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       # taz.de -- Festnahmen bei LGBT-Protest in Polen: Regenbogen am Kulturpalast
       
       > Am Freitag wurden in Warschau 48 Personen wegen Protesten gegen
       > Homophobie festgenommen. Das führte zu neuen Protesten.
       
   IMG Bild: Protest am Samstag vor Warschaus Kulturpalast gegen die Verhaftung einer Transgender-Aktivistin
       
       Warschau taz | Wieder leuchtet Warschaus Kulturpalast in Regenbogenfarben
       durch die Nacht. Für viele ein Hoffnungszeichen. Denn dahinter steht der
       liberale Oberbürgermeister Rafal Trzaskowski, der [1][im Juni die
       Präsidentschaftswahl nur knapp gegen Andrzej Duda von der Regierungspartei
       Recht und Gerechtigkeit (PiS) verloren hatte.] Nach der Festnahme von 48
       Personen, die am Freitag für die Freilassung von Margot Sz. demonstriert
       hatten, mildert der Regenbogen-Palast zumindest etwas die Verbitterung.
       
       Am Samstag protestieren erneut mehrere tausend Menschen in der polnischen
       Hauptstadt mit Regenbogenfahnen und -schirmen – jetzt auch für die
       Freilassung der am Vortag Festgenommenen.
       
       [2][Denn allen ist klar, dass die homophobe Hetze von Regierung, Präsident
       und katholischer Kirche Polens nach Dudas knappem Wahlssieg nicht vorbei
       ist.] Jetzt sollen Angehörige von Polens LGBT-Bewegung kriminalisiert und
       ins Gefängnis gesteckt werden. Die englische Abkürzung LGBT steht für
       Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transgender.
       
       „Für Margot ist es das Schlimmste, was sie ihr antun konnten: das Gericht
       wies sie für zwei Monate in einen Männerarrest ein“, sagt eine Warschauer
       LGBT-Aktivistin, die nicht mit Namen genannt werden will. „Niemand von uns
       weiß, wo sie ist, was sie gerade durchmacht und was überhaupt die Vorwürfe
       sind.“
       
       ## Duda sieht religiöse Gefühle verletzt
       
       Angeblich, so hieß es zunächst, solle Margot Sz., die sich als nicht-binär
       definiert, letzte Woche mit anderen Aktivisten einige markante Denkmäler in
       Warschau mit Regenbogenfahnen behängt haben – darunter auch die
       Jesus-Statue vor der Heilig-Kreuz-Kirche an der Krakauer Vorstadt-Straße in
       Warschau.
       
       Polens Präsident Duda meint, dass damit die „religiösen Gefühle“ vieler
       Menschen beleidigt worden seien. Aber dafür zwei Monate Arrest in einem
       Untersuchungsgefängnis?
       
       Als Duda selbst im Wahlkampf gegen LGBT hetzte („Man versucht uns
       einzureden, dass dies Menschen seien, aber dies ist ganz einfach eine
       Ideologie“), stand die Polizei nicht bereit, um ihn abzuführen.
       
       Und auch als ein hochrangiger Politiker einen Schwulen zum „Untermenschen“
       degradierte oder der Krakauer Erzbischof Marek Jedraszewski in einer
       Hetzpredigt vor der „Regenbogen-Seuche“ warnte, reagierte kein Staatsanwalt
       
       ## Nachgeschobene Begründung
       
       Doch als jetzt die Richtervereinigung Iustitia nachhakte, ob der
       zweimonatige Arrest für das Aufhängen einer Regenbogenfahne nicht
       unangemessen sei, hieß es plötzlich, Sz. werde Sachbeschädigung
       vorgeworfen.
       
       Sie soll vor Wochen schon einen Lieferwagen demoliert haben, der mit
       homophoben Sprüchen beschriftet war. Die Polizei hatte an dem Wagen, der
       sexuelle Minderheiten auf Gröbste beleidigte, nichts auszusetzen. Vielmehr
       soll Sz. jetzt wegen Sachbeschädigung angeklagt werden.
       
       Was den festgenommenen 48 Demonstranten vorgeworfen wird, ist noch nicht
       bekannt. Doch soll dieses Mal auch das brutale Vorgehen der Polizei ein
       Nachspiel haben. Das kündigte nicht nur Polens Ombudsman Adam Bodnar an,
       sondern wünschen auch viele Eltern, die Freitagnacht von Kommissariat zu
       Kommissariat fuhren, um ihre verhafteten Kinder zu finden.
       
       Justizminister Zbigniew Ziobro stellte sich hinter die Polizei. Bei den
       Festgenommenen handle es sich um „Banditen“.
       
       9 Aug 2020
       
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