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       # taz.de -- Greenpeace kritisiert Rüstungsexporte: Jahrzehntelange Verstöße
       
       > Deutschland übergeht seit 30 Jahren die selbstgesetzten Exportrichtlinien
       > für Rüstungsgüter. Das zeigt eine Studie im Auftrag von Greenpeace.
       
   IMG Bild: Protest gegen Rüstungexporte im Mai am Brandenburger Tor in Berlin
       
       Hamburg afp | Deutschland verstößt einer Studie zufolge seit 30 Jahren
       systematisch gegen zentrale Grundsätze zu Rüstungsexporten. Dies ergab eine
       [1][Untersuchung des Leibniz-Instituts Hessische Stiftung Friedens- und
       Konfliktforschung (HSFK) für Greenpeace], wie die Organisation am Sonntag
       mitteilte. „Deutschland genehmigt und exportiert Kriegswaffen und
       Rüstungsgüter in Kriegs-und Krisenländer, in Staaten mit
       Menschenrechtsverletzungen und in Spannungsregionen“, heißt es in der
       Untersuchung.
       
       In der Studie geht es insbesondere um den Einklang der deutschen
       Rüstungsexportpolitik seit 1990 mit dem Gemeinsamen Standpunkt der
       Europäischen Union zu diesem Thema. Dieser listet acht Kriterien auf, die
       bei der Genehmigung von Rüstungsexporten zu berücksichtigen sind.
       
       Genannt werden unter anderem „Achtung der Menschenrechte und des
       humanitären Völkerrechts durch das Endbestimmungsland“ sowie
       „Aufrechterhaltung von Frieden, Sicherheit und Stabilität in einer Region“.
       In der Untersuchung heißt es, Deutschland habe „wiederholt gegen diese
       Kriterien verstoßen“.
       
       In der Studie sind konkrete Beispiele aufgeführt, „in denen mit deutschen
       Waffen Krieg geführt und schwere Menschenrechtsverletzungen begangen
       wurden“. So sei [2][die Polizei in Mexiko] im September 2014 mit
       G-36-Sturmgewehren aus deutschen Lieferungen gewaltsam gegen
       Studentenproteste vorgegangen und [3][habe zahlreiche Studenten
       erschossen].
       
       [4][Auch im Bürgerkriegsland Jemen] werden laut der Studie Waffen benutzt,
       die aus Deutschland stammen. Zudem seien Altbestände der Bundeswehr und der
       Nationalen Volksarmee der DDR zum Teil an Drittstaaten abgegeben worden.
       Damit werden Länder bezeichnet, die weder EU- noch Nato-Mitglieder und
       diesen auch nicht gleichgestellt sind.
       
       „Das grundsätzliche Verbot aus dem Jahr 1971, Kriegswaffen aus Deutschland
       an Nicht-Nato-Staaten zu liefern, ist einem komplizierten Regelwerk aus
       Gesetzen, politischen Grundsätzen und verschiedenartigen Verfahren
       gewichen, die auf europäischer und internationaler Ebene um weitere
       Regelwerke ergänzt werden“, heißt es in der Studie.
       
       ## Exporte im großen Umfang
       
       Seit 1990 seien in großem Umfang Kriegswaffenexporte in Drittstaaten
       genehmigt worden. „Dabei sollten solche Fälle eigentlich eine Ausnahme
       bleiben, sind aber mit Genehmigungswerten von rund 60 Prozent in manchen
       Jahren zum Regelfall geworden.“ Die Studienautoren fordern ein
       einheitliches und rechtlich verbindliches Rüstungsexportkontrollgesetz,
       „das dann auch rechtlich durchgesetzt werden muss, so dass deutsche
       Rüstungsexporte nicht in problematische Drittstaaten gelangen“.
       
       „Deutsche Waffen tauchen systematisch in Kriegsgebieten und in den Händen
       von Diktatoren auf“, erklärte Greenpeace-Abrüstungsexperte Alexander Lurz.
       „Wir brauchen dringend ein strenges Rüstungsexportgesetz, das den Export in
       Drittstaaten verbietet und diese bewusste, systematische Aushöhlung der
       Exportrichtlinien beendet.“
       
       „Diese Studie lässt nur einen Schluss zu: die Ausnahmen in den
       Rüstungsexportrichtlinien werden als Freibrief für jeglichen Waffenexport
       gebraucht“, sagte die Linke-Außenpolitikerin Sevim Dagdelen der
       Nachrichtenagentur AFP. „Das ganze Kontrollsystem ist krank, egal welche
       Koalition die Regierung stellt.“ Dagdelen bekräftigte die Forderung ihrer
       Fraktion nach einem generellen Verbot von Rüstungsexporten.
       
       Innerhalb der Bundesregierung ist das Wirtschaftsministerium federführend
       für Rüstungsexporte zuständig. Ein Sprecher wollte die Greenpeace-Studie
       auf AFP-Anfrage nicht kommentieren. „Die Bundesregierung verfolgt eine
       restriktive und verantwortungsvolle Rüstungsexportpolitik“, sagte er.
       
       19 Jul 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.greenpeace.de/presse/publikationen/studie-deutsche-ruestungsexporte-alle-welt
   DIR [2] /Deutsche-Waffen-in-Kriegsgebieten/!5692876
   DIR [3] /Urteil-gegen-Heckler--Koch/!5572153
   DIR [4] /Deutsche-Ruestungsexporte/!5675867
       
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