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       # taz.de -- Schulalltag in Corona-Pandemie: Umarmungen sind Tabu
       
       > In der Hamburger Max-Schmeling-Schule mühen sich Lehrer und Schüler, zum
       > regulären Alltag zurückzufinden. Ein Ortsbesuch bei 27 Grad im Schatten.
       
   IMG Bild: Als ob es nicht so schon warm genug wäre: Auf Hamburgs Pausenhöfen gilt Maskenpflicht
       
       Hamburg taz | Gleich am Tor fängt eine Pädagogin die Besucherin ab. Die
       Mimik ist nur an den Augen erkennbar, denn sie trägt Maske. Zur
       Schulleitung ginge es quer über den Hof, vorbei an Altbau und Neubau.
       Hinter ihr spielen Schüler an einem Klettergerüst, Mädchen schaukeln. Die
       meisten, nicht alle, mit Papierschutz vor Nase und Mund. So wie es in
       Hamburg auf dem Pausenhof Pflicht ist.
       
       Auch Schulleiter Philipp Scholz trägt eine Maske. In seinem Büro legt er
       sie ab. Wie der [1][Schulstart] an der Max-Schmeling-Stadtteilschule so
       läuft? Neulich, als das Fernsehen da war, zog er ein positives Fazit. „Aber
       wir müssen jeden Tag von vorn anfangen“, sagt Scholz nun. Man müsse den
       Kindern deutlich machen, wie wichtig die Maske ist. „Manche setzen sie erst
       auf, wenn sie Pädagogen sehen.“
       
       Die Nervosität, ob es richtig war, die Kinder wieder in voller
       Klassenstärke in die Schulen zu lassen, geht durch die ganze Stadt. Eltern
       fordern in einem offenen Brief, es doch zunächst mit halben Klassen und
       Abstand zu probieren. Laut Schulbehörde sind 21 Schüler und drei
       Beschäftigte an insgesamt 22 der 372 Schulen mit dem [2][Coronavirus]
       infiziert. Bei fast allen wurde dies noch in den Ferien bekannt, sie
       bleiben in Quarantäne. Nur eine vierte Klasse blieb erst mal zu Hause.
       
       „Ich bin Befürworter der kompletten Schulöffnung“, sagt Schulleiter Scholz.
       Gerade für Kinder aus bildungsferneren Haushalten sei es wichtig, wieder
       den Lernort Schule zu haben. Die nach dem berühmten Boxer benannte Schule
       liegt teils im Stadtteil Jenfeld, einem Viertel mit vielen Hochhäusern.
       
       ## „Ganz schwierig“
       
       Scholz muss kurz rüber ins Lehrerzimmer, den neuen Hausmeister vorstellen.
       Seine Vertreterin Antje Reißig lehrt schon seit dreißig Jahren hier. Sie
       erinnert an die lange Schließung. Im Flur stand ein Tisch, wo Kinder die
       Materialien abholten. „Das klappte gut“, sagt sie. „Aber es war für viele
       unserer Schüler ganz schwierig, zu Hause sein zu müssen.“
       
       Als die Ferien vorbei waren, bekamen alle Hamburger Schüler einen Brief an
       die Eltern mit, ob sie zwei Wochen zuvor in einem Risikoland waren? Das
       traf hier auf eine Hand voll zu. Heute ist nur einer noch zu Hause.
       
       Es läutet. Lehrerin Claudia Michaelis geht in den Unterricht einer achten
       Klasse. Im Gang stehen zwei Putzkräfte für Zwischen-Reinigungen, wie sie
       nun jede Schule hat. Noch auf dem Weg kommt eine Durchsage. Scholz erinnert
       an die Maskenpflicht auf Hof und Fluren. Wer sich nicht dran hält, werde
       nach Hause geschickt. Ein Kind schiebt rasch den Schutz über die Nase.
       
       Die Klasse wirkt voll. 25 Teenager an Zweiertischen. Sie sind still. Es ist
       die erste Stunde des Profilunterrichts zum Thema „Hund“. Schule finden sie
       gut. „Es ist zu Hause so langweilig“, sagt Ygit. Nur die Masken finden sie
       blöd. „Die sind so warm“, sagt Gilberto. „Man kann nicht atmen“, ergänzt
       Ygit. Die Kinder melden sich höflich. Auf der einen Seite sei Schule gut,
       „aber man schwitzt richtig“.
       
       ## Gibt es Hitzefrei?
       
       Angst vor dem Virus hätten sie nicht, aber Sorge, Ältere anzustecken. Den
       Vorschlag, nur in der halben Zeit mit der halben Klasse zu haben, finden
       sie nicht gut. Hier mischt sich Lehrerin Michaelis ein. Es sei sinnvoll,
       wie vor den Ferien die Klassen zu teilen, weil die Schüler so besser
       lernten, sagt sie.
       
       Im Büro des Schulleiters herrscht derweil Hochbetrieb. Vor der Tür hängt
       ein Plakat mit sechzehn Hygieneregeln und der Androhung, sonst nach Hause
       gehen zu müssen. Umarmungen etwa sind tabu. Eben erst musste Scholz eine
       Schülerin ohne Maske ermahnen. Er will durchgreifen bei den
       Hygieneregeln. Doch er kann nicht alle 1.100 Schüler kontrollieren, muss
       darauf vertrauen, dass alle mitmachen.
       
       Laut Gesundheitsbehörde gab es am Dienstag an keiner Hamburger Schule ein
       „Infektionsgeschehen“. Doch in der Stadt gingen, wie überall, die Zahlen
       wieder hoch – mit zuletzt 288 Neuinfektionen pro Woche. Steigt die Zahl
       über 900, könnte es wieder Online-Unterricht geben. Die Schule bekommt 190
       Laptops. „Die könnten wir an die Familien geben“, sagt Scholz. Aber er ist
       nicht sicher, ob die Schüler auch Internet und Drucker haben. Und auch, wie
       der Unterricht fürs häusliche Lernen aufbereitet wird, sei nicht ganz klar.
       
       Die Hitze tut ihr Übriges. Um elf Uhr sind es schon 27 Grad. Antje Reißig
       ist froh, dass die Schüler die Maske nicht im Unterricht tragen müssen.
       „Das hält keiner aus.“ Auf ihrem Tisch liegt ein schmales Thermometer, mit
       dem sie am Dienstag in einer Klasse 35 Grad gemessen hat. Das will sie
       nachher wieder tun. Womöglich gibt es dann hitzefrei.
       
       12 Aug 2020
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Kaija Kutter
       
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