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       # taz.de -- Kraftwerk-Besetzung in Berlin: „An dieser Kohle klebt Blut“
       
       > Eine Gruppe von Klimaaktivisten besetzte das Heizkraftwerk in Moabit.
       > Erst nach 36 Stunden war die Aktion beendet.
       
   IMG Bild: Vermummte Aktivist*innen auf einem Turm des Kraftwerks Moabit
       
       taz: Mia, ihr habt am Samstagmorgen das [1][Heizkraftwerk Moabit besetzt].
       Mit welchem Ziel? 
       
       Mia: In dem Kraftwerk wird immer noch Steinkohle verbrannt. Wir wollen mit
       unserer Besetzung darauf hinweisen, dass sich die Kohleunternehmen und die
       Regierung durch die Importe dieser Blutkohle mitschuldig an
       Menschenrechtsverletzungen in den Erzeugerregionen macht.
       
       Wieso Blutkohle? 
       
       Ein Großteil der hierzulande verfeuerten Steinkohle kommt aus Russland.
       Anders als in deutschen Kohlerevieren wird die Kohle dort über Tage
       abgebaut. Dafür werden Dörfer weggesprengt und Menschen vertrieben.
       Besonders betroffen ist das indigene Volk der Schoren in Sibirien. 11.000
       von ihnen haben bereits ihre Heimat verloren – und Proteste werden von der
       russischen Regierung unterdrückt. Auch in Kolumbien leiden Menschen und
       Natur unter dem Abbau. Durch Landraub oder kontaminierte Flüsse verlieren
       Indigene ihr Land. Dazu gab es allein dieses Jahr bereits Dutzende Morde an
       Klimagerechtigkeitsaktivist*innen. [2][An dieser Kohle klebt Blut].
       
       Wie lief eure Besetzung ab? 
       
       Es gab vier Teams von Besetzer*innen, etwa 20 Personen, die Samstagfrüh
       rings um das Heizkraftwerk abgesetzt wurden und sich über Leitern den
       Zugang zum Gelände verschafft haben. Besetzt wurden der Turm und mehrere
       Kräne; ein Aktivist hat sich dort angeschlossen. Ab 5 Uhr waren alle oben,
       haben Transpis aufgehängt und Fotos geschickt. Erst um 23 Uhr hat die
       Polizei die ersten beiden Teams, teils in Handschellen vom Gelände geführt,
       später noch das dritte. Erst am Sonntagnachmittag, nach 36 Stunden, verließ
       die letzte Gruppe das Kraftwerk.
       
       Die Gruppe „Direkte Aktion“ ist vorher in Berlin noch nicht in Erscheinung
       getreten. Wer seid ihr? 
       
       Wir sind junge Aktivist*innen, die meisten unter 24 Jahren und extra für
       die Vorbereitung dieser Aktion zusammengekommen. Bei uns gibt es, anders
       als bei größeren Protestgruppen wie Ende Gelände, keine festen Strukturen
       und Hierarchien. Wir haben uns alle in Workshops auf die unterschiedlichen
       Aufgaben bei so einer Besetzung vorbereitet, die politischen Ziele
       erarbeitet, uns mit rechtlichen Fragen auseinandergesetzt, Aktionstrainings
       gemacht.
       
       Ganz autonom war eure Aktion nicht, sie war Teil der bundesweiten
       Aktionswoche „Aufstand mit Abstand“. 
       
       Ja. Es gab bundesweit koordinierte Aktionen, etwa die Blockade einer
       Shell-Raffinerie in Köln oder eines Kraftwerks in Mannheim. Uns alle eint
       die Forderung nach einem sofortigen Kohlestopp, einem sofortigen Ausstieg
       aus fossilen Energieträgern. Um das zu erreichen, brauchen wir das Ende der
       kapitalistischen Wirtschaftsweise. Denn das Streben nach Profit führt zu
       einem Wachstumszwang, der nicht ohne die Ausbeutung von Menschen, Umwelt
       und Tieren zu haben ist. Damit aber ist die Klimakrise nicht zu bewältigen.
       [3][Fridays for Future] hat so viele Menschen auf die Straße gebracht, aber
       die Politik hat nicht die notwendigen Maßnahmen ergriffen, um die
       Klimakrise einzudämmen. Daher sind viele von uns bereit, mit zivilem
       Widerstand auch persönliche Gefahren einzugehen, um diese Ziele zu
       erreichen.
       
       Vattenfall hat angekündigt, den Kohleausstieg in Berlin bis 2030 anzugehen,
       im Kraftwerk Moabit läuft schon die Umstellung auf Biomasse. Das ist doch
       besser als der [4][Kohleausstieg], der bundesweit erst für 2038 geplant
       ist. 
       
       Mit jedem weiteren Tag Kohle gehen Menschenrechtsverletzungen einher,
       katastrophale Arbeitsbedingungen und Umweltzerstörung. Dass Vattenfall nach
       eigenen Angaben perspektivisch bis zu 40 Prozent der Energiegewinnung mit
       Biomasse realisieren will, ist ein ganz klarer Fall von Greenwashing, denn
       weiterhin wird überwiegend mit Kohle gearbeitet. Über genaue Zahlen und der
       Herkunft der Kohle schweigt sich Vattenfall aber aus. Das ist so
       intransparent wie das gesamte System der Kohleimporte.
       
       9 Aug 2020
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Erik Peter
       
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