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       # taz.de -- Corona bei Blohm+Voss: Zwei-Klassen-Docks
       
       > Bei Hamburgs Traditionswerft Blohm+Voss ist das Corona-Virus
       > ausgebrochen. Schuld sind offenbar zu enge Wohnverhältnisse der
       > Werkarbeiter*innen.
       
   IMG Bild: Test-Zelt bei Blohm+Voss: Hier werden Mitarbeiter*innen auf das Corona-Virus untersucht
       
       Hamburg taz | Auch am heutigen Montag ruht der Betrieb bei der Hamburger
       Traditionswerft Blohm+Voss noch: Nachdem in den vergangenen Tagen unter den
       Werft-Mitarbeiter*innen die Corona-Infektionszahlen in die Höhe schnellten,
       hat das Gesundheitsamt die Wiederaufnahme der Arbeit weiterhin untersagt.
       Bislang ist unklar, wie sich das Virus ausbreiten konnte. Doch erste
       Indizien lassen darauf schließen, dass zu enge Wohnverhältnisse von
       Werkvertragsangestellten dafür ursächlich sind.
       
       Am Freitag gab die Sozialbehörde bekannt, dass sich insgesamt 78
       Mitarbeiter*innen mit dem Virus infiziert haben. Die Behörden betreiben nun
       Ursachenforschung. „Wir stellen uns die Frage, wie das passieren konnte“,
       sagt Martin Helfrich, Sprecher der Sozialbehörde.
       
       Am Freitag hatte das Gesundheitsamt bereits das Werftgelände untersucht, um
       herauszufinden, ob alle Arbeitsschutzmaßnahmen eingehalten wurden. „Damit
       wird der Frage nachgegangen, ob es eine ausreichende Belüftung gibt und ob
       etwa Pausen- und Umkleideräume den Hygienevorschriften entsprechen“, sagt
       Helfrich.
       
       Doch weil die Infizierten auf dem Werftgelände in voneinander abgetrennten
       Bereichen arbeiten, muss sich das Virus auf anderem Wege verbreitert haben.
       Hinzu kommt: Von den 78 Infizierten ist lediglich ein Mitarbeiter direkt
       bei Blohm+Voss angestellt – alle anderen sind durch Fremdgewerke und
       [1][Subunternehmen beschäftigt].
       
       „Die Vermutung liegt nahe, dass sich das Virus in den Sammelunterkünften
       der Werkvertragsarbeiter verbreitet hat“, sagt Manuel Glass von der IG
       Metall. Ähnlich wie in anderen Branchen seien Sammelunterkünfte bei den
       Arbeiternehmer*innen, die über Subunternehmen beschäftigt werden, üblich.
       
       „Blohm+Voss muss schnellstmöglich ein schützenden System auch für
       Werkvertragsarbeitern installieren“, fordert Glass. Schon als beim
       Fleischkonzern Tönnies das Virus unter den Leihangestellten ausgebrochen
       ist, habe die Gewerkschaft Blohm+Voss darauf hingewiesen, dass ähnliche
       Probleme drohen könnten. Doch passiert ist offenbar wenig.
       
       Bei den Werkvertragsarbeiter*innen von Blohm+Voss handelt es sich laut IG
       Metall überwiegend um Osteuropäer*innen, die für besonders harte Arbeiten
       benötigt werden. „Üblicherweise werden auch Schweiß- und Lackierarbeiten
       von Werkvertragsarbeitern übernommen“, sagt Glass.
       
       ## Behörden wollen Unterkünfte prüfen
       
       Die Behörden haben neben dem Werftgelände nun auch angefangen, die
       Unterkünfte in den Blick nehmen. Laut der Sozialbehörde handelt es sich
       allerdings nicht um derart große Massenunterkünfte, wie es [2][bei den
       Subunternehmern von Tönnies der Fall war]. „Insgesamt gibt es aber noch
       etliche Fragen, die offen sind“, sagt Helfrich.
       
       Bevor diese nicht umfassend beantwortet seien, werde die Behörde den
       Betrieb nicht wieder aufnehmen lassen. [3][Die zur Bremer Lürssen-Gruppe
       gehörende Werft] äußert sich derzeit nicht zu den möglichen Ursachen des
       Infektionsgeschehens.
       
       9 Aug 2020
       
       ## LINKS
       
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