student habe er ihn „seinen Helden“
       genannt. „Als ich zum Präsidenten der Vereinigten Staaten gewählt wurde,
       umarmte ich ihn vor der Vereidigung und sagte ihm, dass ich nur dort sei
       wegen der Opfer, die er erbracht habe“, schrieb Obama, der 21 Jahre nach
       Lewis geboren wurde, in einem kurzen Nachruf.
       
       ## Der Marsch von Lewis
       
       Lewis wurde als Sohn eines Kleinpächters in Troy (Alabama) im tiefen Süden
       der USA geboren. Als eines von zehn Kindern musste er Baumwolle pflücken.
       Laut New York Times erzählte er später gerne, wie er den Küken das
       Evangelium predigte. Wenigstens die Küken hätten ihm zugehört, scherzte er
       dann.
       
       Bereits mit 18 Jahren nahm Lewis erstmals Kontakt zu Martin Luther King
       auf. Er baute eine Studierendenbewegung mit auf und bereitete den
       legendären Marsch auf Washington mit vor. Lewis war der jüngste und letzte
       Überlebende der „Big Six“ genannten Bürgerrechtsaktivisten, die von Martin
       Luther King angeführt wurden, und der letzte überlebende Redner des Marschs
       vom 28. August 1963. Im Alter von 23 Jahren stand er damals auf den Stufen
       des Lincoln Memorials in der Bundeshauptstadt, um gemeinsam mit Martin
       Luther King (1929-1968) vor mehr als 200.000 Zuhörer*innen ein Ende der
       Rassendiskriminierung in den USA zu fordern. Der Baptistenpastor und
       spätere Friedensnobelpreisträger King hielt seinerzeit [3][die berühmte
       Rede „I have a dream“] (Ich habe einen Traum).
       
       Am „Blutigen Sonntag“ 1965 führte Lewis eine Gruppe von 600 Protestierenden
       über eine Brücke in Selma, Alabama. Dort wurde er von Polizisten
       niedergeschlagen und verprügelt. Dabei erlitt er einen Schädelbruch.
       Fernsehbilder von der brutalen Szene rüttelten das Land auf und warfen ein
       Schlaglicht auf die Unterdrückung von Afroamerikaner*innen in der
       US-Gesellschaft. Seit 1987 vertrat Lewis einen Wahlkreis im Bundesstaat
       Georgia im Repräsentantenhaus.
       
       „Er liebte sein Land so sehr, dass er sein Leben und sein Blut dafür
       riskierte, dass dieses seinem Versprechen gerecht werden möge“, schrieb
       Obama. „Wir haben einen Riesen verloren“, hieß es von Ex-Präsident Bill
       Clinton und seiner Frau Hillary in einem gemeinsamen Statement. „John Lewis
       gab alles, was er hatte, um Amerikas unerfülltes Versprechen der Gleichheit
       und Gerechtigkeit für alle einzulösen“. Die Senatorin Kamala Harris nannte
       Lewis „einen Riesen, auf dessen Schultern viele von uns stehen“.
       
       Auch der republikanische Mehrheitsführer im Senat, Mitch McConnell,
       würdigte Lewis. Er sei „ein Pionier der Bürgerrechte“ gewesen, „der sein
       Leben aufs Spiel setzte, um Rassismus zu bekämpfen, Gleichberechtigung zu
       fördern und unsere Nation in einen größeren Einklang mit ihren
       Gründungsprinzipien zu bringen“.
       
       Lewis galt als Kritiker von Präsident Donald Trump. Zuvor schon hatte er
       sich gegen Präsident George W. Bush, Obamas direkten Vorgänger, gestellt,
       den er als nicht „echt gewählten Präsidenten“ bezeichnete. Von Trump lag
       zunächst keine Reaktion auf den Tod von Lewis vor.
       
       18 Jul 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Streit-nach-US-Rede-zur-Lage-der-Nation/!5662608
   DIR [2] /Nach-Bluttaten-von-El-Paso-und-Dayton/!5616412
   DIR [3] https://www.youtube.com/watch?v=4P01hBT3LqQ
       
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