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       # taz.de -- Der Wochenendkrimi: Mörder jagen im Regen
       
       > In „Jennifer8“ findet die Mörderjagd im Feuchten und Dunkeln statt. Der
       > Krimi wurde in den 90ern produziert, steht aber für eine aktuelle
       > Sehnsucht.
       
   IMG Bild: Cop John Berlin (Andy Garcia) hat sich in Zeugin Helena (Uma Thurman) verliebt
       
       Nachtschwarz, nebelgrau, feuchtdunkel. Andere Farben gibt es die ganzen
       zwei Stunden lang fast nicht. Das Dings ist zwar von 1992, aber man merkt
       in jedem Moment: Die Achtziger des Kinofilms, [1][mit „Blade Runner“] und
       „Eine verhängnisvolle Affäre“, sind gerade erst um die Ecke verschwunden.
       Es regnet viel. Es ist finster. Man jagt einen Serienmörder.
       
       Auf einer Müllhalde findet sich die Leiche einer Frau, die Hand liegt
       separat zwischen dem verrottenden Dreck. (Drumherum, aber das nur nebenbei,
       bergeweise Schreibmaschinen; was für ein Bild für die Obsoleszenz einer
       Technologie-Ära.). Es stellt sich heraus, sie war eine von vielen. Und vor
       allem lässt sich der Ermittler mit einer Zeugin ein. Die ist noch dazu
       blind, was die ewig anhaltende Nachtatmosphäre gleich doppelt erklärt.
       
       Zugegeben, allein diese Konstellation – der „Gute“ unter den Cops als
       Beschützer hier, die porzellangleich schwach gezeichnete Frau dort – birgt
       tausend valide Gründe, „Jennifer 8“ so was von zu ignorieren. Also so was
       von. Was hat sich Autor und Regisseur Bruce Robinson bloß dabei gedacht.
       Rhetorische Frage, nicht viel natürlich, wie üblich damals.
       
       Versuchen wir es aber mal anders. Versuchen wir es als Ausdruck einer Zeit
       zu nehmen, als Thriller so aussahen und genau so gebaut waren. Als Ausdruck
       einer aktuellen Seh-Sehnsucht. Endlich mal keine visuelle Überforderung,
       sondern „Comfort Binging“, und ja, es gibt tatsächlich ein Wort dafür. Weil
       wir in diesem Fall haargenau wissen, was wir kriegen.
       
       ## Einnicken und nichts verpassen
       
       Es ist alles so herrlich vertraut, wie es sich für Sommerferien gehört. Das
       gilt ebenso für das 47. Schon-wieder-Anschauen von „Mord mit Aussicht“,
       übrigens auch für die nun bei ZDFneo angelaufene TV-Serie „Wild Bill“ mit
       dem immer schönen Rob Lowe nach 90er-Jahre-Strickmuster. Hier nun, bei
       „Jennifer 8“, bekommen wir darüber hinaus noch mehr Altbekanntes: Andy
       Garcia als Cop John Berlin, Uma Thurman als Zeugin Helena und den ach so
       jungen John Malkovich als einen von Berlins Kollegen.
       
       Kleiner Genre-Vergleich zu aktuellen Streaming-Standards: Die
       [2][Thrillerserie „Dark“ bei Netflix] mag zwar, nun: ebenfalls eher dunkel
       wirken. Aber im Gegensatz dazu wirkt der verregnete Sumpf von „Jennifer 8“
       geradezu gemütlich. Wie ein „Damals“ eben, null aufregend, sondern so
       angenehm dahindümpelnd, dass man nebenher ein wenig wegdämmern kann, ohne
       dass man was verpasst (für Sie getestet!). Und das, obwohl es ein Thriller
       ist. Die Komfortzone macht’s möglich.
       
       8 Aug 2020
       
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   DIR Anne Haeming
       
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