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       # taz.de -- Todesfall William Tonou-Mbobda: Misstrauen bleibt
       
       > Die Hamburger Staatsanwaltschaft stellt die Ermittlungen zum Tod des
       > Psychiatriepatienten William Tonou-Mbobda ein. Das ist nicht
       > nachvollziehbar.
       
   IMG Bild: Fordern Gerechtigkeit: Demonstrierende nach dem Tod Tonou-Mbobdas in Hamburg 2019
       
       Beinahe eineinhalb Jahre hat es gedauert, ehe die Hamburger
       Staatsanwaltschaft die [1][Ermittlungen zum Tod von William Tonou-Mbobda]
       abgeschlossen hat. Tonou-Mbobda war im April 2019 im Hamburger
       Uni-Krankenhaus gestorben, nachdem auf Anordnung einer Ärztin bei ihm eine
       Zwangsmaßnahme durch drei Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes durchgeführt
       wurde. Er hatte sich zuvor freiwillig in psychiatrische Behandlung begeben.
       Eine gerichtliche Anordnung auf eine Zwangseinweisung, die eine
       Zwangsmaßnahme rechtfertigt, lag zu diesem Zeitpunkt nicht vor.
       
       Allein für die Dauer der Ermittlungen lässt sich kaum Verständnis
       aufbringen. Schon zum ersten Todestag Mbobdas im April hieß es, die
       Ermittlungen seien „weitgehend“ abgeschlossen. Wieso es dann bis zum
       Abschluss noch einmal Monate dauerte, erschließt sich nicht.
       
       Noch bedenklicher aber ist das Ergebnis der Ermittlungen. Zeug*innen hatten
       ausgesagt, [2][dass die Zwangsmaßnahmen der am UKE angestellten
       Security-Mitarbeiter brutal gewesen seien.] Tonou-Mbobda hingegen saß
       einfach auf einer Bank. Das lässt die Frage offen, wieso die
       Staatsanwaltschaft keinen hinreichenden Tatverdacht erkennen will. Das
       betrifft das Handeln der Security-Mitarbeiter genauso wie die vorherige
       Anweisung der behandelnden Ärztin.
       
       Wie kam sie überhaupt darauf, eine Zwangseinweisung anzuordnen – [3][ohne
       einen Gerichtsbeschluss?] Und warum wurde der Sicherheitsdienst
       losgeschickt statt geschulten therapeutischen Personals, das womöglich ohne
       eine gewaltsame Eskalation mit Tonou-Mbobda erst einmal hätte reden können?
       
       Ebenso fragwürdig ist, dass die Obduktion am UKE selbst durchgeführt wurde.
       Dass an der Unabhängigkeit der Ergebnisse deshalb gezweifelt wird, ist kaum
       verwunderlich. Besonders dann nicht, wenn die Obduktion auch noch – neben
       einer weiter nicht bekannten Medizinerin aus Rostock – von Klaus Püschel
       durchgeführt wurde.
       
       Der ist in Hamburg seit Jahren für seine besorgniserregenden ethischen
       Positionen bekannt. So befürwortete er immer wieder den Einsatz von
       Brechmitteln zur Beweissicherung bei mutmaßlichen Drogendelikten. Bei einem
       dieser Einsätze starb 2001 Achidi John. Später wollte Püscheln das Alter
       von minderjährigen, unbegleiteten Geflüchteten untersuchen – mittels
       Genitaluntersuchungen.
       
       Eine Anklage und damit eine Gerichtsverhandlung hätte nicht nur ein
       mögliches individuelles Fehlverhalten der Beschuldigten klären können. Es
       wäre auch eine Möglichkeit gewesen, die teils katastrophalen Bedingungen –
       für Personal wie für Patient*innen – am UKE und besonders in der
       psychiatrischen Abteilung aufzuklären. Dass die Staatsanwaltschaft diesen
       Weg nicht gehen will, ist traurig und macht wütend.
       
       12 Aug 2020
       
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